Zwei Jahre Ferien
gegen neununddreiviertel Uhr, wurde bei steigender Fluth die Fahrt wieder unter den nämlichen Verhältnissen wie am Tage vorher fortgesetzt.
Die Nacht war kalt gewesen; der Tag war es nicht minder, und deshalb schien es höchste Zeit, aus Ziel zu gelangen. Was hätte aus ihnen werden sollen, wenn der Rio gar zum Stehen kam oder aus dem See abtreibende Eisschollen nach der Sloughi-Bai hinabschwammen? Das verursachte ihnen nicht geringe Unruhe, von der sie erst mit der Ankunft bei French-den erlöst werden konnten.
Und doch war es unmöglich, schneller als die Fluth vorwärts zu kommen, unmöglich gegen die Strömung anzukämpfen, wenn die Ebbe ablief, unmöglich also, mehr als eine Meile binnen einundeinerhalben Stunde zurückzulegen. Das war auch die mittlere Geschwindigkeit an diesem Tage. Gegen Mittag wurde auf der Höhe jener Schlammlache Halt gemacht, welche Briant bei der Rückkehr nach der Sloughi-Bai hatte umkreisen müssen. Etwa anderthalb Meilen weit drang die von Moko, Doniphan und Wilcox besetzte Jolle nach Norden hin vor und hielt erst an, als ihr das Wasser zu fehlen begann. Diese Schlammlache bildete gewissermaßen eine Fortsetzung des Sumpfes, der sich jenseits des linken Ufers ausdehnte, und sie schien sehr reich an Wasserwild zu sein. Doniphan konnte auch einige Bekassinen erlegen, welche neben den Trappen und Tinamus aufbewahrt wurden.
Es folgte eine ruhige, aber sehr kalte Nacht mit einer rauhen Brise, welche das Thal des Rio erfüllte. Auch bildete sich ein wenig Eis, das aber bei dem geringsten Stoß in Stücken ging oder sich auflöste. Trotz aller Vorsichtsmaßregeln gestaltete sich der Aufenthalt an Bord nicht zu einem besonders angenehmen, obgleich Jeder bemüht gewesen war, sich unter den Segeln zu verkriechen. Bei einzelnen der Kinder, vorzüglich bei Jenkins und Iverson, kam die üble Laune laut zum Durchbruche, und diese beklagten sich darüber, das Lager auf dem »Sloughi« verlassen zu müssen, so daß Briant sie wiederholt beruhigen und ihnen guten Muth zusprechen mußte.
Am Nachmittage des nächsten Tages endlich kam das Floß mit Hilfe der bis einhalbvier Uhr anhaltenden Fluth in Sicht des Sees an und ging am Fuße des hohen Ufers vor dem Eingange von French-den aus Land.
Elftes Capitel.
Erste Einrichtung im Innern von French-den. – Entladung des Flosses. – Besuch am Grabe des Schiffbrüchigen. – Gordon und Doniphan. – Der Kochofen. – Haar-und Federwild. – Der Nandu. – Service’s Pläne. – Annäherung der schlechten Jahreszeit.
Die Ausschiffung ging unter dem Jubel der Kleinen vor sich, für die jede Abwechslung in ihrem gewöhnlichen Leben ein neues Spiel war. Dole sprang wie ein junges Böckchen auf dem Ufer umher, Iverson und Jenkins liefen nach dem Strande des Sees, Costar aber nahm Moko zur Seite und sagte zu diesem:
»Du hast uns ein gutes Mittagessen versprochen, Moko.
– Ei, daraus wird nichts werden, Herr Costar, antwortete der Negerknabe.
– Und warum nicht?
– Weil ich gar keine Zeit mehr hätte, ein Mittagsmahl herzustellen.
– Wie, wir sollen gar nicht essen?
– Zu Mittag nicht, wohl aber zu Abend; und ich denke, die jungen Trappen werden sich zu einem Abendbrod nicht minder gut eignen.«
Und seine weißen Zähne zeigend, lachte Moko hell auf.
Oben wurde dann ein Block angebracht (S. 139.)
Nachdem es ihm einen freundlichen Rippenstoß ertheilt, schloß das Kind sich seinen Kameraden wieder an. Briant hatte ihnen übrigens aus Herz gelegt, sich nicht zu entfernen, damit man sie stets im Auge behalten könnte.
»Nun, Du gehst nicht auch zu ihnen? fragte er seinen Bruder.
Die Ausschiffung ging unter Jubel vor sich. (S. 143.)
– Nein, ich bleibe lieber hier! antwortete Jacques.
– Du würdest aber weit besser thun, Dir etwas Bewegung zu machen, fuhr Briant fort. Ich bin mit Dir nicht zufrieden, Jacques!… Du hast etwas, was Du verheimlichst… Oder solltest Du etwa krank sein?
– Nein, Bruder, mir fehlt nichts!«
Immer dieselbe Antwort, welche Briant nicht genügen konnte, der nun einmal entschlossen war, Licht in die Sache zu bringen, selbst wenn er es deshalb auf eine Scene mit dem jungen Trotzkopf ankommen lassen mußte.
Es war indeß keine Stunde zu verlieren, wenn man schon diese Nacht in French-den zubringen wollte.
Zunächst sollten Diejenigen, welche die Höhle noch nicht kannten, in dieselbe eingeführt werden Sobald das Floß an dem Ufer inmitten eines Wirbels und außerhalb der Strömung fest
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