Zwei Krankenschwestern auf dem Jacobsweg oder im Oktober gibt es keine Nachtpilger (German Edition)
Pfeilen, sie führen uns über einen Bahnübergang, der sich in der Höhe mit einer Autotrasse kreuzt.
Gleich geht es steil bergauf und wir kommen ordentlich ins Schwitzen.
Wie wir so den Berg erklimmen, schweifen meine Gedanken nach 2009 ab, als wir Drei uns genau auf diesem Berg befanden und auch damals brachte der Anstieg unsere Herzen zum Klopfen und der Atem ging schwer, Juliane immer vor uns, Martin mit mir im Gefolge. Wir wurden 6.00 Uhr mal wieder vom Lärm der Müllabfuhr geweckt. Packen unsere Sachen zusammen und verlassen unsere noble Unterkunft. Essen wollen wir unterwegs. Gebäck und Weintrauben habe ich griffbereit untergebracht. Wir wollen unser heutiges Ziel, Ferreiros, zeitig erreichen, denn die Plätze werden jetzt rar. Auf der Straße begegnen wir vielen Pilgern. Sie alle strömen aus der Stadt. Es ist ein gewaltiger Unterschied zu unseren ersten Tagen, als wir oft den ganzen Tag einsam für uns liefen. Vor und hinter uns laufen die Pilgerscharen. Von Einsamkeit kann man nun nicht mehr sprechen. Der Weg ist auch ein ganz anderer. Idyllisch, bewaldet mit viel Abwechslung.
Ich schaue mich intensiv um, versuche etwas wiederzuerkennen. Hier und da gelingt mir das auch, aber überwiegend ist mir die Umgebung doch fremd. Eine frische feuchte Luft lässt Karolas Brillengläser beschlagen. Diese Feuchtigkeit ist auch beim Fotografieren unangenehm, es bilden sich weiße Flecken auf den Bildern. Ich muss ständig das Objektiv trocken wischen. Oben angekommen ist die Sonne aufgegangen und wir begrüßen sie mit unserem üblichen Morgengesang von Nana Mouskurie. Da wir kaum noch allein sind, haben wir beim Singen nun auch immer Publikum. Die Mitpilger nehmen es meist mit einem gelassenen Schmunzeln hin. Die Strecke vor Santiago ist nicht mehr so ruhig und die Leute laufen auch nicht mehr parallel zueinander. Die Pilgerdichte ist aber bei weitem nicht so hoch wie im August 2009. Da waren Ferien in Spanien und viele Eltern liefen mit ihrem Nachwuchs den Weg, was der Situation eine besonders unterhaltsame Note gab.
Jetzt im Oktober sind viele Gruppen mit Tagesrucksäcken unterwegs. Ständig nähern sich von hinten lärmende Menschengruppen, die leichten Fußes an uns vorbei ziehen. Wir sehnen uns nach der Ruhe der ersten Reisetage. Aber jeder Pilger möchte seine Urkunde mit nach Hause nehmen, muss folglich auch diese Strecke laufen. Viele Spanier machen hier eine Woche Wanderurlaub und wo Spanier auftauchen, wird es bekanntlich laut. Außerdem kann der Spanier wohl niemals allein sein und bringt immer die ganze Familie oder seinen Kegelclub mit. Wir müssen uns mit dieser Wandergemeinschaft abfinden. Der Weg gehört uns nicht allein. Auffällig in diesem Jahr sind auch die vielen Hunde. Sie begleiten die Pilger mit erwartungsvollen Blicken. Wenn man da weich wird, hat man Begleitung für den Tag und Abends vielleicht ein Problem. Also ignorieren wir die Vierbeiner und so wenden sie sich bald den Nachfolgenden zu.
Die Pilger die sich ständig von hinten nähern, machen Karola sichtlich nervös. Sie wird immer schneller, ich spüre ihre Hektik. Wie eine Gejagte läuft sie vor mir her. Als wir eine Straße überqueren kann ich rechterhand eine kleine Bar ausmachen und kurz entschlossen halte ich Karola energisch an. Sie steht im Schweiß gebadet mit panischen Blick vor mir. Ich schiebe sie in Richtung Bar, aus der Schusslinie heraus. Leider hatte auch eine Gruppe von 7 Spaniern die kleine Kaffeoase im Visier und zum Unglück auch noch vor uns erreicht. Sie machen sich erst mal breit. Belegen sämtliche Tische mit ihren Rucksäcken, bestellen Massen von Baguetts und Kaffee und weil es hier so gemütlich ist, gönnen sich die lustigen Spanier auch gleich noch „Vino tinto“ - es ist 10.00 Uhr am Morgen. Der Wirt ist allein, und hat ein Problem die große Bestellung abzuarbeiten. Es dauert also. Karola die draußen wartet, wird langsam ungeduldig. Sie kommt in die Bar und wir räumen umständlich einige Rucksäcke der Spanier bei Seite, damit auch wir hier sitzen können.
Die Spanier stört das nicht, sie sind mit anderen Angelegenheiten beschäftigt. Wir ergeben uns dem Schicksal und beobachten schließlich amüsiert die Szene. Vielleicht sollten wir uns von deren Mentalität ein wenig anstecken lassen. Irgendwann sind die spanischen Wandersleute versorgt und wir bekommen unseren Kaffee und unser Eis. Als sie endlich fort sind, genießen wir die eingekehrte Ruhe und beobachten den Wirt der sich seiner
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