Zwei bemerkenswerte Frauen
Selbst als Pa ihn zur Rede stellte, schwor er, er hätte ihn bereits vor uns gesehen und für sich markiert, und es sei eine Frechheit von Joe und mir gewesen, seinen Ammo ausgraben zu wollen.
Captain Kurio durfte das Krokodil auf keinen Fall zu Gesicht bekommen, denn dann würden wir es rund um die Uhr bewachen müssen. Ich trat von dem Schädel zurück, nahm einen Stein auf, der wie eine Knolle aussah, und schlenderte in Richtung Brandungskante, wo man auf den flachen Steinen gut hämmern konnte. Joe lief in Richtung Charmouth und blieb ein paar hundert Meter von mir entfernt stehen, um in einem kleinen Haufen mit Katzengold zu stochern, wie wenn er nach einem goldenen Ammo suchen würde. Goldschlangen, so nannten wir sie. Miss Elizabeth ging ebenfalls ein paar Schritte weiter und begann den Boden abzusuchen. Schließlich bückte sie sich, um etwas aufzuheben. Unter dem Rand meiner Haube hervor beobachtete ich, wie sich Captain Kurio mit seinem Spaten über der Schulter dem Krokodil in der Klippenwand näherte. Nachdem ich das Auge weiter freigelegt hatte, schrie der Schädel förmlich danach, gesehen zu werden. Zumindest kam es mir so vor. Captain Kurios Blick wanderte über die Klippenwand, und als er genau dort stehen blieb, wo wir gestanden hatten, rührte Joe sich nicht mehr von der Stelle. Auch ich hörte auf zu hämmern.
Captain Kurio bückte sich und hob etwas auf. Als er sich wieder aufrichtete, war sein Gesicht keinen Meter vom Auge der Bestie entfernt. Mein Herz klopfte wie wild. Dann hielt Captain Kurio einen Handschuh hoch. «Miss Philpot, gehört der Ihnen? Für Mary ist er zu elegant.»
«Vermutlich ist es meiner, Mr Lock», erwiderte Miss Elizabeth. Sie nannte ihn nie Captain Kurio, sondern immer bei seinem richtigen Namen. Auch zu Joe sagte sie Joseph und zu Ammos Ammoniten statt Schlangensteine. Auch Belis waren für sie Belemniten und nicht Donnerkeile. Sie war eben sehr formell. «Bitte bringen Sie ihn mir.»
Er ging zu ihr hin und reichte ihr den Handschuh. Jetzt, wo Captain Kurio nicht mehr direkt vor dem Krok stand, konnte ich wieder atmen. «Haben Sie was gefunden?», fragte er Miss Elizabeth, nachdem diese sich bei ihm bedankt hatte.
«Nur eine Gryphaea. Für Sie ein Teufelszehennagel.»
«Zeigen Sie her.» Captain Kurio ging neben ihr in die Hocke. So werden die Leute, wenn sie Fossilien sammeln – sie halten sich an keine Regeln mehr. Nirgendwo anders als auf dem Strand könnte es sich ein Stallbursche herausnehmen, so mit einer Dame zu reden.
Ich eilte herbei, um sie zu retten. «Was machen Sie denn hier, Captain Kurio?»
Er grinste. «Das Gleiche wie du, Mary. Ich suche nach Kuris, um mir ein paar Pennys zu verdienen. Aber ich weiß schon, ihr habt sie nötiger als ich, so bettelarm, wie euer Vater euch zurückgelassen hat. Hier.» Er warf mir etwas zu. Es war eine Goldschlange.
«Wollen Sie mal sehen, was ich von Ihren Kuris halte, Captain Kurio?» Ich drehte mich um und warf sie so weit weg wie ich konnte. Obwohl Ebbe war, schaffte ich es, bis ins Wasser zu treffen.
«Hey, was soll das?» Captain Kurio funkelte mich böse an. Niemand mag es, wenn so mit den eigenen Funden umgegangen wird. Es ist, als würde man Geld ins Meer werfen. «Was für ein widerwärtiges Mädchen du geworden bist», fuhr er fort. «Sicher war es der Blitz. Er hat dich durcheinandergeschüttelt und so gemacht. Hättest du damals nur einen Donnerkeil bei dir gehabt, dann wärst du nicht getroffen worden. Jetzt bist du so garstig, dass du bestimmt als griesgrämige alte Jungfer enden wirst, die kein Mann mehr anschaut.»
Ich hatte schon den Mund geöffnet, um ihm eine Antwort entgegen zu schleudern, aber Miss Elizabeth kam mir zuvor. «Ich denke, es ist an der Zeit, dass Sie weitergehen, Mr Lock», sagte sie.
Captain Kurios flackernder Blick wanderte von mir zu ihr. «Nächstes Mal mache ich mir nicht die Mühe, Ihren Handschuh aufzuheben, Ma’am», schnaubte er. Mittlerweile war auch Joe zurückgekommen, deshalb sagte Captain Kurio nichts mehr, sondern schwang sich den Spaten über die Schulter und lief in Richtung Charmouth davon, wobei er sich hin und wieder nach uns umblickte.
«Mary, das war sehr unhöflich von dir», schalt mich Miss Elizabeth. «Ich schäme mich für dich.»
«Er war noch viel unhöflicher zu mir. Und zu Ihnen!»
«Trotzdem solltest du älteren Leuten mehr Respekt entgegen bringen, sonst werden sie nur Schlechtes über dich denken.»
«Tut mir leid, Miss Philpot.» Aber
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