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Zwei Schwestern

Zwei Schwestern

Titel: Zwei Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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Kurzweile und Lustigkeit die Sachen auf dem See da, und loke dir die müßigen Leute auf den Hals. Habe auf alles Sorge, was ich sage, und sei klug.«
    »Ja, ja, Signore, ich werde klug sein, sagte der freundliche Bursche; aber die Pistole brauche ich nicht, ich kenne die Ufer ohnehin recht gut. Ich werde auf euch hier warten, und wenn ihr bis Abends nicht kommt, und wenn auch keine Nachricht kommt, werde ich nicht ins Fischerhaus fahren, weil es mir nicht gefällt, sondern ich werde ein wenig in den See hinaus rudern, werde dort den Schiffspfahl in den Boden schlagen, und das Schiff daran binden. Dann werde ich mich auf die Rohrmatten legen und schlafen. Ich habe zwei wollene Decken mit, die sind gut. Es wird eine warme Nacht kommen und kein Wind sein, wie alle Tage her.«
    »Gut, sagte ich, mache es, wie du willst.«
    Ich nahm nun meine Ledertasche vom Schiffsboden auf, und hing sie um. Ich nahm mein Fernrohr, nahm die Pistolen, nahm eine Flasche Wein und etwas kalten Braten, stekte alles in meine Ledertasche, und stieg zu dem Knaben am Ufer aus, der mich mit einem wirklich außerordentlich schönen aber auch außerordentlich verwilderten Angesichte und mit verständigen Augen ansah. Ich gab ihm ein Geschenk, das er mit freundlichem Lächeln annahm.
    »Lebt wohl, Signore,« rief mir mein Fährmann noch nach.
    »Leb wohl Gerardo, antwortete ich, sei folgsam und obsichtig.«
    Und nun begann ich auf dem kurzen und ziemlich unfruchtbaren Grase empor zu steigen, während meine zwei Gesellschafter, wie ich hinter mir hörte, ein Gespräch mit einander begannen.
    Das Höllwasser mußte zu Zeiten seinen Namen recht wohl verdienen, da ein solcher Gräuel von Schutt und von Steinen neben mir lag, obwohl es jetzt so schwach und ohnmächtig, wie ein Kind in diesen Dingen dahin fädelte, jeden Stein umgehen, und in dem feinen Sande sich sein dünnes Rinnsal graben mußte.
    Als ich eine Weile gestiegen war, und mir in der großen Hitze, die im Gebirge herrschte, der Schweiß kam, blieb ich stehen, und wendete mich um, um auf die zwei einzigen Wesen, welche ich in dieser Gegend verlassen hatte, zurück zu schauen. Ich nahm mein Fernrohr heraus, und richtete es, um sie besser betrachten zu können. Ich fand sie mit dem Rohre auch sehr bald. Gerardo lag bereits über die Sachen des Schiffes längelang ausgestreckt, das Antlitz nach aufwärts gekehrt, die Arme oberhalb des Hauptes geschlagen, die rothe Müze über die Augen gezogen, und von der warmen südlichen Nachmittagssonne beschienen. Er genoß auf diese Art fröhlich der süßen Ruhe, die den Menschen seines Standes und Landes nächst der Nahrung des Leibes, oder noch vielleicht vor derselben, das Höchste ist. Den Hirtenknaben fand ich auch, wie er gleichfalls auf der Erde zwischen den grauen Steinen lag, und sich wärmte. Außer diesen zwei Menschen und den wenigen Ziegen war in der ganzen Gegend nichts lebendiges zu schauen. Die Umgebung stimmte gerade so feierlich und lächelnd, wie sie immer im Süden ist, dazu. Ich ließ mein Rohr abwechselnd von dem einen, der auf dem blendenden Schiffholze lag, zu dem andern, der in die einförmigen Steine gelegt war, hin und her gehen. Von ihnen weg dehnte sich die tief dunkelblaue Fluth des Sees hinaus, die nur zeitweise eine weiße feurige Furche warf, oben stand der ebenfalls tiefdunkle Himmel, der zu dem Bilde gehörte, und an dem Rande woben die violetten duftigen Berge.
    Da ich eine Zeit gestanden war, und mich erholt hatte, wendete ich mich wieder um, und verfolgte meinen Weg wieder weiter.
    Ich kam nach und nach in die Schlucht, welche der Knabe angedeutet hatte. Es begannen aus dem Rasen sich Steine zu heben, die mich in den natürlichen Zwischenraum, den sie zwischen sich ließen, hinein lokten. Bald ging ich auf einem Pfade, zu dessen beiden Seiten hohe Felswände waren, aufwärts. Der Pfad hob sich dann selber an der rechtseitigen der Wände, und hatte links unter sich einen tiefen Grund, in welchem die Furche eines Gießwassers lief. Die Furche aber war nicht zu sehen, da die ganze Spalte, wie überall an den Ufern dieses Sees, mit dichtem Gebüsche und mit schlanken wuchernden Bäumen bedeckt war. Unter dem Geheimniße dieser grünen Decke hörte ich das Wasser, das jetzt sehr schwach war, fließen, ich hörte bald das Rascheln kleiner Abstürze, bald das Rieseln größerer Wasserfälle, während rechts von den Felsenmauern der brennende Sonnenstrahl auf mich fiel. So ging ich weiter.
    In kurzer Zeit erblikte ich das

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