Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zwei Sonnen am Himmel

Titel: Zwei Sonnen am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
Vom Netzwerk:
zu wahren …« Er schwieg eine Zeit lang gedankenvoll, dann fuhr er fort: »Ich habe es dir immer verheimlicht, weil ich dich schützen wollte. Doch jetzt ist es an der Zeit, dass du die Wahrheit erfährst. Komm!«
    Er erhob sich und ging mit schwerfälligen Schritten in das Nebengemach, das als Schlafraum diente. Durch einen Vorhang war das Bad zu sehen, türkisblau und mit Tintenfischen bemalt. Torr ging um das breite Ruhebett herum, das mit Silbereinlagen und kunstvollen Schnitzereien verziert war. Er näherte sich der Wand, legte die Hand auf eine der Platten und tastete darüber mit leichtem Fingerdruck. Ein leises Geräusch ertönte, die Platte glitt zur Seite. Eine Öffnung wurde sichtbar, die mit polierten Ziegelsteinen ausgelegt war. Darin stand ein kleines elfenbeinernes Kästchen. Torr holte tief Luft. Langsam und ehrfurchtsvoll nahm er das Kästchen heraus und stellte es auf einen Tisch. Usir sah gespannt zu, als er mit behutsamem Fingerdruck den Deckel zurückschob. Ein einziges Schmuckstück kam zum Vorschein. Usirs Augen weiteten sich vor ungläubigem Staunen: War es nicht der gleiche Ring mit den goldenen Schlangen, den der Priester-König als Zeichen seiner Macht und Würde trug?
    Â»Was ist das für ein Schmuckstück?«, stammelte er.
    Torrs Augen schienen sich ins Leere zu verlieren. »Es ist der heilige Ring des atlantidischen Königsgeschlechts. Das Wahrzeichen ihrer Herrschaft über Land und Ozean.«
    Usirs Herz pochte gegen seine Rippen. »Aber … einzig der Priester-König hat das Recht, diesen Ring zu tragen …«
    Torr sah ihm voll ins Gesicht. Langsam und düster kamen die Worte über seine Lippen. »Atlar trägt nur eine Nachbildung des echten heiligen Ringes, den du hier siehst.«
    In Usirs Kopf dröhnte es. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen. Mühsam bewegte er die trockenen Lippen. »Aber wie kommt dieser Ring in deinen Besitz?« Torrs Blick wirkte wie in weite Fernen gerichtet, als er antwortete: »Er gehörte deiner Mutter.«
    Tiefe Stille folgte seinen Worten.
    Plötzlich schweiften Torrs Augen wiederum unablässig wachsam durch den Raum.
    Da glaubte Usir, seinem Blick folgend, zu sehen, wie einer der goldbestickten Vorhänge sich bewegte. Er legte die Hand an den Griff seines Zierdegens und durchquerte das Gemach mit raschen, lautlosen Schritten. Blitzschnell riss er den Vorhang zur Seite. Aber es hielt sich dort niemand versteckt. Aufatmend ließ Usir den Stoff wieder fallen und steckte seinen Degen in die Scheide zurück.
    Â»Was könnten wir gegen Atlar unternehmen?«, fragte er leise.
    Torr hob müde die Schultern. Seine Stimme klang wie von weit her. »Nichts. Nichts können wir gegen ihn unternehmen. Ich spüre bereits den Schatten des Todes. Du hingegen hast nichts zu befürchten.«
    Usir runzelte die Brauen. »Aber warum sollte der Priester-König ausgerechnet mich verschonen?«
    Mit ausdrucksvoller Gebärde breitete Torr seine schwieligen Hände aus. »Atlar braucht einen Nachfolger für mich. Er erkennt in dir den Wert meiner Erziehung und weiß, dass du der Mann bist, den er sucht.«
    Usir beobachtete ihn scharf. Er kannte seinen Onkel genügend, um zu wissen, dass dieser ihm nicht die volle Wahrheit sagte. Die Erschütterung ließ ihn seine anerzogene Zurückhaltung vergessen.
    Â»Ich glaube, du verschweigst mir etwas«, stieß er hervor.
    Â»Es muss noch einen anderen Grund geben. Etwas, das sich meinem Wissen entzieht …«
    Im sinkenden Abendlicht sah er, dass Torrs Stirn von einem Schweißfilm bedeckt war.
    Â»Ja«, sagte er schließlich, »du hast Recht, es gibt noch einen anderen Grund. Einen Grund, den Atlar vielleicht ahnt. Aber bevor er nicht Gewissheit hat, wird er sich dir gegenüber wohlwollend zeigen. Doch sollte er jemals die Wahrheit erfahren, ist dir der Tod auf der Stelle sicher.«
    Usir starrte schweigend auf seinen Onkel, dessen Züge die stolze Unbeugsamkeit und Gelassenheit verloren hatten und nur noch Besorgnis, Angst und Schmerz ausdrückten.
    Â»Und meine Mutter …«, begann Usir. Er unterbrach sich, unfähig weiterzureden.
    Â»Deine Mutter war Atara, die Tochter Abatakals, des letzten rechtmäßigen Priester-Königs von Atlantis.« Usir öffnete den Mund, aber er brachte keinen Ton über die Lippen.
    Torrs Blicke hefteten sich auf den Ring, den er

Weitere Kostenlose Bücher