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Zwei Sonnen am Himmel

Titel: Zwei Sonnen am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Prüfungen stehen euch bevor, aber der schwarze Stein wird euch beschützen.«
    Sie schwieg und holte tief Atem. Ein eigentümliches Glitzern lag in ihren Augen.
    Â»O meine Königin«, unterbrach Leia die lastende Stille, »werden wir dich jemals wieder sehen?«
    Der Anflug eines Lächelns umspielte Zenas Lippen. Ihre Hand legte sich flüchtig auf die Schulter der Frau. »Wir wollen dem Schicksal die Entscheidung überlassen. Bewahrt mein Andenken, aber beweint mich nicht. Und nun, lebt wohl! Von jetzt an ist die Zukunft eure einzige Heimat.«
    Sie wandte sich ab, durchquerte den Kreis, der sich schweigend vor ihr öffnete, und ging zum Strand hinunter. Ihre nackten Füße hinterließen kaum sichtbare Spuren im Sand. Die Feldflasche aus Ziegenleder und den Dolch an ihrem Gurt, bestieg sie mit ihren drei Begleiterinnen das Boot und ergriff die Paddel. Die zurückbleibenden Amazonen standen in dichten Reihen am Strand. Nicht das leiseste Flüstern war zu vernehmen. Nur das Wasser schlug gurgelnd an die Klippen, während sich der Schatten der Piroge im gleißenden Licht entfernte …
    Die Zeit verstrich. Die Sonne stieg höher und mit ihr stieg auch das unbekannte Gestirn. Je weiter der Morgen fortschritt, umso unerträglicher brannte ihr Widerschein auf dem Wasser. Der Himmel schien farblos, das Meer weiß glühend wie schmelzendes Blei. Manchmal durchzuckten sonderbare Lichter den Dunst. Trotz der fast erstickenden Hitze und der vollständigen Windstille kam die Piroge gut voran. Die Amazonen wechselten kein Wort miteinander. Ihre sehnigen Arme bewegten die Paddel mit ruhiger, unermüdlicher Kraft. Plötzlich - es musste gegen Mittag sein - rief Tula, eine der Frauen: »Da, schau nur, meine Königin!«
    Es ereignete sich etwas Sonderbares. Die beiden Sonnen hatten sich einander so weit genähert, dass ihre weiß glühenden Massen wie zu einem einzigen Gestirn zusammenschmolzen. Und plötzlich verdunkelte sich diese gewaltige Sonne auf ungeheuerliche Weise: Ein Schattenband glitt über die phosphoreszierende Kugel, wurde größer und größer, und ein Loch schien sich am Himmel aufzutun. Fahle, verschwommene Röte färbte die Ränder des Abgrunds, aus dem flammende Zungen hervorschossen.
    Es beginnt, es hat schon begonnen, dachte Zena. Angst presste ihr die Kehle zusammen. Würde sie noch rechtzeitig ihr Ziel erreichen und ihre Aufgabe beenden können?
    Â»Nehmt eure Paddel, schnell!«, befahl sie den vor Schreck wie gelähmten Frauen. Sie gab ein Beispiel und begann aus allen Kräften zu rudern. Schweiß rann in warmen Tropfen über ihren Rücken.
    Jeder Lichtquelle beraubt glich der Himmel einer wasserdichten Kapsel, die sich um das reglose Meer schloss … Doch plötzlich begannen die Fluten zu erzittern. Langsam und schwer bäumten sich die Wogen auf. Es war, als ob in der Tiefe des Wassers eine Kraft erwachte, die in regelmäßigen, schweren Bewegungen den schlafenden Ozean aufwühlte. Mächtig, aber ohne Stöße, ohne Gischt, hoben die Wogen die Piroge empor, bevor sie fast lautlos zum Horizont verliefen. Das Boot schwankte wie eine Nussschale auf dem gespenstischen, stummen Ozean. Zena las das Entsetzen auf den Gesichtern der Frauen.
    Â»Nur Mut!«, rief sie. »Wir werden es schon bewältigen!« Und dann spürte sie, wie sie ebenfalls von einer nie gekannten Panik ergriffen wurde: Mitten am Tag tauchten an dem verdunkelten Himmel Sterne auf und an Stelle der Sonne war nur noch eine runde, klaffende, von Garben bläulicher Blitze umgebene Höhlung sichtbar …
    Und plötzlich war alles vorbei. Die unheilvollen Schatten verschoben sich. Es kam den fasziniert staunenden Amazonen vor, als wohnten sie der Geburt einer neuen Sonne bei, die rein und makellos den Himmel mit ihrem kristallklaren Licht erhellte. Und im Augenblick, da der Schatten sich endgültig verzog, war auch das Zwillingsgestirn wieder da. Nur hatte es seinen Platz gewechselt. Es leuchtete nun über der Sonne, die von seiner blendenden Helligkeit fast ausgelöscht erschien. »Heute wird sich nichts mehr ereignen«, sagte Zena mit fester Stimme. Instinktiv spürte sie, dass keine Gefahr mehr drohte. Hatte überhaupt eine solche bestanden? Das Phänomen, dem sie soeben beigewohnt hatten, war nur ein Teil der Zeichen, die dem großen Ereignis vorausgingen, nicht aber das Ereignis

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