Zwei bemerkenswerte Frauen
lächerlich», schnaubte ich, denn ich fand solche Albernheiten unerträglich. «Sentimentalitäten sind hier völlig unangemessen.»
«Schon möglich. Doch sie ist eine bemerkenswerte junge Frau.»
Der nächste Satz fiel mir schwer, doch ich zwang mich, ihn auszusprechen. «Sie täten besser daran, jemanden zu erwägen, der vom Alter und der Klasse her zu Ihnen passt. Jemanden …» Wir starrten uns an.
In dem Moment erschien Mrs Taylor in der Tür am anderen Ende des Raums. Meine Schwestern folgten ihr auf den Fersen. Sie sah aus, als wolle sie von Colonel Birch gerettet werden. Während sie an seine Seite eilte und seinen Arm nahm, konnte ich nur noch einen letzten Satz flüstern. «Sie müssen wie ein Ehrenmann handeln, Colonel Birch.»
«Ich glaube, wir werden erwartet», verkündete Mrs Taylor. Endlich wirkte sie entschlossen und führte mit dem Mund. Sie verabschiedeten sich mit dem Versprechen, uns ein andermal einen Besuch in der Montague Street abzustatten. Ich wusste, dass dies niemals geschehen würde, nickte aber nur und winkte ihnen nach.
Sobald sie verschwunden waren, brach Margaret in Tränen aus. «Es tut mir leid, es tut mir so schrecklich leid. Ich hätte niemals diesen Brief schreiben dürfen! Es tat mir schon in dem Moment leid, als ich ihn losgeschickt habe!» Louise blickte mich fragend an. Es gelang mir nicht, Margaret in eine geschwisterliche und versöhnliche Umarmung zu schließen. Das würde noch ein paar Tage dauern, denn wer sich so einmischt, hat eine Strafe verdient.
Als wir das Britische Museum verließen, fühlte ich mich erleichtert, als hätte ich eine Last auf meinen Schultern an Colonel Birch weitergereicht. Wenigstens hatte ich jetzt etwas für die Annings getan, auch wenn ich nicht alles losgeworden war, was ich ihm hatte sagen wollen. Ob es etwas bewirken würde, wusste ich nicht.
Doch ich sollte es bald erfahren.
Es war mein Bruder, der die Ankündigung der Auktion entdeckte. Eines Abends kam John aus seiner Kanzlei zurück und gesellte sich zu uns in den Salon, einem überdekorierten Raum in der ersten Etage, dessen riesige Fenster zur Straße hinausgingen. Dort wartete neben unserer Schwägerin noch eine größere Gästeschar auf ihn: außer uns Lyme-Schwestern war auch unsere andere Schwester, Frances, aus Essex angereist und hatte ihre beiden Kinder mitgebracht, die nach mir benannte achtjährige Elizabeth und den dreijährigen Francis. Die beiden rannten hinter Johnny her, der mittlerweile stolze elf Jahre alt war und die Bewunderung seiner kleinen Verwandten gnädig über sich ergehen ließ. Die Kinder rösteten Rosinenbrötchen über dem Kaminfeuer, das einzig zu diesem Zweck brannte, da es ein warmer Maiabend war. Johnny machte es Spaß, die Brötchen so dicht ans Feuer zu halten, dass sie zu brennen begannen, was gleich von den beiden jüngeren nachgeahmt wurde. Wir mussten also Flammen löschen, die Kinder schimpfend auf die Gefahr und die Verschwendung hinweisen, so dass mir in dem allgemeinen Durcheinander der seltsame Gesichtsausdruck meines Bruders gar nicht auffiel. Erst als die Kinder ruhiger wurden, bemerkte ich ihn.
«Heute habe ich etwas in der Zeitung gelesen, das dich sicher interessieren wird», sagte John mit ernstem Gesichtsausdruck. Er reichte mir die Zeitung, die so gefaltet war, dass mir gleich ein Kasten mit einer Meldung ins Auge fiel. Ich überflog sie und errötete. Als ich aufschaute, ruhten die Augen meiner Geschwister auf mir, selbst Johnny blickte neugierig in meine Richtung. Es kann schon enervierend sein, im Zentrum der Aufmerksamkeit so vieler Philpots zu stehen.
Ich räusperte mich. «Offensichtlich veräußert Colonel Birch seine Fossiliensammmlung», verkündete ich. «Nächste Woche in Bullocks Museum.»
Margaret blieb der Mund offen stehen, während Louise mich mitfühlend anblickte und nach der Zeitung griff, um die Ankündigung selbst zu lesen.
Ich versuchte diese Neuigkeit einzuordnen. Hatte Colonel Birch bei unserer Begegnung im Britischen Museum bereits gewusst, dass er seine Sammlung verkaufen würde? Angesichts des Besitzerstolzes, mit dem er Mrs Taylor gegenüber von seinem Ichthyosaurier gesprochen hatte, hielt ich es für eher unwahrscheinlich. Außerdem hätte er mir das sicher gesagt. Andererseits hatte ich mein Missfallen über sein Verhalten so deutlich geäußert, dass er mir wohl kaum gestanden hätte, seine Fossilien zu Geld machen zu wollen. Alle Fossilien, die Mary ihm geschenkt hatte, würden nun dazu
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