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Zwei Schwestern

Zwei Schwestern

Titel: Zwei Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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ich Sie heute spielen sah, und dieses auch eine Ausnahmsstellung war, so mußte wohl die eine Vorstellung die andere erweken.«
    »Da Sie nie etwas sagten,« erwiederte sie, »so glaubte ich, Sie hätten in der ersten Nacht geschlafen, und nichts von meinem Spiele gehört.«
    Nach diesem Gegenstande sprachen wir von anderen Dingen. Sie fragten mich, wo ich gewesen sei, ich sagte es ihnen, und
    zeigte ihnen die Pflanzen, die ich auf dem Spaziergange gesam
    melt, und in einem Fache bei mir hatte.
    Als wir eine Weile gesprochen hatten, sagte die Mutter: »Jezt müssen wir unserem Gaste doch auch unsere Wohnung zeigen, in welcher ich und Camilla die meiste Zeit des Sommers und fast alle des Winters zubringen. Da er zum ersten Male hier ist, muß er die Sachen schon anschauen, die uns umgeben.«
    Wir waren nehmlich bisher immer nur im äußersten Zimmer gesessen.
    »Kommt, lieber Herr,« sagte sie.
    Ich war bereitwillig, wir standen auf, und gingen durch alle Zimmer.
    Es waren ihrer fünf; drei für die Mutter, und zwei für Camilla. Was mir gleich bei dem Eintritte aufgefallen war, war, daß sie schöner seien, als alle andern. Die Fußböden waren mit neuem eingelegten Getäfel belegt, während alle andern Gemächer des Hauses nur die langen glatt hingehenden Bretter hatten. Alle Geräthe waren neu, und nach den geschmakvollsten Mustern gearbeitet, die Spiegel waren groß und edel, und an den Fenstern hingen große dunkelrothe Falten, hinter denen erst die weißen feinen Vorhänge lauschten. Gegen die Stürme des Winters waren außer den Fenstern noch feine Glaswände im Innern der Zimmer, die man im Sommer öffnen und wie einen Fächer zusammen legen konnte. Neben dem Schlafzimmer der Mutter, das mit allen Bequemlichkeiten ausgestattet, und namentlich mit feinen Teppichen, die den nakten Fuß weich umfangen, reichlich versehen war, befand sich ein Zimmer, das ausschließlich zur Aufbewahrung der Bücher diente. In einem großen die ganze Wand dekenden Kasten waren sie aufgestellt, und hie und da waren gepolsterte Size und Tischchen zum Lesen. Die Bücher hatten lauter alte aber sehr zierliche mit Gold eingelegte und durch die festen Lederstoffe für die Dauer berechnete Einbände. Es sah aus, als wären sie sämmtlich Theile aus einer großen schon durch lange Zeit bestehenden Büchersammlung. Daß mich diese Sache ansprach, daß ich hinzu ging, und um die Erlaubniß bath, näher einsehen zu dürfen, war natürlich. Ich besah die Aufschriften auf dem Rüken der Bücher, und ich machte manche auf, und besah den Inhalt. Da sah ich nun, daß von den Meisterwerken der neueren Nationen fast kein einziges fehlte, daß aber von mittelmäßigen Arbeiten keine einzige da war. Vorzüglich war die Dichtkunst vertreten, dann kamen die Werke belehrenden und betrachtenden Inhalts, dann eigene Fachbücher, und endlich sogar die mit wissenschaftlichem Inhalte. Ein Buch, das zur bloßen lediglichen sogenannten Unterhaltung diente, kam mir gar nicht in die Hände. Auf den Tischchen lagen aufgeschlagene umher, und in anderen, die zugemacht dort waren, staken Streifen Papier oder Seidenbänder, zum Zeichen, daß eben in ihnen gelesen wurde.
    Aus den Zimmern der Mutter gingen wir in die Camillas. Das Bett stand in einer eigenen Vertiefung, die von der andern Wohnung durch einen Vorhang getrennt war. Der übrige Theil der Zimmer war so nett und rein, wie bei der Mutter, ja noch sorgsamer und achtlicher zusammen gehalten. Die Zimmer waren in der äußersten Eke des Hauses gegen den Springbrunnen zu. In dem Ekzimmer, das vier Fenster hatte, und in dem selbst im Sommer die feinen fächerartigen Nothfenster nicht weggenommen waren, standen die Geräthe, die sich auf das Geigenspiel bezogen. Von dem schwersten glattesten Ebenholze stand ein Notenpult fast mitten im Zimmer. Daneben war ein Fachwerk ebenfalls von Ebenholz, das dazu diente, daß man die Notenbücher in dasselbe hinein lege, in dem sie leicht gesehen, und aus dem sie leicht heraus genommen werden konnten. Dann waren noch zwei Tischchen von Ebenholz. Auf ihnen lagen die Fächer, in denen sich die Geigen befanden. Diese Fächer waren von dunkelblauem Sammet, und innerlich mit feuerrother Seide gefüttert. Nur in einem war eine Geige, das andere stand offen, weil die Geige heraus genommen war, und in dem ersten Zimmer der Mutter, in welchem Camilla gespielt hatte, auf dem Claviere lag. Ich bath um die Erlaubniß, das geschlossene Fach öffnen, und die darin liegende Geige betrachten zu

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