Zwei Krankenschwestern auf dem Jacobsweg oder im Oktober gibt es keine Nachtpilger (German Edition)
abgetrennt. Kontakte mit anderen Pilgern halten sich auf dieser Strecke in Grenzen. Es sind einfach zu viele Pilger mit MiniGepäck unterwegs. Die Rosinenpilger trifft man höchstens einmal am Tag und es braucht schon einige Kontakte, bevor man ins Gespräch kommt. Ein Pilgerpaar fällt uns aber doch auf. Es ist ein Ehepaar, wohl über 60 Jahre. Sie haben die gleichen giftgrünen Jacken an. Wir überholen sie mehrmals am Tag und dann sind sie immer damit beschäftigt, ihre auffälligen Jacken aus- oder - anzuziehen. Ein anderes Pärchen, das uns auffällt, kreuzt auch mehrmals täglich unseren Weg. Er, ein riesiger, schwergewichtiger, dunkelhäutiger Mann läuft mit einer zierlichen weißen Frau. Die beiden sind nur am Reden, Lachen und Scherzen. Sie machen einen sympathischen Eindruck. 3 Tage laufen wir so nebeneinander her, bis sie irgendwann einfach weg sind.
Wir kommen heute an unserer Herberge von 2009 Hospital da Cruz vorbei. Ich weiß das Datum, der 14. August 2009, am nächsten Tag, dem 15.August ist Maria Himmelfahrt, einer der wichtigsten Feiertage in Spanien. Das Dorf richtet ein riesiges Fest aus. Auf dem Weg zur Herberge kommt der Bürgermeister mit seinem Auto an uns vorbeigefahren und lädt alle Pilger zum Fest ein.
Wir drei sind so früh an der Herberge, das wir auf den Einlass warten müssen. 13.00 Uhr dürfen wir gegen einen Obolus von je 3,- € die Herberge betreten. Hier ist es gemütlich, wir sind mit allem versorgt, was wir so brauchen. Zum Abendbrot kochen Martin und ich, dass was wir auf unserer Pilgerreise meistens kochen. Nudeln mit Tomatensoße. Das geht Ruck-Zuck und schmeckt uns immer. Auf dem Berg genau gegenüber steht ein riesiger Truck. Er dient heute Abend als Bühne. Wir können die Arbeiten von unserer Herberge aus gut beobachten und hoffen, dass die Feier nicht zu spät beginnt. Wir würden schon ganz gerne rüberschauen. Gegen Abend sitzen wir vor der Herberge und ruhen uns in der Sonne aus, als plötzlich ein Knallen und Zischen die Ruhe unterbricht. Ein riesiges Feuerwerk wird da von den Dorfbewohnern abgefackelt und das mitten im August. Das Dorf hat laut Pilgerführer übrigens nur 15 Einwohner. Sie kündigen noch einmal ausdrücklich das Fest für heute Abend an. Nun warten wir, dass sich auf dem Berg etwas tut. Aber da passiert nicht viel. Stunde um Stunde beobachten wir den Punkt auf der anderen Seite, ohne Ergebnis. Es wird 22.00 Uhr und das Fest ist noch immer nicht in Sicht. Wir müssen ins Bett, 22.00 Uhr werden die Lichter gelöscht. Wahrscheinlich feiern die Leute erst morgen ihr Maria-Fest. Wir liegen im 22 Bettenschlafsaal, als plötzlich 23.00 Uhr ein ohrenbetäubender Lärm beginnt. Jetzt geht die Party los. Ohne uns! Ich stecke mir Ohro-Pax in die Ohren und kann damit einigermaßen einschlafen.
Gegen 4.00 Uhr wache ich auf, weil das Bett von der lauten Musik vibriert. Die Party hat ihren Höhepunkt erreicht. Ich gehe ins Erdgeschoß und schaue durchs Fenster der Lichtorgel zu. Das ist wirklich ein lautes und helles Fest. Ich gehe schließlich wieder ins Bett und so gegen 5.00 Uhr wird es allmählich leiser. Irgendwann endet auch dieses Fest und die Musik wird abgedreht.
Wie wir jetzt 2011 bei Nieselregen über den Platz laufen, auf dem vor 2 Jahren der Musik-Truck stand, ärgere ich mich, dass wir nicht einfach rübergegangen sind und bis morgens mitgefeiert haben. Hätten wir am Tage eine Schlafpause eingelegt. Aber das ist Vergangenheit. Leider können wir hier heute keine Pause machen, da der Regen stärker geworden ist und es keine Überdachung gibt. Wir laufen im Regen weiter, jetzt immer auf der Straße. Wir kommen durch viele kleine Dörfer, in denen die Zeit stehengeblieben ist. Man weiß aber nicht genau wann.
2009 sind wir in diesen Dörfern besonders herzlich empfangen worden, neben einem hübschen Stempel, gab es damals am 15.August, überall gratis Kaffee und Kuchen. Wir wollen heute im Dorf Areixe übernachten. Weil die Dörfer schlecht ausgeschildert sind und dicht beieinander liegen, lässt sich Areixe schwer ausmachen. Wir überholen einen jungen Mann der betont relaxt durch den Regen schlendert. Es werden einige Worte gewechselt, aber er weiss auch nicht, ob wir schon in Areixe waren. Wir verabschieden Lothar, so heißt unsere neue Pilgerbekanntschaft, mit einem „Buen Camino“ und pilgern weiter. Schließlich finden wir doch noch nach Areixe und nehmen uns ein preiswertes Zweibettzimmer. Heute brauchen wir unsere Ruhe. Wir sind die
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