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Zwei bemerkenswerte Frauen

Zwei bemerkenswerte Frauen

Titel: Zwei bemerkenswerte Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Chevalier
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komplizierten Kalkulationen aus, mit denen er die Erwählte und ihre Familie einschätzt, da brauchte es schon mehr als eine ungewöhnliche Schwester, um die Rechnung nicht aufgehen zu lassen. James Foot hatte beschlossen, dass es den Philpots nicht nur an Geld, sondern vor allem an gesellschaftlichem Status mangelte – damit war Margaret für ihn abgeschrieben. Meine schockierend schmutzigen Handschuhe und das anzüglich geformte Fossil hatten ihn in seinem bereits vorher gefassten Entschluss nur bestätigt.
    Auch wenn mir Margarets Kummer zu Herzen ging, bedauerte ich den Rückzug James Foots nicht. Vermutlich hätte er mich Zeit seines Lebens angeschaut, als wären meine Handschuhe schmutzig. Und wenn er schon mich so kritisch sah, wie dann erst meine Schwester? Möglicherweise hätte er alles Leben aus ihr herausgesaugt. Ich hätte es nicht ertragen, meine Schwester mit so einem Mann verheiratet zu sehen.
    Jahre später lief mir James Foot auf Colway Manor über den Weg. Wenn wir dort zum Essen oder zu Festen eingeladen waren, bekam Margaret immer Kopfschmerzen, und aus Loyalität gingen Louise und ich nicht ohne sie hin. Doch einmal musste ich für die Annings in einer Fossilienangelegenheit mit Lord Henley sprechen, und als ich mich verabschiedete, trafen James Foot und seine Frau gerade ein. Sie war klein, blass und unscheinbar wie ein Stiefmütterchen; niemals hätte sie auf einem Ball einen Turban getragen. In diesem Moment war ich dankbar, dass Margaret dieses Schicksal erspart geblieben war. Es war gut so.
    Der Sommer mit James Foot war der Höhepunkt von Margarets Möglichkeiten gewesen. In der nächsten Saison wurde sie wie ein hübsches Kleid behandelt, das schon etwas zu lang im Schrank gehangen hatte, so dass dessen Ausschnitt jetzt zu hoch oder zu tief war, die Farbe ein wenig verblasst und der Schnitt nicht mehr schmeichelhaft. Wir waren überrascht, dass so etwas in Lyme genauso schnell passieren konnte wie in London, und standen all dem ohnmächtig gegenüber. Margaret pflegte ihre Freundschaften weiter und schloss unter den Sommergästen neue. Doch sie kam abends nicht mehr vor Begeisterung glühend nach Hause, um durch die Küche zu tanzen. Mit der Zeit wurden die Turbane, auf die sie nach wie vor nicht verzichten wollte, braver und gingen eher als Philpotschrulle durch. Es war ihr nicht gelungen, wie Frances in eine Ehe zu flüchten, und so musste sie sich neben Louise und mir im Jungfernstand einrichten.
    Es gibt schlimmere Schicksale.

III
    Wie die Suche nach einem
    vierblättrigen Kleeblatt
    I ch weiß nicht, ob es jemals eine Zeit gab, in der ich nicht draußen am Strand war. Mam hat immer gesagt, bei meiner Geburt wär das Fenster offen gestanden, darum hätte ich als Erstes das Meer gesehen, als sie mich hochhielten. Gleich hinter unserem Haus am Cockmoile Square fing das Gun Cliff an und dahinter das Meer, und sobald ich laufen konnte, war ich draußen auf den Klippen. Mein Bruder Joe musste auf mich aufpassen, damit ich nicht ins Wasser fiel und ertrank, dabei war er nur ein paar Jahre älter als ich. Je nach Jahreszeit waren noch viele andere Menschen draußen; sie spazierten über den Cobb, beobachteten Schiffe oder ließen sich in den Badekarren, die für mich wie Klohäuschen aussahen, aufs Wasser hinausschieben. Manche gingen sogar noch im November baden. Joe und ich haben immer über diese Schwimmer gelacht, wenn sie nass und elendig bibbernd wie getunkte Katzen aus dem Wasser stiegen und dann noch so taten, als wär das gut für sie.
    Ich selbst hab mich im Lauf der Jahre auch immer wieder mit der See angelegt. Obwohl mir der Wechsel der Gezeiten in Fleisch und Blut übergegangen ist, bin ich bei der Suche nach Kuris manchmal vom auflaufenden Wasser abgeschnitten worden. Dann musste ich durch die Brandung waten oder die Klippen hochklettern, um nach Hause zu kommen. Doch freiwillig, wie die Londoner Damen, die in Lyme etwas für ihre Gesundheit tun wollten, bin ich nie ins Meer gegangen. Mir war der feste Boden unter den Füßen lieber, ich mochte Steine, und nicht das Wasser. Natürlich bin ich dem Meer dankbar, weil es mir Fisch zum Essen gibt und Fossilien aus den Klippen wäscht oder vom Meeresboden hochwirbelt. Ohne das Meer würden die Knochen für immer in ihren Steinsärgen begraben sein, und wir hätten kein Geld, um Brot und Miete zu zahlen.
    Ich habe schon immer nach Kuris gesucht, so lange ich mich erinnern kann. Pa hat mich mitgenommen und mir gezeigt, wo man sie

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