Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zwei Sonnen am Himmel

Titel: Zwei Sonnen am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
Vom Netzwerk:
Dann holte er tief Luft und durchschritt das geöffnete Gittertor. Dahinter erblickte er einen zweiten Eingang, von schwarzen Vorhängen verdeckt, über dem sich ein schwerer Torbogen spannte. Usir schob den Stoff beiseite und trat ein.
    Ein Raum mit wuchtigem Gewölbe tat sich vor ihm auf. Usir unterdrückte einen Ausdruck der Verwunderung. Die mit dunkelblauem Mosaik ausgelegten Wände sowie das Deckenrund waren nicht mit den üblichen Blumen und Tiermotiven geschmückt, sondern zeigten die südliche Himmelshemisphäre mit ihren Sternbildern. Die Umrisse sämtlicher Konstellationen waren in echtem, blinkendem Silber eingraviert. Am unteren Gewölberand zog sich ein Relief hin, das die Schriftzeichen einer ihm unbekannten Sprache wiedergab. Schlanke Säulen, deren Kapitelle mit schweren Silberplatten verziert waren, unterteilten den Raum.
    Auf einem Ruhebett aus schwarzem Ebenholz, in ein weißes schmuckloses Gewand gekleidet, lag Atlar. Im Halbdunkel zeichnete sich die elfenbeinerne Blässe des Antlitzes des Priester-Königs ab, aus dem die funkelnde Glut seines Blicks kontrastierend aufleuchtete. Usir war das vorgeschriebene Ritual bekannt, das verlangte, dass sich jeder vor dem Priester-König auf den Boden zu werfen hatte. Doch er blieb aufrecht stehen und rührte sich nicht. In tiefem Schweigen hörte er den Priester-König atmen.
    Plötzlich drang ein leises, raues Lachen über Atlars Lippen. Er hob die Hand. Der Smaragdring glänzte im Spiel des aufgefangenen Lichts.
    Â»Sei willkommen, König von Atlantis«, sagte er. »Tritt näher!«

16
    Im Raum herrschte völlige Stille und doch vermeinte Usir das ferne Rauschen der Brandung zu hören. Dann wurde ihm bewusst, dass es das eigene Blut war, das in seinen Ohren dröhnte. Er stand wie erstarrt. Und während sein Herz fröstelte, fühlte er den Schweiß in klebrigen Bächen über seinen Rücken rinnen. Er wusste nicht, wie lange er so dagestanden hatte, unfähig sich zu rühren oder einen klaren Gedanken zu fassen.
    Schließlich verflog das Dröhnen in seinem Kopf, die Dunkelheit wich von seinen Augen. Er konnte wieder frei denken und sprechen. »Es ist dir also nicht verborgen geblieben?«, fragte er mit rauer Stimme.
    Atlar lächelte, wie man einem Kind zulächelt. »Ich habe es schon immer gewusst. Du wunderst dich sicherlich darüber. Aber ich höre und sehe alles, was in meinem Palast vor sich geht. Meine Blicke durchdringen das Herz und den Geist aller Menschen, die mich umgeben. Ihre geheimsten Wünsche offenbaren sich mir und ich lese in ihren Gedanken wie in einem aufgeschlagenen Buch.« Unwillkürlich war Usir einen Schritt zurückgewichen, denn er hatte den Eindruck, dass Atlar tatsächlich mit den Mächten der Finsternis im Bündnis stand. Seine Hand legte sich auf den vertrauten Griff seines Dolchs. Die Berührung gab ihm seinen Mut zurück.
    Â»Und warum hast du dann nicht nach meinem Leben getrachtet?«
    Atlars Miene überzog ein plötzliches, heimtückisches Grinsen. »Es belustigt mich, zu sehen, wie Torr im Geheimen seine Ränke schmiedete. Er kam sich sehr schlau vor, unser Herr der Schiffe! Sehr schlau und sehr selbstsicher …«
    Seine Augen wurden schmal.
    Â»Ich wollte feststellen, wie weit er sich vorzugehen wagte. Vielleicht war es eine Schwäche von mir, ihn gewähren zu lassen? Doch ich hatte beschlossen dich zu verschonen, solange du über deine wahre Herkunft in Unkenntnis warst.«
    Usir warf seinen Mantel über die Schulter zurück. Er hob die Hand und hielt sie dem Priester-König entgegen. Zwischen den goldenen Schlangenleibern funkelte der Smaragd als klarer, grüner Stern.
    Atlars Lächeln erlosch. Usir sah, wie seine Nasenflügel bebten.
    Â»Sieh da! Der heilige Ring ist also in deinem Besitz. Ich habe lange nach ihm gesucht. Ich ahnte, dass Torr ihn verborgen hielt. Es hätte Mittel gegeben, um ihn zum Sprechen zu zwingen, aber der Mann war mir zu standhaft. Er hätte es vorgezogen, zu sterben, statt das Geheimnis preiszugeben. Mir war er lebend nützlicher als tot …«
    Ein gepresster Atemzug hob seine Brust.
    Â»Wie dem auch sei, den Ring der Macht wirst du nicht lange tragen.«
    Â»Ich kam, um dich zu töten«, sagte Usir.
    Â»Ich weiß«, erwiderte Atlar gelassen. »Doch diese Mühe kannst du dir ersparen.«
    Usir starrte ihn an. Die

Weitere Kostenlose Bücher