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Zwei bemerkenswerte Frauen

Zwei bemerkenswerte Frauen

Titel: Zwei bemerkenswerte Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Chevalier
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erhaltenen, mindestens zehn Zentimeter langen und zweieinhalb Zentimeter dicken Belemniten mit perfekt zulaufender Spitze hin.
    James Foot sah ihn an und wurde knallrot. Ich konnte mir nicht denken, warum, bis Mary zu kichern begann und sagte: «Er sieht aus wie bei meinem Bruder der …»
    «Das reicht, Mary», konnte ich sie gerade noch rechtzeitig unterbrechen. «Bitte leg ihn weg.» Ich war ebenfalls rot geworden und wollte irgendetwas sagen, aber eine Entschuldigung hätte alles nur noch schlimmer gemacht. James Foot dachte bestimmt, ich hätte ihn absichtlich in Verlegenheit bringen wollen. «Werden Sie heute Abend im Ballsaal sein?», fragte ich, und versuchte krampfhaft, nicht mehr an den Belemniten zu denken.
    «Ich denke schon, es sei denn, Lord Henley hat andere Pläne für mich.»
    Normalerweise hatte James Foot sehr klare Vorstellungen davon, was er tun wollte und was nicht, aber jetzt hielt er es offenbar für nötig, sich eine Tür offen zu halten. Ich glaubte zu wissen, warum, wollte aber sichergehen. «Ich werde Margaret sagen, sie soll nach Ihnen Ausschau halten.»
    Obwohl James Foot sich nicht bewegte, hatte ich den Eindruck, er würde sich von meiner Ankündigung räumlich distanzieren. «Wenn es mir möglich ist, werde ich kommen. Bitte empfehlen Sie mich Ihren Schwestern.» Er verneigte sich und entfernte sich dann über den Strand in Richtung Lyme.
    Ich blickte ihm nach und beobachtete, wie er um ein Felsenbecken herumging. «Er wird sie niemals heiraten.»
    «Ma’am?» Mary Anning wirkte verdutzt. Außerdem nannte sie mich plötzlich «Ma’am». Verheiratet oder nicht, aus dem Alter einer «Miss» war ich heraus. Damen wurden nur so lange «Miss» genannt, wie noch eine Aussicht darauf bestand, dass sie heirateten.
    «Es ist alles in Ordnung, Mary.» Ich wandte mich zu ihr um. «Was wolltest du vorhin? Du bist herumgesprungen und hast dir die Wange gerieben, als hätte dich etwas gestochen.»
    «Sie haben Schmutz auf der Backe, Miss Elizabeth. Ich dachte, Sie wischen das besser weg, damit der feine Herr sie nicht weiter so anstarrt.»
    Meine Hand fuhr an meine Wange. «O je, das auch noch?» Ich zog ein Taschentuch hervor und spuckte darauf, dann begann ich zu lachen, damit ich nicht weinen musste.
    James Foot kam an diesem Abend nicht in den Ballsaal. Margaret war enttäuscht, dachte sich aber weiter nichts. Erst als am nächsten Tag die Nachricht von ihm eintraf, er müsse in Familienangelegenheiten nach Suffolk und würde ein paar Wochen lang nicht da sein, war sie ernsthaft beunruhigt, zumal er diese Nachricht nicht einmal persönlich überbrachte. «Was für eine Familie?», wollte Margaret von dem unglückseligen Boten wissen, einem der zahllosen Cousins von Lord Henley. «Von Familienangehörigen in Suffolk hat er mir nie etwas erzählt!»
    Sie weinte, brütete dumpf vor sich hin und erfand Vorwände, um die Henleys zu besuchen, die ihr aber nicht weiterhelfen konnten oder wollten. Ich bezweifelte, dass James Foot ihnen verraten hatte, warum er Margaret fallen ließ, zumindest würde er meine schmutzigen Handschuhe und den Belemniten nicht erwähnt haben. Dazu war er viel zu sehr Gentleman. Doch wahrscheinlich war den Henleys auch so klar, dass wir keine Familie waren, in die man einheiratete.
    Margaret besuchte weiter den Ballsaal und ging zu den Kartenspielabenden, aber sie hatte ihr Strahlen verloren. Wenn ich sie begleitete, spürte ich, dass sie von den obersten Sprossen der Gesellschaftsleiter, die sie erklommen hatte, wieder hinabgerutscht war. Wird sie einmal von einem Gentleman brüskiert, leidet der Ruf einer jungen Dame auf subtile Weise. Margaret wurde nicht mehr zu jedem Tanz aufgefordert, die Komplimente über ihr Kleid, ihr Haar und ihren Teint kamen seltener. Als die Saison sich dem Ende zuneigte, wirkte sie müde und matt. Um sie aufzuheitern, fuhren Louise und ich mit ihr ein paar Wochen nach London, doch Margaret wusste selbst nur zu gut, dass sich etwas verändert hatte. Ihr war ihre beste Heiratschance entgangen, und sie wusste nicht einmal, warum.
    Ich habe ihr nie von der Strandbegegnung mit James Foot erzählt. Vielleicht hätte es Margaret ein wenig getröstet, dass meine exzentrische Art ihn in seiner Entscheidung, nicht mehr um sie zu werben, beeinflusst hatte. Natürlich hätte ich meine Fossilien aufgeben und mir neue Handschuhe kaufen können, doch sicher hätte auch Margaret gespürt, dass es damit nicht getan war. Ein Mann sucht sich seine Frau nach

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