Zwei Esel Auf Sardinien
Sache. Ich selbst verabscheue das, lieber springe ich ins zu kalte Meer, als dass ich auf den Genuss zu schwimmen verzichte. Auf mich muss niemand warten. Ich komme dann, wenn es ausgemacht ist. Ich brauche keine Notlügen. Wenn’s mal wirklich nicht geklappt hat, sag ich, warum. In Italien glaubt man, den anderen zu beleidigen, wenn man sagt: »Sorry, aber ich hab heut Morgen getrödelt, das hab ich einfach gebraucht.« Nein, es wird herumlaviert und irgendein Mist erzählt, und der andere weiß genau, dass er angelogen wird. Aber das zieht er der Wahrheit vor. Was für ein komisches Volk!
Ja, was soll man machen, wenn die Italiener ihn sympathisch finden? Dann müssen sie halt alles, was ihnen diese Regierung antut, aussitzen und warten, dass ein neuer und besserer Präsident vom Himmel fällt. Na, hoffentlich passiert es bald, sonst versinkt dieses wunderbare Land für immer im Dreck und korruptem Sumpf.
Wenig später erscheint Bruno, und wir machen uns auf die Suche nach dem Marchese.
In der Tat übt sich dieser immer noch in seinen Exerzitien und fordert uns zum Mitmachen auf. Das hat mir gerade noch gefehlt! Er zeigt uns einige merkwürdige Übungen, die wenig mit dem landläufigen Yoga zu tun haben, aber ich bin ja offen für alles. Nur zu lange sollte es wirklich nicht dauern! Bruno hingegen ist völlig von den Socken und macht begeistert mit.
Danach erwartet uns ein kurzes, typisch italienisches Frühstück, und dann begleiten wir den Marchese in den Hof. Er habe leider keine Zeit, uns nach Gesturi zu fahren, aber wir könnten seine Ape nehmen, diesen typisch italienischen Kleinlaster auf drei Rädern, er würde sie später holen. Kann es denn nicht EINMAL einfach sein? Muss IMMER wieder was dazwischenkommen? Ich krieg noch die Krise! Halleluja! Nichts wie weg hier!
» Grazie mille , Signor de Valdes, für alles.« Ich lass mir wieder die Hand küssen und nehme Platz! Eng ist es und nicht gerade bequem, aber es erfüllt hoffentlich seinen Zweck! Bis sich die beiden Männer mit viel Trara endlich verabschiedet haben, vergeht eine kleine Weile, und ich befürchte, Bruno hat uns auf ein baldiges Wiedersehen bei ihm angekündigt. Dann starten wir unter viel Getöse. Ich winke sicherheitshalber noch mal freundlich, denn die alte Lenardedda ist doch wirklich zum Abschied auf der Außentreppe erschienen. Die schlägt sicher drei Kreuze, sobald wir um die Kurve gerattert sind.
Bei Tageslicht bewundere ich noch einmal ausgiebig die zypressengesäumte Auffahrt. Hinter uns wird der Gutshof kleiner und kleiner, bis er endlich nach einer Kurve ganz verschwindet und wir eine geteerte Straße erreichen. So, nun aber ein bisschen DALLI , es ist schon kurz vor zehn Uhr. Mich beutelt es zur Abwechslung mal wieder, aber mein Rennfahrer neben mir zischt weiter ungebremst um die Kurven. Nach einer Dreiviertelstunde verlangsamt Bruno das Tempo, und wir nähern uns einem kleinen Städtchen. Was ich jedoch außerdem sehe und was mich sehr beunruhigt, ist eine Autokolonne vor dem Städtchen. Über Hunderte von Metern reiht sich Auto an Auto, Menschen sind auf der Straße und stehen tatenlos rum. Hinter uns hat sich bereits eine weitere kleine Schlange gebildet, wir stecken mittendrin. Na, hoffentlich kein Unfall! Ich sehe auf meine Uhr, es ist Viertel vor elf. Um zwölf, so sagte mir Bruno, beginnt die Hochzeitszeremonie. Panik steigt in mir auf. Ich habe mir so fest vorgenommen, hübsch zu sein auf diesem Fest! Unmöglich, dass ich in meinem derzeitigen Aufzug die Kirche betrete!
Wenn das da vor uns Gesturi ist, laufe ich dorthin! Da bin ich allemal schneller als all die Autos. Mein Vorhaben stößt bei Bruno jedoch auf Widerstand. Ich wüsste ja gar nicht, wohin ich in Gesturi muss, und erklären könne er es selbst nicht, weil er noch nie da gewesen sei. Ich solle mal schön cool bleiben, der Stau löse sich bestimmt gleich auf. Na schön, mein Cousin ist es ja nicht, und Trauzeuge bin ich auch nicht! Mir kann’s eigentlich egal sein, wann oder ob ich überhaupt ankomme. Schade ist es allerdings schon, wenn man die Zeremonie versäumt, weil man so kurz vorm Ziel festgehalten wird! Minutenlang palavern wir hin und her, was man tun kann, um hier wegzukommen, aber es bietet sich keine Lösung an. Langsam, aber sicher begeben sich die Fahrer wieder in ihre Autos, und die ersten setzen sich in Bewegung. Auch Bruno stellt den Motor an, und siehe da, wir fahren.
Eine Prozession biegt gerade um die Ecke, als wir in das
Weitere Kostenlose Bücher