Zwei Krankenschwestern auf dem Jacobsweg oder im Oktober gibt es keine Nachtpilger (German Edition)
und kann nur noch enttäuscht und wütend dem Bus bei seiner Weiterfahrt hinterher schauen. Nicht so toll. Plätze wären noch gewesen. In Lugo müssen wir umsteigen, unser Anschlussbus fährt eigentlich erst eine Stunde später, aber durch einen tollen Zufall bekommen wir einen anderen Bus schon eine Stunde früher. Ich habe einen asiatisch anmutenden Herren angesprochen, ob er wüsste, wo der Bus nach Sarria fährt und er weiß, dass wir schon mit dem jetzigen Bus fahren können, weil Plätze frei sind. Wir müssen am Schalter umbuchen. Kurzerhand geht er mit uns dorthin und nimmt alles in die Hand. Im Bus sitzt er neben uns. Ursprünglich dachten wir, er ist Spanier, aber das stimmt nur halb. Er berichtet mir, auf Hochdeutsch, dass er seit 46 Jahren in Deutschland lebt und Doktor in Munster ist (Allergologe). Eigentlich kommt er aus Südamerika, seine Eltern stammen aus Kolumbien und von den Fidschi-Inseln, alles etwas verwirrend. Ich verrate ihm, dass wir Krankenschwestern sind. Seine Kommentar: "Wir riechen uns wohl!"
Wir müssen beide lachen. Er berichtet von seiner Liebe zum Jacobsweg und das er diesmal das Kloster Samos besuchen will. Dort gibt es Kunsthistorische Schätze und eine exquisite Bibliothek. Samos liegt leider nicht in unserer Richtung. Diesen Pilgerbruder hätten wir gerne wieder getroffen.
Am Bahnhof angekommen, bedanken wir uns noch mal ganz herzlich bei ihm und verabschieden uns. Was er uns Gutes getan, dürfen wir gleich weiter geben. Eine junge Dänin fragt, wie sie denn wohl zum Jacobsweg kommt. Sie ist mit ihrer Mutter über London angereist und sie wollen nur die 100 Kilometer für die Urkunde laufen. Es soll auch gleich losgehen, da sie nur eine Woche Urlaub haben. Wir können ihnen helfen und fühlen uns dabei wohl. Nun werden wir uns selbst erst einmal orientieren. Um uns zu sortieren nehmen wir im nahen Kaffee platz und schauen noch einmal nach, welche Herberge wir ausgesucht haben. Wir fragen nach dem Weg und finden das gastliche Haus bald.
Die Örtlichkeiten sagen uns heute sehr zu und wir bleiben. Wir richten uns wie gewohnt ein und wollen noch in der Stadt Proviant für den morgigen Wandertag besorgen. Auf dem Weg zum Supermerkado finden wir auch noch eine Bank. Karolas Finanzen sind bald erschöpft und sie braucht Nachschub. Wir halten alle Sicherheitsmaßnahmen ein, da wir wissen, dass es auch auf dem Jacobsweg allerhand Spitzbuben gibt. Gut vorbereitet tippt Karola alles ordnungsgemäß in den Automaten und bekommt prompt ihr Geld und sogar noch eine Quittung. Die schaut sie sich aufmerksam an und ihr Gesicht verfinstert sich augenblicklich. 20,00€ Gebühren wurden laut Quittung eingezogen. Dieses Thema macht sich über den gesamten Abend breit und wird immer wieder zitiert und auseinander gepflückt.
In der Herberge zurück, stillen wir erst einmal Hunger und Durst. Wir sitzen auf einer wunderbaren Dachterrasse in Höhe der Kirchturmspitze. Hier oben sind auch Wäscheständer aufgestellt und so lernen wir gleich noch einige andere Herbergsgäste kennen. Zunächst spricht uns eine Asiatin an, wo wir eingekauft hätten. Wir können ihr mit einer Auskunft helfen und sie bedankt sich. Dann kommt eine Australierin mit ihrer Wäsche aufs Dach. Sie hält sich auch nicht lange mit Vorreden auf, legt gleich los. Seit 46 Tagen ist sie unterwegs, von St. Jean Pied de Port ist sie gestartet. Das sind 680 km, dann ist sie im Schnitt 14,8km am Tag gelaufen. Alle Achtung, die Frau ist auf jeden Fall im Rentenalter. Man merkt ihr auch an wie stolz sie ist. Ich frage, wie es ihren Füßen geht und sie präsentiert uns einige eindrucksvolle Laufergebnisse. Blasen an beiden Fußsohlen und die Fußnägel verschiedenfarbig, aber nicht lackiert. Wir haben ein wenig Mitleid und es scheint ihr zu gefallen. Einige Ruhetage mehr wären besser gewesen.
Heute ist ein guter Tag und ein Internetzugang ist die Krönung. Ich lege auch gleich los, wer weiß wie es in den nächsten Tagen aussieht. Ärgerlich ist nur, dass die Tastatur macht was sie will und wir heute wieder keine Bilder hoch laden können. Wie ist man doch verwöhnt. Die Möglichkeit mit dem Internet rund um die Welt zu kommunizieren ist doch schon der Wahnsinn. Oft erlebe ich Pilger die aus Australien, Korea, Kolumbien, was weiß ich woher kommen und über Skype mit ihren Leuten reden. Die Welt ist wirklich klein. Karola legt inzwischen telefonisch Beichte über ihre Geldgeschäfte ab und macht im Zimmer ihre Übungen. Als ich fast fertig
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