Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwei Schwestern

Zwei Schwestern

Titel: Zwei Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
Vom Netzwerk:
dürfen. Es war eine Geige von dem alten Meister Guarnero. Außer den Geigengeräthen war nichts in den Zimmern Camillas von Ebenholz, sondern es war genau in der Art und Weise, wie in den Zimmern der Mutter. Mich freute es, daß das Mädchen gerade auf ihre geliebte Kunst diesen Schmuk und diese Auszeichnung verwendet hatte. Besonders bezeichnend war es für mich, daß sie zu den Geigenfächern den weichen Sammet und die dunkle Farbe gewählt hatte, welch beides ihrer sanften und mehr dem Traurigen zugewandten Gemüthsart entsprach, wie ja auch ihre Stimme sich zu einem reinen klaren Alte hinneigte.
    Von diesem Ekzimmer gingen wir wieder durch alle Zimmer zurük.
    Ich mußte nun auch die Arbeiten der Frauen besehen. Außer den nüzlichen Arbeiten, die größtentheils in Stößen von feiner Wäsche auf den Tischen lagen, war meistens die andere nur solche, die zuvörderst auf Hervorbringung allerlei schöner Dinge abzielt, bei denen der Nuzen nur Nebensache ist, als Bettdeken, Tischüberzüge, Taschen, Fächer, und dergleichen. Namentlich that sich hierin die Stikerei und Bildnerei auf das Trefflichste hervor. Ich mußte alles ansehen, und mußte mir alles erklären lassen. Da waren Arbeiten, die auf die längste Zeit hinaus sahen, unternommen worden. Für den Vater war ein großer Tischteppich angefangen worden, der eine Uiberraschung sein sollte, und an dem sie daher nur arbeiten konnten, wenn sie sicher waren, daß er sie nicht besuche und die Sache sehe. Dann hatten sie eine große Anzahl verschiedenfarbiger Seidenfleke; aus diesen wurden die Fäden in einen großen Korb gezupft, und wenn genug derlei bunten Gemisches vorhanden wäre, dann würden daraus Deken gemacht, diese würden fein geschoren, und dann sähen sie aus, als wären unzählige Blätter, Blättertheile und Staubfäden von Blumen in allen Farben auf die Fläche gestreut worden, wie man eine bunte Spezerei hat, die man auf den warmen Ofen streut, daß der Rauch die Zimmer angenehm durchdufte. Für Maria wurde eine Tasche gemacht, die innerlich Seide, äußerlich Stikerei hatte, weil sie gerne, wenn sie in dem Garten herum ging, eine Tasche an sich hängen hatte, in die sie reife Sämerei und andere Dinge that, die sie in das Haus tragen wollte. Uibrigens lagen in den Zimmern an verschiedenen Orten Arbeiten von vergangenen Zeiten herum. Da waren Kränze, Blumensträuße, Verzierungen, selbst Menschen und Thiere auf Pölstern, Schemeln, Teppichen und Gehängen abgebildet. Manches war noch roh, gleichsam wie zu Anfange der Lehrzeit Camillas, manches war sehr zierlich, ja mit einer gewissen Fertigkeit und Anmuth eines Kunstanfluges verfertigt.
    Als ich das Alles gesehen hatte, nahm ich von den Frauen Abschied und begab mich auf mein Zimmer. Sie sagten, sie würden sich nun anziehen, würden dann in den Garten hinunter kommen, und wir könnten alle mit einander dann noch einen kleinen Spaziergang unternehmen. Ich versprach, zu rechter Zeit zugegen zu sein.
    Als ich eine Zeit auf meinem Zimmer gewesen war, ging ich in den Garten, ich fand die Frauen schon in ihrem gewöhnlichen Tagesanzuge gegenwärtig, auch der Vater war da, und wir machten unsern Spaziergang. Als wir zurük gekommen waren, sezte sich Maria auf eine Bank vor dem Hause. Sie war sehr ermüdet, da sie den ganzen Tag fleißig gearbeitet hatte.
    Weil nun der Rükhalt in Bezug des Geigenspieles Camillas weggefallen war, hörte ich sie von jezt an öfters. Bald war es in dem Zimmer der Mutter, in das ich nun zuweilen ging, und wo sie an der Alabastervase stehend ihre Uibungen machte - bald war es auch in der Nacht, wo sie die Töne recht leise und gleichsam nur versuchsweise erklingen ließ, wo der Springbrunnen wieder manchmal gestillt war, und die schwachen Laute in den weiten Flimmer der Natur hinaus gingen; denn der Mond war endlich voll geworden, und stand mit einer wahrhaft prangenden Herrlichkeit über der Oede. Ich ging jedes Mal an mein Fenster, öffnete es, lehnte mich hinaus, und hörte zu, so lange ein Ton zu hören war.
    Ziemlich weit von dem Hause war eine Stelle, auf welcher das lagernde Gestein sich in einem Kreise herum schob und erhöhte, als wollte die Natur da ein Theater zum Sehen und Horchen errichten. An diese Stelle gingen wir öfter, auch der Vater und Maria. Da trug manchmal Camilla das Fach mit ihrer Geige mit sich. - Und wenn es dann sehr stille war, wenn ein klarer Schein durch alle Lüfte ging: öffnete sie das Fach, nahm die Geige heraus, und spielte vor uns auf

Weitere Kostenlose Bücher