Zwei Sonnen am Himmel
auf den Admiral, der sich auf dem Achterdeck mit seinen Offizieren beriet. Die Gesichter der Atlantiden waren zwar undurchschaubar, doch Isa spürte die Sorge, die auf den Männern lastete. Würden sie zurücksteuern und den Kampf wieder aufnehmen? SchlieÃlich entschied der Admiral: »Die âºSchlangeâ¹ ist endgültig verloren, der âºStierâ¹ befindet sich auf dem Rückzug. Wozu soll ich das Risiko eingehen, die Schiffe und die überlebenden Krieger neuen Gefahren auszusetzen?«
Isa erahnte die Worte nur, die die Offiziere miteinander wechselten, doch an den Befehlen, die der Mannschaft erteilt wurden, merkte sie, dass die Atlantiden die Belagerung der Insel aufgaben. Die wilde Freude, die sie überflutete, war von kurzer Dauer. Sie war gefangen! Welch einem demütigen Schicksal fuhr sie entgegen? Ihre Züge verzerrten sich. Sie wollte hundertmal lieber sterben denn als Gefangene leben! Plötzlich strafften sich ihre Schultern. Der Admiral stieg die Stufen vom Oberdeck herunter und kam auf sie zu. Die Falten seines Umhangs blähten sich im Wind. Neben ihm schritt der junge Krieger, der sie entwaffnet und zur Gefangenen gemacht hatte. Isa warf ihm einen hasserfüllten Blick zu. Ihre weiÃen Zähne blitzten, als sie ihm vor die FüÃe spuckte.
Der junge Krieger verzog keine Miene. Er betrachtete sie mit ruhigem, ernstem Blick. Das Gesicht des Admirals war unter dem schwarzen Metall, das Stirn und Wangen bedeckte, kaum zu erkennen. Isa sah nur das Glitzern seiner Augen. Er streckte seinen sehnigen Arm aus und sprach: »Die Amazonen haben die âºSchlangeâ¹, ein Juwel der königlichen Galeeren, in Brand gesteckt. Das Schiff ist verloren. Die Rache des Priester-Königs wird schrecklich sein. Eine Flotte von hundert Schiffen wird die Insel umzingeln. Euer Heer wird zermalmt werden, eure Stadt zu Staub verwüstet. Die Ãberlebenden werden bis ans Ende ihrer Tage ein Dasein als Sklaven fristen.«
Er hatte eine seltsame Stimme, eine Stimme, die trotz seines Grolls nicht laut war, gar nicht laut sein konnte. Dennoch spürte Isa, wie sich ihre Arme mit Gänsehaut überzogen. »Feigling!«, zischte sie und zerrte an ihren Fesseln.
Zum ersten Mal vernahm Usir ihre helle, kindliche Stimme.
»Ihr lasst eure Krieger im Stich, um eure Schiffe in Sicherheit zu bringen. Wir Amazonen würden das gesamte Heer einsetzen, um eine Einzige von uns aus der Gefahr zu retten!«
Der Hieb saÃ! Isa sah, wie der Admiral die Kiefer zusammenpresste. Seine tiefe Stimme wurde noch tiefer. »Wer bist du, um mir in solchem Ton zu antworten?« Die smaragdgrünen Augen blitzten vor Hochmut. »Ich bin von Adel. Adliger als du, Admiral. Und auch adliger als du, eitler Grünschnabel!« Damit wandte sie sich an Usir, der unter der Beleidigung errötete. »Ich bin die Tochter der Königin Zena. Meine Mutter wird die Schmach, die mir angetan wurde, sühnen!«
Ein Raunen lief durch die Reihe der Offiziere, die sich in einiger Entfernung versammelt hatten. Usir spürte sein Herz schneller schlagen. Er hatte die Amazonenprinzessin, die Erbin des Inselreiches, gefangen genommen!
Torr neigte gelassen das Haupt. »Bedenke, du wirst dich vor dem Priester-König für den Verlust unseres Schiffes zu rechtfertigen haben.«
Zur allgemeinen Verwunderung lachte ihm Isa ins Gesicht. »Was kann euer Priester-König mir antun? Er kann mich töten lassen. Aber was bedeutet das schon? Für eine Amazone ist ein langsamer oder schneller Tod jederzeit ein Freund. Wie könnte ich ihn fürchten? Du aber, Admiral, und du, unreifer Knabe, ihr habt den Zorn der Königin Zena zu fürchten, denn das Volk der Amazonen vergisst eine Beleidigung niemals. Wenn unsere Kriegerinnen Poseidonis angreifen, wird von eurer Stadt nur noch ein rauchender Aschenhaufen übrig bleiben!«
Torrs Geduld war erschöpft. Brüsk wandte er sich ab. Er gab Befehl: »Bringt sie in den Kielraum. Die Gefangenschaft wird ihren Starrsinn schon brechen.« Gefolgt von seinen Offizieren entfernte er sich mit steifen Schritten.
Usir allein blieb zurück. Er konnte den Blick nicht von dem Mädchen wenden. Sie war schön und wild wie eine Leopardin. Wider Willen bewunderte er ihren Mut. »Nun denn. Worauf wartet das Hündchen«, spottete Isa. »Will es seinem Herrn nicht folgen?«
Usir erbebte unter der Beleidigung. Seine schwarzen Augen verengten
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