Zwei Esel Auf Sardinien
Eingangshalle ist mindestens ebenso beeindruckend. Eine breite geschwungene Treppe führt in die oberen Geschosse, dunkles Holz und Stein runden den Eindruck eines alten, von vielen Geschichten getragenen Gemäuers ab. Generationen müssen in diesem Haus gelebt haben, ich bin gespannt auf die Familie des edlen Herrn. Man erwartet, dass sich gleich alle Türen öffnen und Kinder, Hunde und die Ehefrau erscheinen, aber nichts von alledem geschieht. Wir stehen etwas verlegen herum und warten auf die Rückkehr des Hausbesitzers. Die alte Frau ist verschwunden. Ich flüstere Bruno leise zu:
»Meinst du, du könntest fragen, ob ich ein Bad nehmen dürfte?«
» Ma certo «, natürlich, antwortet er. Gleich wenn Signor de Valdes erscheint, wird er ihn fragen.
In der Tat werden wir wenig später von dem Faktotum nach oben geleitet. Ein muffig riechendes riesiges Zimmer tut sich auf, jahrhundertelang scheinen hier weder Licht noch Luft hereingekommen zu sein. Frischluft hatten wir ja genug die letzten Tage, wir werden es überleben, doch sobald die Madame den Raum verlässt, werde ich erst mal lüften.
Missmutig öffnet sie einen hölzernen Kleiderschrank mit schweren Messingbeschlägen, um mir schließlich ein großes weißes Unikum von Nachthemd in die Arme zu legen. Augenblicklich hüllt mich der süßliche Duft von Mottenkugeln ein und erzeugt leichtes Würgen.
Die Signora öffnet eine nicht erkennbare kleinere Tür und bedeutet uns, ihr zu folgen. Es ist ein Badezimmer. In der Mitte befindet sich eine große gusseiserne Badewanne, ein wahres Prachtstück aus einem anderen Jahrhundert. Wie lange schon träume ich davon, so etwas zu finden und bei mir zu Hause einbauen zu lassen. Auf vier bronzefarbenen Löwenpfoten steht das Ungetüm. Aus der Bronzearmatur läuft heißes, dampfendes Wasser in die Wanne, nachdem ich mit leicht angeekeltem Blick von der Dame, deren Namen ich nicht einmal kenne, begutachtet wurde. Sie drückt mir ein riesiges Stück Seife in die Hand, womit sie bestimmt zum Ausdruck bringen möchte, dass ich eine gründliche Reinigung dringend nötig habe. Bevor sie mich verlässt, deutet sie noch auf ein eisernes Regal, in dem sich Handtücher und allerlei Fläschchen befinden, dann schlägt sie geräuschvoll die Tür zu.
Während ich mich meiner Kleider zum ersten Mal seit drei Tagen entledige, muss ich laut auflachen. Das hier ist wirklich die Krönung dieser Reise. In etwas mehr als 48 Stunden haben wir das Leben auf dieser Insel auf die unterschiedlichste Weise kennengelernt. Ich bin mir sicher, dass es nicht viele deutsche Touristen gibt, denen Ähnliches widerfährt.
Mit einem tiefen Seufzer tauche ich ein und unter. Kann mich lang ausstrecken, fast schwebe ich im Wasser. Diese wohlige Wärme lässt meine Erschöpfung herauskommen, ganz still bleibe ich liegen, nur Nase und Mund ragen aus dem Wasser. Langsam, ganz langsam überkommt mich unendliche Müdigkeit. Still ist es. Wie schon die letzten Tage fühle ich mich allein gelassen, warum um Himmels willen wollte Bruno nur duschen? Zu gerne würde ich jetzt mit ihm gemeinsam in der Wanne sitzen. Wir würden uns gegenseitig abrubbeln und unsere Gedanken austauschen. Könnten ein bisschen lästern über die alte Frau und die Mottenkugeln, lachen über alles Geschehene, und vor allem könnte er mich über den Fortgang des heutigen Abends, der Nacht und des morgigen Tages aufklären. So aber verbringe ich ungezählte Minuten alleine im Wasser, bis meine Haut an Händen und Füßen zu schrumpeln beginnt.
In der Hoffnung, dass es sich um ein Haarwaschmittel handelt, nehme ich ein Fläschchen mit silbernem Schraubverschluss, dessen Inhalt eine parfümierte goldgelbe Flüssigkeit enthält. Ich schütte etwas davon auf meinen Kopf und massiere es ein. So dreckig, wie meine Haare sind, würde ich mir auch ein Ei draufschlagen.
Wenig später bin ich ein neuer Mensch. Ich hülle mich in ein etwas kratziges Handtuch von der Größe einer Tischdecke und gehe ins Schlafzimmer. Auf dem Bett liegt ein rosafarbener Brokatbademantel mit Spitzenkragen, und ein Paar Pantoffeln steht einsatzbereit daneben. Zieh mich an, schlüpf rein und geh runter, scheinen sie mich aufzufordern. Wenn bloß nicht alles so müffeln würde. Aber die Aussicht auf meine Dreckklamotten ist so gar nicht verlockend.
Ich öffne die großen Fenster. Die Fensterläden, deren Sicherungen wohl seit Jahren nicht umgelegt wurden, lassen sich nur schwer bewegen, aber schließlich schwingen die
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