Zwei Krankenschwestern auf dem Jacobsweg oder im Oktober gibt es keine Nachtpilger (German Edition)
über das Datum des heutigen Tages kommen wir mit unserer Kurzzeit -WG ins Plaudern. Sie interessieren sich für die DDR und unser Leben in der Zeit damals und schnell sind wir in ein reges Gespräch verwickelt. Die Ost - West - Geschichte ist auf „Dem Weg“ ein häufiges Thema, sobald wir auf Bürger jenseits der ehemaligen Grenze treffen. Es liegt sicher daran, dass jede Seite einfach zu wenig Berührungspunkte im wahren Leben hat. Wir müssen unser Gespräch aber beenden, denn wenn wir hier noch frühstücken wollen, müssen wir jetzt fertig werden. Sicher sieht man sich noch einmal unterwegs.
Es gibt ein gutes Frühstück und um 8.00 Uhr verlassen wir froh und munter die Herberge. Wir fragen uns gegenseitig nach unserem Befinden. Bei mir ist soweit alles in Ordnung, Blasen halten sich in Grenzen und der schlimme Fuß murrt dank Schmerztablette auch nicht viel, nur zum Tagesende schwillt er ziemlich an und benötigt Erholung. Karolas Schulter macht einige Probleme. Ich habe die Schulter wohl noch nicht erwähnt, Karola hat sich die Schulter böse gezerrt, als sie in Zubbiri aus dem Doppelstockbett gestiegen ist und unglücklich hängen blieb.
Jetzt läuft sie mit der schmerzenden Schulter und hält sie mit Schmerztabletten in Schach. Nach einer ½ Schmerztablette stellte sich aber bald Besserung ein.
Auf dem Weg aus Pamplona heraus treffen wir Leni wieder, verweint und verschwitzt, total aufgelöst an einer Kreuzung. Sie hat ihren Mann verloren. Kurz umgedreht, da war er weg. Sie ist mit einem jungen Mädchen unterwegs. Wir raten ihr, am nächsten Ortseingang auf ihn zu warten und wünschen ihr viel Glück.
Der Weg aus der Stadt dauert über eine Stunde, dann laufen wir eine Weile neben der Straße auf einem Schotterweg bis der Weg irgendwann nach rechts in die Natur schwenkt. Nun geht es durch Felder, auch über Berge, hoch und runter, wieder mit Geröll, man muss wieder höllisch aufpassen. Das Wetter ist regnerisch, es nieselt den ganzen Tag immer wieder vor sich hin, mal mehr und mal weniger. Wir ziehen unsere Regenumhänge über und wenn wir denken, wir können sie wieder ausziehen - denn darunter kommt man mächtig ins Schwitzen - fängt es wieder an zu regnen. So üben wir heute Regenumhang an - und ausziehen.
Zum Mittag suchen wir angespannt einen schönen Platz für uns. Es ist heute schon eine Herausforderung. Mit ein paar Abstrichen finden wir schließlich noch ein gemütliches Plätzchen. Wir richten uns ein, so gut es bei dem immer wiederkehrenden Nieselregen geht. Gleich neben dem Weg, bekommen wir heute nicht die gewohnte Ruhe, dafür aber Kontakt mit all unseren Bekannten. Zunächst kommen die beiden Spanier, bei denen wir nicht wissen, in welchem Verhältnis sie zueinander stehen, vorbei. Wie immer sehr freundlich. Wir rufen uns gegenseitig freundliche Grüße zu. Keiner versteht was, alle wissen, dass es lieb gemeint ist. Sie ziehen in ihren bunten Capes weiter. Kaum sind sie außer Sichtweite kommen auch schon unsere Zimmerkollegen von heute Nacht, Maria und Helmut, des Weges. Sie ziehen nach ein paar Grüßen auch schnell weiter, sie bevorzugen wohl ein trockenes Mittagsplätzchen.
Wir denken, dass wir jetzt wohl unsere Ruhe haben, aber da kommt Leni um die Ecke. Im Schlepptau hat sie die kettenrauchende und kaffeesüchtige finnische Ärztin, wir trafen sie in Zurribi in der Herberge. Leni scheint es wieder besser zu gehen und so trauen wir uns nach ihrem Mann zu fragen. Die Geschichte von heute früh hat sich in den letzten Stunden etwas verändert. Das Ehepaar hat sich in Pamplona auf der Straße böse gestritten, was uns später auch andere Mitpilger bestätigen. Lenis Mann meinte, sie ist ihm ein Klotz am Bein und er möchte sie in den Bus setzen. Sie soll dann schon mal nach Astorga, das sind 450 km, fahren. Dort werden die Eheleute in 2 oder
3 Wochen erwartet. Ein befreundetes Paar bewirtschaftet dort eine Pilgerherberge. Leni ist dann einfach losgelaufen und hat ihren Mann seit dem nicht mehr gesehen. Er hat wohl schon einige Male versucht, sie auf dem Handy zu erreichen, aber sie geht nicht ran. Sogar ihr Sohn in Deutschland ist informiert und ruft seine Mutter an. Der Vater hat seine Geschichte erzählt und sicher wichtige Details weggelassen. Leni hat dem Sohn ihre eigene Geschichte erzählt und jetzt ist der Ehemann wieder der Buhmann. Leni ist jetzt zu allem entschlossen, sie wird es dem Angetrauten mal richtig zeigen. Sie hat jetzt so richtig Mut und jeder der es nicht wissen
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