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Zwei Sonnen am Himmel

Titel: Zwei Sonnen am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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den flehenden Ausdruck ihrer Augen.
    Â»Edler Herr!«, stammelte schließlich der Ranghöchste.
    Â»Hab Erbarmen mit uns! Denunziere uns nicht beim Priester-König. Diese Barbarin ist listig wie ein Schakal! Sie hat eine Dienerin halb totgeschlagen, um entweichen zu können. Wir werden unsere Wachsamkeit verdoppeln.«
    Â»Das geht nur euch etwas an«, sagte Usir trocken. »Ich verlange, dass die Amazone mit äußerster Strenge bewacht wird. Dennoch wird euch der Zorn des Priester-Königs treffen, solltet ihr die Gefangene rücksichtslos oder gewalttätig behandeln!«
    Sein Blick schweifte zu Isa hinüber. Ihre Lippen waren hart zusammengepresst und ihre Augen schienen ins Leere zu starren. Sie verriet mit keiner Miene, ob sie die Worte Usirs verstanden hatte.
    Er machte eine herrische Gebärde. »Führt sie ab!«
    Als Usir in seine Gemächer zurückkehrte, war der Morgen schon weit vorgeschritten. Seit dem Auftauchen des neuen Gestirns waren im Wechsel der Jahreszeiten merkwürdige Veränderungen vorgegangen. Das milde Frühsommerwetter mit seinen kühlen Nächten war einer drückenden Hitze gewichen, die sich wie ein Bleideckel über die erschöpften Menschen in der Stadt herabsenkte. Kein Windhauch wehte in den offenen Palastgängen und der Duft von Wohlgerüchen verstärkte noch das Gefühl, fast ersticken zu müssen.
    Usir schritt langsam, denn seine Wunde schmerzte. Ein Arzt hatte sie ihm behandelt und verbunden. In einigen Tagen würde der Schnitt wieder vernarbt sein. Durch die Ereignisse der letzten Stunden hatten sich Usirs Gedanken von Torr gelöst; doch jetzt überfiel ihn wieder die nagende Unruhe. Der Admiral war noch nicht von der Audienz zurückgekehrt. In den Gemächern herrschte völlige Stille. Das glühende Sonnenlicht schimmerte auf den purpurnen Türvorhängen und den elfenbeinernen Verzierungen der Zimmerdecke. Wieder überkam Usir dieses unerklärliche Gefühl des Grauens, das nicht aus einer greifbaren Gefahr entstand, sondern in dem unbestimmten Ahnen von etwas Entsetzlichem seine Ursache hatte.
    Im Halbschatten regte sich etwas. Der kleine Affe mit dem blau gefärbten Fell schwang sich geräuschlos von Möbelstück zu Möbelstück. Er warf sich wie verängstigt in Usirs Arme und drückte sich an seine Schulter. Usir spürte, wie das Tierchen zitterte.
    Wo war Torr?
    Stunde um Stunde verging. Es war Mittag geworden, die Sonne stand glühend im Zenit. Das bedrohliche Gestirn neben ihr flimmerte in hartem, farblosem Glanz. Usir saß auf einem Ruhebett und starrte vor sich hin. Ihm war, als verursachte sein Atmen in der Stille ein allzu lautes Geräusch.
    Stoff raschelte leise. Usirs Hand griff instinktiv nach seinem Dolch. Die Nutzlosigkeit seiner Gebärde gegen die dunkle, ihn umgebende Gefahr wurde ihm plötzlich bewusst und er lächelte geringschätzig.
    Die Falten eines Türvorhangs glitten auseinander. Kihoro erschien.
    Â»Wo bleibt denn dein Herr?«, fragte ihn Usir in hartem Ton.
    Kihoro senkte die Augen. »Die Audienz ist noch nicht beendet.«
    Â»Wird sie noch lange dauern?«
    Â»Ich weiß es nicht, Herr«, erwiderte Kihoro schlicht und Usir bereute seine Frage.
    Er fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. Er war durstig, er war plötzlich entsetzlich durstig. Sein Verstand wehrte sich gegen die unheilvollen Ahnungen, die ihn überfielen. Was hatte Torr gesagt? »Ich habe mein Todesurteil in den Augen des Priester-Königs gelesen. Die Zusammenkunft, die er mir einzuräumen wünscht, wird die letzte sein …«
    Immer beklemmender drang die Furcht in Usirs Herz. Sein Kopf schmerzte noch mehr als seine Wunde und er fragte sich, ob er Fieber hätte.
    Â»Bring mir Wein!«, befahl er dem Diener. »Und lass mich allein.«
    Die Säulen standen schattenlos in der Hitze. Der kleine Affe rollte sich auf ein Kissen zusammen und schlief ein.

13
    Eine Lichtwelle breitete sich langsam über dem Meer aus. Goldschimmernde Wolken zogen dahin. Dann zitterte ein perlmutterfarbener Schein am Himmelssaum und der erste Sonnenstrahl blitzte wie eine weiß glühende Klinge über dem Horizont auf.
    Die Wächterin richtete sich auf, machte einige Bewegungen, um ihre erstarrten Muskeln zu lockern. Dann bückte sie sich und stocherte mit der Lanzenspitze in der noch warmen Asche. Sie entfachte die Glut und warf einige

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