Zwei Seiten
nicht zu lächeln. Aber ich musste jetzt stark sein. Es würde nur einen Moment wehtun, dann würde alles gut werden. »Mir geht‘s gut. Ich war etwas im Park spazieren.«
Julia umarmte mich und ergriff anschließend meine Hände. »Gott, du bist ja ganz kalt. Komm, zieh deinen Mantel aus, und ich mach dir einen heißen Kakao.«
Warum war sie bloß so lieb zu mir? Ich senkte den Blick, während ich den Mantel auszog. »Mach dir keine Mühe. Ich möchte mit dir sprechen.«
Julia nickte, nahm mir den Mantel ab und hängte ihn auf. »Lass uns ins Wohnzimmer gehen.«
»Okay«, murmelte ich und folgte ihr.
Wir setzten uns jeweils an ein Ende der Couch.
Julia platzierte ein Bein unter sich und betrachtete mich ernst.
Am besten sagte ich es geradeheraus. Alles andere würde die Sache nur länger und schwerer machen. »Ich werde ausziehen.« Ich studierte intensiv die Couchlehne. Hätte ich Julia angesehen, wäre ich nicht in der Lage gewesen, weiterzusprechen. »Es tut mir leid. Das kommt jetzt sicher überraschend für dich, aber es ist besser so.«
Julia stand auf und ging zum Fenster. Für eine Weile stand sie regungslos da. Irgendwann drehte sie sich um.
Ich vermied es immer noch, sie direkt anzusehen.
»Wenn es dein Wunsch ist zu gehen, kannst du das jederzeit tun. Aber ich will eine Sache: Sag mir ganz ehrlich, warum.«
Gott … sie wusste nicht, was sie da von mir verlangte. Julia stand nach wie vor am Fenster, und ich spürte ihren Blick auf mir. Ich würde Julia nicht anlügen, aber ich hoffte, es auch irgendwie vermeiden zu können, ihr die Wahrheit zu sagen. »Ich kann nicht mehr so mit dir zusammenleben. Es ist falsch.«
»Fühlst du dich von mir bedrängt?« Julias Stimme klang nicht ärgerlich oder vorwurfsvoll. Sondern unglaublich traurig.
»Nein.«
»Dann, bitte, erkläre es mir.« Julia gestikulierte wild mit den Händen. Ihre Stimme klang verzweifelt. »Ich akzeptiere deinen Wunsch, aber bitte … ich will es verstehen.«
Warum konnte sie nicht wütend sein? Mit Anschreien konnte ich leben, aber nicht mit diesem traurigen Tonfall. Ich musste ihr eine Antwort geben. »Solange ich hier wohne, kann ich keinen Freund haben und eine ernsthafte Beziehung beginnen.«
»Und das ist, was du willst?« Julia ballte die Hände zu Fäusten. »Als wir zusammenzogen, schien das für dich noch kein Problem zu sein.«
Da war aber auch alles anders gewesen. Ich war anders gewesen. Nichts, aber wirklich gar nichts, lag mir in diesem Moment ferner, als mit einem Mann eine Beziehung zu beginnen. »Darum geht es nicht. Wir halten uns beide davon ab, jemanden kennenzulernen.«
»Zieh mich da nicht mit rein«, sagte Julia mit angespannter Stimme. »Rechtfertige das, was du tust, mit dem, was du fühlst und willst, und nicht mit dem, was du glaubst, was ich fühle oder will.«
Nun hörte ich einen Hauch Ärger in Julias Stimme und merkte, dass ich doch nicht so gut damit umgehen konnte, wenn sie wütend auf mich war. Auch das tat weh.
»Es geht nicht immer darum, was wir wollen. Manche Dinge, die wir fühlen, sind einfach falsch«, sagte ich mit lauter Stimme. »In solchen Fällen müssen wir auf unseren Verstand hören.«
Julia kam mit schnellen Schritten zur Couch und setzte sich neben mich. Sie nahm meine Hände in ihre und ich betrachtete Julia zum ersten Mal, seit unsere Unterhaltung begonnen hatte. »Was willst du, Scarlett? Und was fühlst du?«
Ich fühlte mich wie in einer Falle. Wie sollte ich da rauskommen, ohne Julia zu sagen, was in mir vorging, und nicht lügen? Nein, sie verdiente die Wahrheit. Wenn unsere Freundschaft schon hier und jetzt enden musste, dann wenigstens ehrlich. »Lässt du mich gehen, wenn ich es dir sage?«
»Wenn es das ist, was du willst.«
Ich nickte und sah Julia tief in die Augen. Gott … diese wunderschönen Augen. Sie würden mir fehlen. »Ich liebe dich.« Julia schnappte nach Luft, doch ich blickte nicht auf und redete weiter. »Ich liebe dich auf eine Art, wie ich dich nicht lieben möchte. Schon seit einer Weile ist mir bewusst, dass … dass ich in dich verliebt bin. Ich war sogar bei einer Psychologin deshalb.«
Julia öffnete den Mund, doch anstatt etwas zu sagen, stierte sie auf ihre zitternde Hand, als ich mit dem Daumen darüberstrich.
»Du bist so ein wundervoller Mensch, Julia. Du verdienst es, mit einer Frau glücklich zu werden. Aber ich kann diese Frau nicht sein. Ich kann nicht leben als …« Ich brach ab. Dieses Wort in Zusammenhang mit mir zu
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