Zwei Krankenschwestern auf dem Jacobsweg oder im Oktober gibt es keine Nachtpilger (German Edition)
will, erfährt die Geschichte. Ihr Mann ward seit heute früh nicht mehr gesehen. Vielleicht hat er ja den Bus genommen.
Irgendwie haben sich Leni und die Ärztin gefunden. Die Ärztin macht einen total relaxten Eindruck, nicht einmal eine Nervensäge wie Leni kann sie aus der Ruhe bringen. Nur wenn sie keinen Kaffee bekommt wird sie unruhig. So gibt sie auch gleich ein Phänomen aus ihrer Heimat wieder. Die Finnen sind Weltmeister im Kaffeetrinken und wenn dort der Kaffeeautomat ausfällt, geht nichts mehr.
Die beiden haben so viel zu berichten, dass sie es sich auf unserer Matte erst mal gemütlich machen. Also unsere Pause ist heute alles andere als ruhig. Wir haben uns direkt am Weg wohl zu sehr angeboten.
Als die beiden irgendwann weiter ziehen, beschließen wir, bevor sonst noch wer kommt, gehen wir jetzt auch weiter. Jedenfalls war es heute Mittag sehr informativ.
Wir laufen weiter durch den Nieselregen, es ist schon schöner wenn uns die Sonne begleitet. Im Dorf Zariquiegui - kein Mensch weiß wie man das ausspricht - füllen wir noch mal unsere Wasserflaschen auf. Auf der Suche nach einer Kaffeebar treffen wir noch mal Leni und die Ärztin und die beiden Spanier. Eine Bar gibt es nicht, aber einen Mini-Laden mit einem Kaffeeautomaten. Also holen wir uns den Kaffee aus der Maschine und weiter geht es. Wir kommen wieder ins Schwitzen, denn es geht mal wieder Bergauf. Wir erklimmen den „Alto del Perdon“. Oben erwartet uns eine riesige Pilger-KarawanenSkulptur aus Metall, die von Navarras Jacobsfreunden errichtet wurde. Es ist sehr windig und das Foto ist ein waghalsiger Akt. Der Weg führt uns nun wieder bergab und wir müssen uns wieder vorsichtig auf dem Geröllweg nach unten kämpfen. Unterwegs begegnen wir einem jungen Mädchen, das tatsächlich in Badelatschen den Berg hinunter läuft. Wir können unsere Blicke kaum abwenden. Flott springt sie von Stein zu Stein und überholt uns dabei noch. Sie gehörte einer Mädchengruppe an, bei der diese waghalsige Methode, steile Berge zu bewältigen, allseits beliebt ist, denn es laufen noch zwei Mädchen auf die selbe Weise an uns vorbei.
07. Oktober 2011, Pamplona - Uterga, auf dem „Alto del Perdon“
Wie die Elfen fliegen sie mit ihren schicken Outfits und bunten Schals an uns vorüber. Sie fliegen wohl so leicht dahin, wobei eine von ihnen nicht mal merkt, dass sie ihren hübschen Schal verliert. Wir nehmen ihn auf gut Glück mit und tatsächlich sitzt die Mädchengruppe in der Herberge schon um einen großen Tisch herum. Es findet sich dann auch eine glückliche Eigentümerin, die sich artig bedankt. Hier, im Ort Uterga, erwartet uns eine schöne Pension, ein Zimmer ganz für uns allein. Zum Pilgermenü treffen wir im Restaurant Leni und Frau Doktor. Wir setzen uns zu ihnen und verbringen einen lustigen Abend mit den Beiden. Die Finnin erzählt aus ihrem interessanten Leben. Sie ist in Finnland politisch aktiv und hat schon viele Reisen als Reiseleiterin in die ganze Welt unternommen. Mit dem Wein kennt sie sich auch gut aus und gibt uns einige Verse zum Besten: „Das Wasser gibt dem Ochsen Kraft, dem Menschen Bier und Traubensaft, darum danke du als guter Christ, dass du kein Ochs geworden bist.“
Leni erzählt uns von ihrem bösen Mann, immer will er alles besser können und ständig bevormundet er sie usw., usw.. Zum Ende will sie sich gar scheiden lassen. Nach diesem Entschluss verabschieden wir uns von den Beiden.
Heute waren wir 8 Stunden unterwegs, der Wein und das gute Essen haben uns müde gemacht und so gehen wir in unser gemütliches Zimmer. Noch eine kurze Geschichte von Janos Kertesz und Karola schließt die Augen. Gute Nacht!
08. Oktober 2011, Sonnabend, Uterga - Cirauqui, 14,5km, Nieslregen, 22°C
Es ist noch zeitig und Karola schnarcht neben mir friedlich vor sich hin. Ich lasse sie weiter schlafen und gehe ins Bad. Ich lasse mir Zeit und anschließend sortiere ich noch Bilder und mache einige Aufzeichnungen. Als die Zeit so weit ist, wecke ich Karola und bekomme ihren hervorragenden Schlaf noch einmal bestätigt. Es gibt heute nur einen Automaten und wir setzten uns auf eine Bank und trinken unseren Kaffee, dazu noch ein Notfallmüsli, so sind wir gestärkt. Das Wetter hat heute wieder Nieselregen im Angebot, also kramen wir unsere Capes aus dem Sack. Wir gehen zum Tor hinaus und suchen unsere gelben Wegweiser. Denen folgen wir auch heute früh wieder willig.
An Feldern, die von Mandelbäumen gesäumt sind, laufen wir das erste
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