Zwei Sonnen am Himmel
ich den Bau einer neuen Galeere befehlen. In dreiÃig Tagen soll sie fertig sein und in See stechen. Ich werde ihr den Namen âºAmazoneâ¹ geben, als Ehrung, als Erinnerung und auch ⦠als Warnung.«
Die dunkel glühenden Augen richteten sich auf Isa. Sein tiefes, amüsiertes Lachen lieà ihr das Blut in die Wangen steigen.
»Ich stelle mir schon die Galionsfigur vor. Eine Galionsfigur mit honigblondem Haar, deren Antlitz in unzerstörbarer Modellierung den Winden und Stürmen trotzen wird â¦Â«
In den Augen tanzten jetzt nicht mehr rötliche Pünktchen, sondern eine so tiefe Schwärze erfüllte sie, dass sie wie zwei in die Endlosigkeit geöffnete Fenster erschienen. Isa versuchte seinem Blick auszuweichen, aber ihre Augen vermochten sich diesem Bann nicht zu entziehen. Ein leises, sehr grausames Lächeln verzerrte den Mund des Priester-Königs.
»Am Bug einer königlichen Galeere zu deinem Volk zurückzukehren - ist das nicht höchste Ehrung und Würdigung deines Mutes? Doch sei unbesorgt - ich liebe es nicht, Schönheit leiden zu sehen. Dein Tod wird sanft sein. In einem Augenblick, da du es nicht erwartest, wird man dir ein Pulver in den Wein mischen. Du wirst nichts spüren. Und dann werden meine Leute sich an die Arbeit machen, die sie gewohnt sind. Sie kennen die Kunst, den Körper so zu präparieren, dass er wie lebendig aussieht. So wird deine Schönheit bewahrt bleiben und du wirst den Jahrhunderten trotzen. Dein nach einem geheimen Verfahren einbalsamierter Körper - diese Kunst ist ebenso alt wie unser Geschlecht - wird dann in das reinste, kostbarste Metall versenkt und niemand wird einen Unterschied feststellen können, ob das so entstandene Werk das Genie eines Künstlers schuf ⦠oder ob es aus der erhabenen Vollkommenheit der Natur hervorging.«
Die Standbilder!, dachte Isa. Die Standbilder vor dem Palast! Blitzartig sah sie jene sonderbar menschlichen Züge wieder vor sich, die seltsamen Einzelheiten der Hände und FüÃe. War es möglich, dass auf den Marmorsockeln nicht Statuen standen, sondern durch geheimnisvolle Vorgänge verjüngte menschliche Körper, die mit kostbarem Metall umhüllt waren und so bis in alle Ewigkeit erhalten blieben?
Ãbelkeit erfasste sie. Alles drehte sich um sie. Doch dann zwang sie sich ihren Blick von den Augen des Priester-Königs zu lösen und sich auf die anderen Dinge im Halbschatten des Saales zu konzentrieren: die grünen Säulen, den mächtigen Thron des schwarz gekleideten Mannes und die prunkvollen Umhänge des Admirals und Usirs, die immer noch zu FüÃen des Herrschers knieten. Es schien Isa, als habe der junge Mann eine Bewegung angedeutet. War es Empörung oder Entsetzen? Sie hätte es nicht sagen können. Schon starrte er wieder hartnäckig zu Boden, als ob sein Geist von einem Geist beherrscht würde, der mächtiger war als der seine und ihn in lähmende Erstarrung zwang. »Nun denn, Prinzessin! Sagst du nichts dazu?«, fragte die Stimme des Priester-Königs freundlich.
Isa betrachtete seine Hände auf den Armlehnen des Throns. Die glänzenden Nägel streiften den Basalt mit kratzendem Geräusch. Würgend stieà sie hervor: »Was könnte ich darauf antworten?«
Atlar lächelte immer noch und zeigte dabei seine sehr weiÃen, sehr spitzen Zähne. »Es ist bedauerlich, dass wir trotz unserer umfassenden Kenntnisse noch keine Möglichkeit entdeckt haben, eine Stimme festzuhalten. Welch ein Vergnügen wäre es für unsere Ohren, die Stimme eines Menschen wieder erklingen zu hören, der schon seit langem gestorben ist! Deine Stimme, Prinzessin, ist sanft und herb zugleich, wie das Fell einer Katze. Was sie sagt, ist nicht von Bedeutung. Mir genügt es, ihren Klang zu vernehmen â¦Â«
Er hob gebieterisch die Hand. Die spiegelblanken Nägel funkelten.
Torr und Usir richteten sich mit mechanischer Steifheit auf und standen mit gebeugten Schultern da.
»Ihr seid müde. Ihr werdet Ruhe nötig haben. Zieht euch in eure Gemächer zurück, wo alles zu eurer Erholung vorbereitet ist. Ich werde, Admiral, das Vergnügen haben, dich zu einer neuerlichen Unterredung zu empfangen, wenn du dich von deinen Strapazen erholt hast. Zu einer ⦠freundschaftlichen Unterredung an einem angenehmeren Ort, der meine Stimmung günstiger beeinflusst, denn ich bin müde und krank.
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