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Zwei Sonnen am Himmel

Titel: Zwei Sonnen am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Und dann funkelten in einem Tal metallene Kuppeln. Ihr Glanz war so stark, dass er wie ein goldfarbener Schimmer durch die purpurne Staubschicht strahlte.
    Zena blieb stehen. Leicht neigte sie den Kopf und hustete. Ihr Antlitz war von Schweiß und rotem Staub bedeckt. »Poseidonis …«, sagte sie leise. Dann nahm sie ihre Feldflasche vom Gürtel. Und zu ihren Gefährtinnen gewandt fügte sie lächelnd hinzu: »Jetzt könnt ihr trinken.«

15
    Usir seufzte und reckte sich schweißgebadet. Seine Hände glitten über das feine Linnen, das mit Staub bedeckt war. Er öffnete die Augen und richtete sich mit einer Grimasse des Ekels auf. Der rote Staub - er lag auf Betten, Fliesen und Teppichen. Man konnte sich nicht von ihm befreien. Es war noch früh am Morgen, aber die beiden riesigen Sonnen strömten eine solche Hitze aus, dass man den brennenden Hauch eines Schmelzofens zu verspüren glaubte. Mit leerem Kopf erhob sich Usir von seinem Lager, auf das er in der vergangenen Nacht, erschöpft vor Verzweiflung und Sorge, hingesunken war.
    Torr war schon seit zwei Tagen nicht mehr aufzufinden. Niemand hatte ihn gesehen. Entgegen der bei Hofe üblichen Etikette hatte Usir mehrere Male Kihoro ausgeschickt, um Nachricht über den Admiral einzuholen. Die Antwort war immer die gleiche gewesen: »Der Herr der Schiffe befindet sich beim Priester-König.«
    Dann - am gestrigen Nachmittag - war plötzlich das Unwetter hereingebrochen. Die unteren Hafenanlagen waren überschwemmt worden. Selbst im Palast war das Tosen der gewaltigen Wassermassen zu hören gewesen. Usir erinnerte sich schaudernd an die Geräusche, die aus dem Inneren des Erdbodens gedrungen waren. Es hatte geklungen, als ob ein ungeheurer Prellbock die Grundfesten der Burg erschütterte. Auf den Straßen und in den Häusern hatten sich Szenen voller Panik und Entsetzen abgespielt. Viele Menschen hatten die Flucht ergriffen.
    Schließlich hatte das Unwetter nachgelassen, aber eine eigentümliche Folgeerscheinung beunruhigte die Leute: Ein zäher, klebriger Sandstaub hatte sich über die Stadt gesenkt. Das Brunnenwasser nahm eine rötliche Färbung an. Vögel fielen tot vom Himmel. Sand, der stark nach Salpeter roch, knirschte in den Speisen, klebte auf der Haut, brannte in Augen und Kehlen. Man munkelte, dass eine Seuche ausgebrochen war.
    Usir strich sich aufseufzend das wirre Haar aus dem Gesicht. Sein Schlaf war so tief und bleiern gewesen, dass ihm jäher Verdacht aufkam: Hatte man seinem Trunk ein Schlafmittel beigemischt?
    Taumelnd und völlig benommen stand er auf und rief nach Kihoro. »Richte mir ein Bad! Schnell!«
    Er musste sich entspannen, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Er spürte instinktiv, dass eine furchtbare Katastrophe nahte. Die Zeit drängte; noch heute musste er handeln. Er hatte ein doppeltes Ziel vor Augen: Torr wiederzufinden und Isa zu befreien.
    Der Baderaum war von duftendem Dampf erfüllt, das Wasser jedoch trübe und rot und brachte kaum Erfrischung. Als er aus dem Bad stieg, wurde er abgetrocknet, gesalbt und gekämmt. Kihoro brachte ihm eine bestickte Tunika, auf der Sandstaub in den purpurnen Fasern klebte. Während der Diener ihn ankleidete, vernahm er ein seltsames Geräusch: Es war ein lang gezogenes Heulen, ein Stöhnen, das aus dem Innern der Mauern zu dringen schien.
    Usir runzelte ungehalten die Brauen. »Weißt du, was das ist?«
    Â»Das sind die Klageweiber, o Herr«, antwortete Kihoro.
    Â»Die Priesterinnen haben den Untergang von Atlantis vorausgesagt, noch bevor die Sonne dreimal ins Meer sinkt …«
    Usir biss sich auf die Lippen. Jetzt galt es erst recht, keinen Augenblick mehr zu verlieren. »Ich brauche dich nicht mehr«, sagte er zu Kihoro und dieser zog sich schnell zurück.
    Usir blieb allein. Er fühlte sich neu gestärkt. Sein Plan war gefasst. Er trat in Torrs Schlafgemach und betätigte die Vorrichtung, die das Geheimfach freilegte. Das elfenbeinerne Kästchen kam zum Vorschein. Usir nahm den Ring heraus und betrachtete ihn lange, während ein bitteres Lächeln seine Lippen umspielte. Er war der letzte Erbe eines alten Geschlechts, Herrscher über ein Land, das Feuer, Wasser und Schlamm verwüsten würden … »Verzeih mir, Mutter«, sprach er halblaut, »mir bleibt nur wenig Zeit, um dir Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.«
    Dann streifte er sich den

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