Zwei Esel Auf Sardinien
mehr strahle ich bei der Aussicht auf etwas Wärmendes, das bald für uns bereit ist.
Der Jeep mit dem Pferdeanhänger fährt die lange beleuchtete Allee hinauf, die zum Eingang des alten Anwesens führt. Es geht auf das fünfzehnte Jahrhundert zurück und ist seitdem im Besitz der angesehenen Familie, deren Namen es trägt. Der gesamte Gebäudekomplex wurde auf Betreiben des Marchese von Grund auf renoviert, doch er betont ausdrücklich, dass er dies ohne professionelle Hilfe geschafft hat und es nur nach seinem Geschmack herrichten ließ. Es ist zu einem charmanten Anwesen geworden. Wir parken unter einem breiten Bogengang mit zwei großen Blumentöpfen aus Sandstein. Dann steigen wir aus und überlassen die Esel der Obhut des Stallknechts.
Zu Besuch bei Signor Valdes
Jutta
Es ist sicher eine Stunde vergangen, als endlich Scheinwerfer auftauchen. Mittlerweile ist es stockdunkel. Der Marchese ist mit einem Landrover und Pferdeanhänger gekommen. Sein Gesicht spricht Bände, als er mich in all meiner durchnässten Jämmerlichkeit sieht. Er küsst zur Begrüßung mit einem Diener meine eiskalte feuchte Hand und sagt in akzentfreiem Italienisch: »Es ist mir eine Ehre, Signora.«
Als ich gerade darüber nachdenke, ob ich mich nun veräppelt fühlen sollte oder ob er eventuell durch meinen Dreck hindurch meine wahre Seele erkannt hat, taucht Bruno mit Ferru auf.
Mit geübter Hand und gebührender Strenge befördert der Marchese die beiden Maultiere in den Hänger.
Als ich auf den Rücksitz seines Landrovers klettern will, signalisiert mir Bruno, dass es wohl besser wäre, mit in den Anhänger zu steigen. Wahrscheinlich möchte er nicht, dass wir die gräflichen Polster beschmutzen. Enttäuscht folge ich ihm, und wir quetschen uns zwischen unsere beiden Freunde.
Wir haben unsere liebe Not, nicht umzufallen. Der Hänger hoppelt über den unebenen Boden, die Esel und auch wir stemmen uns in die Kurven, halten uns gegenseitig. Keiner von uns vieren findet das lustig, und als wir nach einer schier unendlich langen Fahrt endlich zum Stehen kommen, ist uns schlecht.
Als sich mir im Olivenhain der Marchese mit einem nicht enden wollenden Namen vorstellte, dachte ich zuerst, er mache einen schlechten Witz. Die Verbeugung vor meiner durchnässten Gestalt, der Handkuss auf meine verdreckte Hand, all das konnte doch nur einem Märchenfilm entspringen.
Doch inzwischen weiß ich, dass er es ernst meinte. Seine Erziehung gebietet ihm, sich stets würdevoll zu verhalten, wie kurios sein Gegenüber auch sein mag.
In der Abenddämmerung erkenne ich eine wunderschöne zypressengesäumte Straße vor einem Haus mit U-förmig angebauten Seitenflügeln. Es scheint inmitten eines Parks zu liegen. Zwei Laternen, die fahles Licht verströmen, erhellen den Eingang. Wunderschön geschnitzt ist die große schwere Eingangstür, die sich nun öffnet.
Eine uralte gekrümmte Frau tritt heraus und redet sofort lautstark auf Signore Marchese ein. Ich verstehe kein Wort, sie spricht mit schwerem sardischem Akzent. Bruno erwidert meine Blicke mit Schulterzucken, auch er scheint sie nicht zu verstehen.
Sie ist irgendwie sauer auf den Marchese, weil er uns mitgebracht hat und sie offenbar keine Zeit hatte, etwas vorzubereiten. Warum nur wollte Bruno die Einladung unbedingt annehmen? Natürlich ist eine Dusche verlockend, und ebenso ein üppiges Abendmahl, aber warum muss man dafür eine alte Frau in Aufregung versetzen? Ich wäre gerne direkt nach Gesturi gefahren, dann könnte ich meine Kleider wechseln und irgendetwas essen und danach in ein BETT fallen. Warum nur will einen jeder auf dieser Insel einladen? Das ist ja reizend, aber mein Bedürfnis danach ist erst einmal gedeckt. Als Bruno mit Valdes gesprochen hat und ich wie üblich nur die Hälfte verstand, hätte er mich doch einbinden können. Ständig wird über meinen Kopf hinweg bestimmt.
Was wäre schon dabei gewesen, die Einladung auszuschlagen! Der Alten hätte es gefallen. So aber sind wir beiden Frauen überrumpelt und müssen uns fügen. Wie im Mittelalter, denk ich mir.
Bruno und ich werden freundlich ins Haus gebeten. Während ich die Schwelle dieser ehrwürdigen Behausung überschreite und noch einmal kurz einen Blick auf die phantastische Auffahrt erhasche, sehe ich, wie ein Stallknecht unsere beiden Maultiere aus dem Anhänger holt und sie zu einer Stallung bringt. Er trägt Sorge, wie lieb, denke ich dankbar. Von nun an ist das Thema Esel für mich erledigt.
Die
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