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Zwei Sonnen am Himmel

Titel: Zwei Sonnen am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Die Luft pfiff um seine Ohren. Er schlug aufs Wasser auf und sank wie ein Stein in die graugrüne, schlammige Dunkelheit. Mit einem heftigen Stoß seiner Ferse bremste er seinen Fall und kämpfte sich an die Oberfläche. Seine Hand riss den Dolch heraus, der in seinem Gürtel steckte. Unmittelbar vor ihm wühlte die dreieckige Flosse das Wasser in Strudeln auf. Usir atmete tief ein und tauchte. Unter Wasser schwimmend ließ er sich auf eine Begegnung mit dem Ungeheuer ein, von dem er über sich den dicken, weißen Bauch und die wogenden Flossen sah. Er schnellte vor. Sein Dolch bohrte sich tief in den Bauch des Hais. Mit einer raschen Bewegung zog er die Waffe aus der Wunde. Der Haifisch drehte sich mehrere Male in einem Wirbel von Blasen um sich selbst und zog ihn in seinen Sog. Betäubt und geblendet stieß Usir nochmals mit aller Kraft zu. Ein Schlag der Flosse, die schneidend scharf wie eine Klinge war, riss ihm das Bein auf. Stechender Schmerz durchfuhr seinen Schenkel. Rings um ihn wurde das Wasser trübe und dunkel. Der sich krümmende Hai beschrieb einen Halbkreis und ging dann zum Angriff über. Usir sah die starren Augen, das offene Maul, die doppelte Zahnreihe. In seinen Ohren brauste es. Rote Lichter kreisten vor seinen Augen. Plötzlich schwamm über seinem Kopf ein anderer dunkler Riesenkörper. Usir sah den weiß glänzenden Leib eines zweiten Haifisches, der wie ein gigantischer Speer durch das Wasser glitt und sich auf das verwundete Tier stürzte. Seine Zähne bohrten sich in das Fleisch und rissen große Fetzen heraus.
    Usir stieß sich ab und schoss zum Licht empor. Seine Lungen brannten. Sein Kopf tauchte über dem Wasser auf und er japste - dem Ersticken nahe - nach Luft. Sein Herz pochte zum Zerspringen und sein Bein schmerzte höllisch. Plötzlich sah er Isa in kurzer Entfernung vor sich an der Oberfläche schwimmen. Sie schien die Flucht aufgegeben zu haben und er verstand, warum: Ein Gitter hatte sich aus dem Gemäuer der Brücke in die Lagune heruntergesenkt und den Zugang zum Meer abgeschlossen.
    Mit einigen Stößen gelang es ihm, die junge Amazone einzuholen. Sie schaute ihn mit ungläubigem Staunen an. Usir packte sie an den nassen langen Haaren, zog ihr brutal den Kopf nach hinten und setzte ihr die Spitze eines Dolches an die Kehle. »Tu so, als ob ich dich überwältigen wollte!«, zischte er. »Sonst sind wir verloren!« Die grünen Augen weiteten sich immer mehr. Usir ahnte, dass sie verzweifelt nach einer Möglichkeit suchte, doch noch zu entkommen; aber sie musste wohl langsam einsehen, dass es keinen Ausweg gab. Ihr Körper entspannte sich.
    Usir holte keuchend Atem. »Schwimm an Land!«, flüsterte er. »Schnell! Sonst schicken sie noch mehr Haie heraus!«
    Wortlos fügte sie sich. Usir schwamm neben ihr. Er hatte seine Umklammerung gelöst, bedrohte das Mädchen aber noch immer mit seinem Dolch - zum Schein, denn er wusste, dass man sie beobachtete.
    Leise fragte er: »Wo hält man dich gefangen?«
    Sie warf ihm einen raschen Blick zu und antwortete ebenso leise: »Im westlichen Palastflügel, oberhalb der großen Terrasse. Ich konnte entfliehen …«
    Â»Versuch es nicht noch einmal allein«, sagte Usir. »Ich werde dir helfen.«
    Wieder traf ihn ihr durchdringender, abschätzender Blick. Isas Erziehung befähigte sie dazu, den jungen Atlantiden bis ins Kleinste zu durchschauen. Denn eine Amazone lernt vor allem eins: das Wesen eines Menschen oder eines Tieres schnell und unfehlbar zu erkennen.
    Â»Hab Vertrauen!«, wiederholte er eindringlich.
    Sie nickte wortlos. Ihr Gesicht zeigte jetzt eine leichte Röte.
    Inzwischen waren auf dem Säulengang, der die Lagune umgab, einige Wächter aufgetaucht. Sie warfen ein Seil herunter, das Usir im Fallen auffing und um Isas Taille knotete. Triefend wurde das Mädchen hochgezogen. Einen Augenblick später kletterte Usir ebenfalls über die Brüstung. Er bezwang seine Erschöpfung und den Schmerz in seinem Bein, an dem das Blut aus einer tiefen, klaffenden Wunde rann, und richtete sich mit scharfen Worten an die Männer.
    Â»Diese Frau ist meine Gefangene! Eure Nachlässigkeit hat es ihr erlaubt, die Flucht zu ergreifen. Ich werde noch heute dem Priester-König darüber Bericht erstatten.« Verlegen senkten die Wächter die Köpfe. Zwischen den Schlitzen des Visiers sah man nur

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