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Zwei bemerkenswerte Frauen

Zwei bemerkenswerte Frauen

Titel: Zwei bemerkenswerte Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Chevalier
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hatten, führten dazu, dass ich meine Meinung änderte. Colonel Birch stand tief in der Schuld der Annings, und das würde ich ihm klarmachen. Ich musste mich für sie einsetzen.
    Noch bevor ich weiterreden konnte, war Margaret mit Louise im Schlepptau herbeigeeilt. Meine Schwestern und Mrs Taylor wurden einander vorgestellt, Colonel Birch gab Banalitäten von sich, und ich wurde unterbrochen – was Margaret sicher so beabsichtigt hatte. Ich wartete, bis der Austausch von Höflichkeiten beendet war, und wiederholte noch einmal, was ich gesagt hatte. «Ich würde mich gern ausführlich mit Ihnen unterhalten, Sir.»
    «Ich bin mir sicher, dass es viel zu erzählen gibt», erwiderte Colonel Birch mit einem gequälten Lächeln. «Nur zu gern würde ich Ihnen allen einen Besuch abstatten», er nickte meinen Schwestern zu, «doch leider muss ich in Kürze nach Yorkshire abreisen.»
    «Dann müssen wir eben jetzt reden. Sollen wir?» Ich deutete in eine entlegene Ecke des Raums.
    «Oh, ich glaube nicht, dass Colonel Birch …» hob Margaret an, wurde aber von Louise unterbrochen, die sich bei Mrs Taylor einhakte und fragte: «Mögen Sie Gärten, Mrs Taylor? Wenn ja, müssen Sie unbedingt das Florilegium von Mrs Delany sehen, Sie werden entzückt sein. Kommen Sie.» Louise musste viel guten Willen und Überzeugungskraft aufbringen, um Mrs Taylor bis zum Ausgang der Halle zu ziehen. Margaret folgte ihnen zögernd, nicht ohne mir vorher warnende Blicke zuzuwerfen. Ihr Gesicht war immer noch weiß, doch auf ihren Wangen prangten zwei rote Flecken.
    Als sie gegangen waren, standen Colonel Birch und ich uns allein in dem langgezogenen Raum gegenüber. Durch die hohen Fenster fiel ein graues Regenlicht. Colonel Birch wirkte jetzt nicht mehr unbeteiligt, sondern betroffen und ein wenig verärgert. «Nun, Miss Philpot?»
    «Nun, Colonel Birch.»
    «Haben Sie meinen Brief erhalten, in dem ich Sie um einen Dapedium für meine Sammlung bat?»
    «Ihren Brief?» Er hatte mich überrumpelt, denn an diesen Brief hatte ich nicht mehr gedacht. «Ja, ich habe ihn erhalten.»
    «Und haben Sie ihn beantwortet?»
    Ich runzelte die Stirn. Colonel Birch bestimmte bereits den Verlauf unseres Gesprächs und lenkte es in eine andere Richtung, als die von mir beabsichtigte. Plötzlich wurde mein Benehmen kritisiert und nicht das seinige. Eine gemeine Taktik, die mich wütend machte, so dass meine Antwort in ihrer Unmittelbarkeit einem Dolchstoß gleichkam: «Nein, ich habe ihn nicht beantwortet. Ich hege keinerlei Respekt für Sie und würde Ihnen niemals eine meiner Fischfossilien überlassen. Ihnen dies schriftlich mitzuteilen hielt ich für unnötig.»
    «Ich verstehe.» Colonel Birch errötete, als wäre er geohrfeigt worden. Vermutlich hatte ihm noch nie jemand seine Geringschätzung ins Gesicht gesagt. Es war eine neue Erfahrung für uns beide: Für ihn war sie unangenehm, für mich erschreckend und erregend zugleich. Das Leben in Lyme hatte mich über die Jahre in Gedanken und Worten mutiger werden lassen, aber so unverschämt und rücksichtslos war ich noch nie gewesen. Ich blickte zu Boden, und um meine zitternden Hände mit etwas zu beschäftigen, knöpfte ich meine Handschuhe auf und dann wieder zu. Sie waren neu und stammten aus einem Kurzwarengeschäft in Soho, doch bis Jahresende würden auch sie vom Lehm und Seewasser in Lyme ruiniert sein.
    Colonel Birch legte seine Hand auf den nächstbesten Glaskasten, als müsse er sich abstützen. In der Vitrine lagen verschiedene Muscheln ausgestellt, die er unter anderen Umständen sicher interessiert betrachtet hätte, jetzt aber schaute er sie an, als hätte er noch nie zuvor eine Muschel gesehen.
    «Seit Sie weg sind, hat Mary kein einziges wertvolles Fossil mehr gefunden», begann ich. «Außerdem hatte die Familie kaum noch etwas vorrätig, das sich verkaufen ließ, weil Mary Ihnen alles überlassen hat, was sie im letzten Sommer fand.»
    Colonel Birch schaute auf. «Das ist nicht fair, Miss Philpot. Ich habe meine eigenen Fossilien gefunden.»
    «Das haben Sie nicht, Sir. Nein, das haben Sie nicht.» Ich erhob die Hand, um seinem Protest Einhalt zu gebieten. «Sie glauben vielleicht, Sie hätten all die Kieferfragmente, Rippen, Haifischzähne und Seelilien selbst gefunden, aber es war Mary, die Sie zu ihnen hingeführt hat. Mary hat sie ausfindig gemacht und Sie dann hingeführt und mit der Nase darauf gestoßen. Sie sind kein Fossilienjäger, Sie sind ein Sammler. Das ist ein

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