Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwei bemerkenswerte Frauen

Zwei bemerkenswerte Frauen

Titel: Zwei bemerkenswerte Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Chevalier
Vom Netzwerk:
ihr stand, denn sie lungerte immer noch schmollend in der Tür. «Geh schon, Bessy. Bitte tu, was ich gesagt habe», wies ich sie mit strengem Blick an.
    Bessy seufzte schwer auf und verschwand im Haus. Ich hörte Louise leise kichern. Meine Schwestern amüsierten sich immer köstlich über Bessys Launen, während ich die Furcht nicht los wurde, sie könne uns doch noch verlassen, was ihre zusammengesackte Haltung oft andeutete. Selbst nach all den Jahren schien es Bessy ein Bedürfnis zu sein, uns regelmäßig darauf hinzuweisen, was für eine Katastrophe der Umzug nach Lyme gewesen war. Meine Beziehung zu den Annings verkörperte für sie alles, was in Lyme verkehrt war. Ihr gesellschaftliches Barometer war noch immer auf Londoner Maßstäbe geeicht.
    Mir war das alles egal, auch wenn ich sie als Dienstmädchen nicht verlieren wollte, und Louise ging es ebenso. Margaret war von uns dreien diejenige, die sich noch am meisten an die gesellschaftlichen Konventionen hielt. Nach wie vor besuchte sie gelegentlich den Ballsaal, verkehrte mit anderen guten Familien in Lyme und engagierte sich für wohltätige Zwecke. Auch hatte sie stets die Salbe dabei, die sie zur Pflege meiner rauen Hände erfunden hatte, und ließ sie jedem zukommen, der sie brauchte.
    Ich deutete auf meinen Stuhl. «Setzen Sie sich doch, Molly. Bessy bringt gleich noch einen Stuhl.»
    Molly Anning schüttelte den Kopf, denn sie wollte nicht sitzen, solange ich stand. «Ich warte.» Bessys Einstellung, dass wir keine Annings empfangen sollten, schien ihr nicht entgangen zu sein. Vielleicht war sie sogar dergleichen Meinung, und es war nicht der steile Weg den Berg hoch gewesen, der sie bislang von Besuchen im Morley Cottage abgehalten hatte. Jetzt ruhte ihr Blick auf meinem Aquarell, was mir peinlich war, und zwar nicht wegen der Qualität meiner Malerei, die ich ohnehin nicht sehr hoch einschätzte, sondern weil mir das, was mir sonst Freude machte, plötzlich frivol erschien. Mollys Tage begannen früh, endeten spät und waren mit vielen Stunden harter Knochenarbeit angefüllt. Ihr blieb kaum die Zeit, einen schönen Anblick zu genießen, geschweige denn, sich hinzusetzen und ihn zu malen. Ob ihr das selbst in diesem Moment bewusst war, konnte ich nicht sagen, denn ihre Miene blieb unbewegt. Sie ging weiter, um Louise beim Rosenschneiden zuzusehen. Dies war wenigstens nicht ganz so frivol, auch wenn Rosen nur Bienen satt machten und sonst keinen anderen Zweck erfüllten, als den Garten zu schmücken. Offenbar fühlte sich Louise ähnlich unbehaglich, denn sie beendete eilig ihre Arbeit an dem Strauch und legte das Schneidemesser weg. «Ich helfe Bessy, die Sachen rauszutragen», sagte sie.
    Als Bessy unter Ächzen und Stöhnen Stühle und einen kleinen Tisch für das Teetablett herausschleppte, bereute ich meinen Vorschlag, den Tee draußen zu nehmen. Es wirkte plötzlich überspannt, außerdem hatte ich gar nicht so viel Umstände machen wollen. Als wir endlich am Tisch saßen, verschwand die Sonne hinter einer Wolke, und es wurde auf der Stelle kühl. Ich kam mir fürchterlich töricht vor, doch der Vorschlag, mit allen Möbeln und Teesachen wieder zurück ins Haus zu ziehen, hätte alles nur noch schlimmer gemacht. Um mich aufzuwärmen, kuschelte ich mich tief in meinen Schal und umklammerte die Teetasse.
    Molly saß teilnahmslos da. Sie hatte das ganze Theater von Teetassen und Tellern, Stühlen und Schals kommentarlos über sich ergehen lassen. Ich plapperte weiter über das ungewöhnlich milde Wetter und den Brief von William Buckland, in dem er ankündigte, dass er in ein paar Wochen nach Lyme kommen wollte. Als Nächstes entschuldigte ich Margarets Abwesenheit damit, dass sie gerade einer jungen Mutter, die vom Stillen wund war, ihre Salbe brachte. «Ganz brauchbar, diese Salbe.» Mehr hatte Molly nicht zu sagen.
    Als ich mich nach ihrem Befinden erkundigte, verriet sie endlich, was sie hergeführt hatte. «Mit Mary stimmt was nicht», sagte sie. «Und zwar seit der Colonel weg ist. Sie müssen mir helfen, dass sie wieder normal wird.»
    «Wie meinen Sie das?»
    «Das mit dem Colonel war ein Fehler von mir. Ich wusste, dass es falsch war, und ich hab’s trotzdem gemacht.»
    «Aber nein, Sie haben doch bestimmt …»
    «Mary hat den ganzen Sommer über mit dem Colonel zusammengearbeitet. Sie hat ein gutes Krok und viele verschiedene Kuris für seine Sammlung gefunden. Alles hat sie ihm gegeben und keinen Penny dafür bekommen. Ich hab ihn

Weitere Kostenlose Bücher