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Zwei bemerkenswerte Frauen

Zwei bemerkenswerte Frauen

Titel: Zwei bemerkenswerte Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Chevalier
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Sprache mit ihm zu sprechen, die er verstand, und ihm unmissverständlich meine Meinung zum Verkauf von Marys Fossil zu sagen. Stattdessen hatte er sich über mich lustig gemacht, bis ich schließlich das Gefühl hatte, ich sei diejenige, die etwas falsch gemacht hatte. «Trottel. Verdammter Trottel!», wiederholte ich.
    «Oh!»
    Ich blickte auf. Gerade überquerte ich eine kleine Brücke über den Fluss. Auf dem Pfad, der ins Stadtzentrum führte, sah ich Fanny Miller auf mich zukommen. Sie hatte mich eindeutig gehört, denn ihre Wangen waren dunkelrot und ihre Stirn lag in tiefen Falten. Nur ihre großen Mädchenaugen wirkten wie schlichte Tümpel ohne jede Tiefe.
    Ich funkelte sie böse an, ohne mich zu entschuldigen. Fanny eilte an mir vorbei und blickte sich hin und wieder nach mir um, als habe sie Angst, ich könne ihr nachlaufen und noch weitere Flüche ausstoßen. So erschrocken sie auch sein mochte, brannte sie bestimmt schon darauf, ihrer Familie und ihren Freundinnen zu berichten, was die seltsame Miss Philpot gesagt hatte.
    Obwohl mir davor graute, Mary von ihrem Fossil zu erzählen, gehörte ich nicht zu den Menschen, die das Überbringen von schlechten Nachrichten aufschieben, denn Warten macht alles nur schlimmer. Noch am selben Nachmittag ging ich zum Cockmoile Square. Molly Anning schickte mich in die Pinhay Bay westlich vom Monmouth Beach, wo Mary im Auftrag eines Feriengastes einen riesigen Ammoniten freilegte. «Sie wollen ihn als Schmuck für ihren Garten», fügte Molly mit einem Kichern hinzu. «Wie albern.»
    Es gab mir einen Stich. Auch im Garten des Morley Cottage lag ein großer Ammonit von etwa einem halben Meter Durchmesser. Mary hatte mir geholfen, ihn auszugraben, und ich hatte ihn Louise zu Weihnachten geschenkt. Vermutlich wusste Molly Anning das nicht, denn sie war noch nie oben bei uns in der Silver Street gewesen. «Wozu soll ich mich ohne Grund den Hügel hochquälen?», hörte ich sie oft sagen.
    Über das Geld, das der Ammonit einbrachte, würde sich Molly Anning jedoch freuen. Seit Mary das Riesentier an Lord Henley verkauft hatte, suchte sie nach dem nächsten vollständigen Fossil. Bislang hatte sie aber nur vielversprechende Einzelteile gefunden: Kieferknochen, aneinanderhängende Wirbel und einen Fächer aus kleinen Paddelknochen. Für die bekam man zwar auch Geld, aber längst nicht so viel wie für komplette und unversehrte Fossilien.
    Ich fand Mary in der Nähe des Schlangenfriedhofs, der mich vor Jahren für Lyme eingenommen hatte und den ich mittlerweile Ammonitenfriedhof nannte. Mary hatte den Ammoniten bereits aus dem Felsband freigeklopft und steckte ihn gerade in einen Sack, um ihn darin über den Strand zu ziehen – selbst für ein Mädchen, das harte Arbeit gewohnt war, eine mühsame Angelegenheit.
    Mary begrüßte mich freudestrahlend. Schon oft hatte sie mir gesagt, wie sehr sie mich vermisste, wenn ich meine Londonbesuche machte. Sofort erzählte sie mir, was sie während meiner Abwesenheit alles gefunden hatte, was davon sie verkaufen konnte und wer sonst noch am Strand gesammelt hatte. «Und wie war es in London, Miss Elizabeth?», fragte sie schließlich. «Haben Sie neue Kleider gekauft? Die neue Haube haben Sie ja schon auf.»
    «Stimmt. Wie aufmerksam du bist, Mary. Aber jetzt muss ich dir von etwas erzählen, das ich in London gesehen habe.»
    Ich holte tief Luft und beschrieb ihr, wie ich in Bullocks Museum das Fossil entdeckt hatte. Offen und ehrlich schilderte ich seinen Zustand und ließ weder Weste noch Monokel aus. «Lord Henley hätte es nicht an eine Person verkaufen dürfen, die so unverantwortlich damit umgeht, selbst wenn es jetzt noch so viele Menschen sehen», schloss ich. «Ich hoffe, dass du ihm in Zukunft nichts mehr verkaufen wirst.» Dass ich gerade bei Lord Henley gewesen war und mich lächerlich gemacht hatte, verschwieg ich.
    Mary hörte genau zu. Erst als ich erwähnte, dass sie den Schwanz des Tiers begradigt hatten, wurden ihre braunen Augen größer, ansonsten war ihre Reaktion ganz anders, als ich erwartet hatte. Warum ärgerte sie sich nicht darüber, dass Lord Henley mit ihrem Fund ein Geschäft gemacht hatte? Die Aufmerksamkeit, die ihr Fossil im Museum bekam, schien sie im Moment viel mehr zu interessieren.
    «Haben es viele Menschen angeschaut?», fragte sie.
    «Ziemlich viele.» Dass andere Exponate beliebter waren, erwähnte ich nicht.
    «Ganz, ganz viele? Mehr Menschen, als in Lyme wohnen?»
    «Viel mehr. Das Fossil

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