Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwei Jahre Ferien

Zwei Jahre Ferien

Titel: Zwei Jahre Ferien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
frisches Wasser mit dem zehnten Theile Brandy, ein Stück Chester-Käse und einige Gläser Sherry entschädigten sie für die mageren Mahlzeiten der letzten Tage. Trotz des Ernstes der Lage gaben sich die Kleinen doch ganz der ihrem Alter so natürlichen Heiterkeit hin, und Briant hütete sich wohl, sie in ihrer Freude zu beschränken oder ihr Lachen zu unterdrücken.
    Der Tag war recht anstrengend gewesen. Nach Stillung des Hungers sehnte man sich also nach nichts Anderem, als nach Ruhe. Vorher aber schlug Gordon, getrieben durch ein religöses Pflichtgefühl, seinen Genossen vor, dem Grabe François Boudoin’s, dessen Wohnung sie jetzt einnahmen, einen Besuch abzustatten
    Schon lag das Abenddunkel auf dem See und das Wasser erglänzte nicht einmal mehr in den letzten Strahlen des Tageslichtes. Nachdem sie die Ecke der Uferhöhe umschritten, blieben die Knaben vor einer leichten Bodenerhebung stehen, auf der sich ein hölzernes Kreuz erhob, und dann sandten die Kleinen, auf den Knieen liegend, und die Großen gebeugt neben dem Grabe stehend, ein Gebet zu Gott für die Seele des armen Schiffbrüchigen.
    Um neun Uhr waren die Schlafstätten besetzt, und kaum in ihre Decken gehüllt, fielen Alle auch schon in sanften Schlummer. Nur Wilcox und Doniphan, welchen es heute oblag, wach zu bleiben, unterhielten ein großes Feuer am Eingang der Höhle, welches, während es das Innere derselben erwärmte, auch dazu diente, gefährliche Besucher zurückzuschrecken.
    Am nächsten Tage, am 9. Mai, und während der drei folgenden Tage waren alle Hände mit der Entladung des Flosses beschäftigt. Schon sammelten sich mit dem Westwinde mehr Dünste an, welche eine Periode häufigen Regens und Schneetreibens verkündeten. Die Temperatur überstieg jetzt kaum noch 0 Grad, und die oberen Luftschichten mußten schon recht kalt sein. Es galt jetzt also, alles, was leicht verdorben werden konnte, wie Munition, feste und flüssige Nahrungsmittel, in French-den unter Schutz zu bringen.
    Während dieser wenigen Tage zogen, angesichts der dringlichen Arbeit, auch die Jäger nicht weit hinaus, doch da es an Wasserwild weder auf dem See noch über dem Sumpfe mangelte, erhielt Moko immer was er bedurfte. Bekassinen und Enten, langgeschwänzte und Kriechenten, gaben Doniphan Gelegenheit, manch glücklichen Schuß zu thun.
    Nichtsdestoweniger sah Gordon, daß die Jagd, selbst wenn sie erfolgreich war, etwas zu viel Pulver und Blei kostete. Er hielt gar sehr viel darauf, den Schießbedarf, dessen Vorrath er in seinem Notizbuch genau verzeichnet hatte, möglichst zu schonen, und so rieth er Doniphan, mit Rücksicht darauf ja nicht unnöthig zu schießen.
    »Es steht unser aller Interesse dabei auf dem Spiele, sagte er.
    – Einverstanden, sagte Doniphan, wir müssen aber ebenso vorsichtig mit unseren Vorräthen umgehen. Wir würden es bereuen, derselben beraubt zu sein, wenn sich je ein Mittel böte, die Insel zu verlassen….
    – Die Insel verlassen?… entgegnete Gordon. Sind wir denn im Stande, ein Fahrzeug zu bauen, welches das Meer halten könnte?
    – Und warum nicht, Gordon, wenn sich ein Festland in der Nähe befände?… Auf jeden Fall hab’ ich nicht Lust, hier wie der Landsmann Briant’s zu sterben.
    – Zugegeben, antwortete Gordon; doch ehe wir an ein Fortkommen denken können, machen wir uns mit dem Gedanken vertraut, vielleicht gezwungen zu sein, hier lange Jahre zu leben…
    – Ja, daran erkenne ich meinen Gordon! rief Doniphan. Ich bin überzeugt, er wäre entzückt, hier eine Colonie zu begründen.
    – Gewiß, wenn uns nichts anderes übrig bleibt.
    – Ach, Gordon, ich glaube nicht, daß Du zu viele Anhänger einer solchen Marotte finden würdest, nicht einmal Deinen Freund Briant.
    – Darüber zu reden, werden wir noch Zeit genug haben, erwiderte Gordon. Und was Briant betrifft, so laß’ mich Dir sagen, Doniphan, daß Du gegen ihn unrecht handelst. Er ist ein guter Kamerad, der uns schon Beweise seiner Opferwilligkeit gegeben hat…
    – Ei natürlich, Gordon! versetzte Doniphan in jenem verächtlichen Tone, den er sich nicht abgewöhnen konnte. Briant hat alle vortrefflichen Eigenschaften…. Er ist eine Art Held….
    – Nein, Doniphan, er hat Fehler wie wir Alle. Dein Auftreten ihm gegenüber kann aber nur zu einer Veruneinigung führen, welche unsere Lage gewiß verschlimmern müßte. Briant wird von Allen hochgeschätzt…
    – Ja, ja, von Allen!
    – Oder wenigstens von der größten Zahl seiner Kameraden. Ich

Weitere Kostenlose Bücher