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Zwei Sonnen am Himmel

Titel: Zwei Sonnen am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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sich. »Ich habe dich in ehrlichem Kampf besiegt«, sagte er ernst. »Du hast ein Recht darauf, meinen Sieg zu verhöhnen, nicht aber meine Ehre!«
    Stumm blickte sie ihn an. Die Antwort hatte ihr gefallen. »Du hast Recht«, sagte sie schließlich. »Der Zorn ist schuld an meinen Worten. Du sollst wissen, dass ich in dir den Bewohner von Atlantis, nicht aber den Gegner verachte.«
    Sie schwieg, als die Wachen kamen und ihre Fesseln lösten. Ihre Ketten klirrten, während man sie abführte. Usirs Blicke begleiteten sie. Der Verwirrung, die ihn erfüllte, konnte er keinen Namen geben …
    Der Abend brach herein. Der Himmel färbte sich schon golden, dann purpurrot und schließlich violett. Der riesige Sonnenball war schon längst im Meer versunken, während das unbekannte Gestirn noch immer über dem Horizont funkelte. Dann verschwand auch dieses. Seit einiger Zeit blieben die Nächte hell. Ein sonderbarer blutroter Widerschein in Gestalt einer waagrecht liegenden Sichel verfärbte den Mond, der so nahe zu sein schien, dass auf seiner Oberfläche Schatten und Reliefs mit bloßem Auge klar erkennbar wurden.
    Die See schäumte. Aus dem regelmäßigen Wiegen des Schiffes wurde ein Schaukeln. Die Ruderer atmeten schwer. Viele waren am Ende ihrer Kraft. Als eine kleine Inselgruppe in Sicht kam, gab Torr den Befehl, zu landen und dort die Nacht zu verbringen. Die Krieger hatten Ruhe nötig. Viele waren verwundet und bedurften der Pflege. Fackelsignale wurden ausgetauscht. Der »Riese« steuerte auf die Felsküste zu und suchte einen günstigen Platz, um die Anker zu werfen. Bald konnten die Segel eingeholt werden. In einer windgeschützten Bucht legten die Schiffe an. Die Rudersklaven erhielten Wasser und Verpflegung. Die Krieger gingen an Land und schlugen am Fuß einer Klippe das Lager auf. Die Feuer flackerten purpurrot im weißen Geröll. Sklaven schlugen Zelte für die Offiziere auf, Decken und Kissen wurden ausgelegt. Andere Diener holten Küchengeräte und Essensvorräte herbei. Die erschöpften Krieger lagerten um die Feuer. Sie hatten ihre Rüstungen abgelegt und sich ihrer Waffen entledigt. Ein Arzt kümmerte sich um die Verwundeten, die stöhnend um Wasser baten.
    Torr und seine Leute saßen beim Schein der Fackeln unter einem Zeltdach und zogen die Bilanz dieses harten Tages.
    Usir wusste, dass der Verlust der »Schlange« dem Ansehen seines Onkels einen schweren Schlag versetzt hatte. Während Diener gewürzten Wein in goldenen Bechern reichten, berieten die Männer. Usir hörte schweigend den Gesprächen der Älteren zu.
    Â»Die Tapferkeit unserer Krieger steht außer Frage«, sagte Enak, der Kapitän des »Stier«. »Die Amazonen waren im Vorteil, weil sie als Reiterinnen gegen ein Fußvolk kämpften.«
    Â»Die glühenden Spiegel haben ihrem Vorrücken keinen Einhalt geboten«, sagte Nazu, ein anderer Offizier.
    Sein Gefährte, ein Mann mit dichtem, rötlichem Haarwuchs, aber fügte mit besorgter Miene hinzu: »Eine mächtige Magie muss diese Frauen beschützen!«
    Torr schüttelte den Kopf. Im Halbdunkel glänzten sein langes, lockiges Haar und sein dichter Bart wie schimmernde Kohle. »Es gibt keine Magie. Alles in unserem Leben hat seine Ursachen und findet seine Erklärungen. Die Amazonen sind kampfgewohnt und zu allem entschlossen, wenn sie ihre Insel verteidigen müssen. Wir haben uns allzu sehr auf die Überlegenheit unserer Waffen und unserer Einschüchterungsmanöver verlassen.« Mit zusammengezogenen Brauen dachte er eine Weile nach und sagte dann: »Ein Bündnis mit der Königin Zena würde für unser Geschlecht sehr wünschenswert sein.«
    Erstauntes Gemurmel lief durch die Reihen der Offiziere.
    Â»Das Volk von Atlantis soll sich mit den Barbaren der Inseln verbünden?«, rief Enak von Abscheu erfüllt aus. Torr ließ sich nicht aus der Fassung bringen. »Die Zeiten haben sich geändert«, sagte er ruhig. »Das Königreich Atlantis ist schwach und von inneren Rivalitäten zerrissen. Unser allzu altes Geschlecht hat sich von seiner ursprünglichen Veranlagung entfernt. Auf einen Höhepunkt folgt unweigerlich der verhängnisvolle Niedergang. Eine furchtbare Katastrophe steht uns bevor. Hat uns nicht der Himmel selbst durch das unbekannte Gestirn eine Warnung gesandt?«
    Tiefe Stille folgte

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