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Zwei Sonnen am Himmel

Titel: Zwei Sonnen am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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verschließen. Es gibt auch noch andere, unüberwindbare Schranken …«
    Wieder spürte Usir, wie es ihm kalt über den Rücken lief. Er suchte Isas Blick, doch sie sah teilnahmslos an ihm vorbei. Atlar schüttelte leicht den Kopf.
    Â»Nicht ich erteilte den Befehl, die Haie herauszulassen. Der Torheit eines Wachthauptmanns ist dieser bedauernswerte Vorfall zuzuschreiben. Der Mann wurde übrigens bestraft.«
    Er näherte sich Isa und hob die Hand. Seine perlmutterfarbenen Nägel strichen über ihren nackten Arm. Isa rührte sich nicht, aber Usir sah, wie sich ihr Arm mit Gänsehaut überzog.
    Â»Ich kann Grausamkeit nicht ertragen«, fuhr Atlar fort.
    Â»Sie schmerzt mich, wie wenn ich sie am eigenen Leib verspürte …«
    Seine Augen flackerten. Schweißperlen traten auf seine Stirn. Er klatschte abermals in die Hände. Der Diener erschien und Atlar sagte nur ein Wort. Der Sklave brachte einen schwarzen, sehr weiten, leichten Kapuzenmantel, den er dem Priester-König über die Schultern legte. Die seiden glänzenden Falten umhüllten ihn bis zu den Fersen. Dann wandte er sich den jungen Leuten zu und sagte mit seltsamem Unterton: »Unter all denen, die in meinem Palast leben, seid ihr die Ersten, die gewisse Dinge zu Gesicht bekommen werden …«
    Wieder das leichte Kichern. Aber sein Blick traf Usir mit der Heftigkeit eines Dolchstoßes.
    Â»Folge mir, König von Atlantis! Mir bleibt nur noch wenig Zeit, um dich in die Geheimnisse deines Reiches einzuweihen.«

17
    Mit kaum hörbarem Geräusch zog der Diener die Flügel eines bronzenen Gittertors, das hinter einem Vorhang verborgen lag, zur Seite. Usir sah eine schmale steinerne Treppe, die in der Tiefe in einen Gang führte. Unzählige Stufen lagen vor ihnen. Über der Treppe rundete sich ein Gewölbe, dessen Wände einen bläulichen, leicht phosphoreszierenden Glanz ausstrahlten, als würden sie von einer inneren Lichtquelle erleuchtet. Usir erinnerte sich, dass er, um zu den Gemächern des Priester-Königs zu gelangen, unaufhörlich emporgestiegen war. Jetzt dagegen wanderten sie über die in Stein gehauenen Stufen immer weiter in die Tiefe. Der Gang war so still, dass selbst der leiseste Schritt an den Wänden widerhallte und als schwaches Echo von der Deckenwölbung zurückgeworfen wurde. Selbst die hier eingeschlossene Luft war von schweren Ambraund Moschusdüften durchdrungen. Der Gang hatte etwas Unheimliches und Beklemmendes an sich. Das schwach leuchtende, ungehauene Gestein wirkte wie das Werk von Riesen. Die Stufen schlängelten sich immer weiter abwärts.
    Der Priester-König schritt voraus und führte Isa an der Hand. Sie folgte ihm wie eine Schlafwandlerin. Doch nach und nach merkte Usir, wie sich ihre Züge belebten. Ihre Schultern strafften sich. Ihr Blick, kurz zuvor noch trübe und wie erloschen, richtete sich mehr und mehr mit zornigem Erstaunen auf den Priester-König. Plötzlich entzog sie ihm mit heftiger Bewegung die Hand.
    Atlar blieb stehen und betrachtete sie. Sein Gesicht lag im Schatten, doch Usir hörte ihn amüsiert auflachen. »Sie ist wieder zu sich gekommen«, sagte er. »Nun, ich bin nicht unglücklich darüber.«
    Isa starrte ihn an wie jemand, der aus tiefem Schlaf erwacht und nur mühsam in die Wirklichkeit zurückfindet. »Wo sind wir hier?«, stieß sie hervor. »Wohin führt uns dieser Weg?«
    Atlars Augen glitzerten unter der Kapuze. »Nur noch etwas Geduld, Prinzessin, du wirst es bald wissen.«
    Er wandte sich ab und ging weiter mit fast geräuschlosen, federnden Schritten. Die jungen Leute wechselten einen Blick. Usir sah zu seiner Erleichterung, dass die Amazone wieder bei klarem Verstand war. Ihre Augen deuteten auf den Dolch an seiner Seite, doch Usir schüttelte leicht den Kopf, wie um zu sagen: Nein, jetzt noch nicht.
    Der Schatten des Priester-Königs glitt vor ihnen über die Mauern und löschte jeweils für Augenblicke den bläulichen, aus dem Gestein dringenden Schimmer. Endlich hatten sie die Treppe hinter sich gebracht. Der sich nun vor ihnen öffnende Gang schlängelte sich geradezu durch das unterirdische Gemäuer. Je tiefer sie eindrangen, umso mehr spürten sie den Geruch von Meersalz und Algen, der die wohlriechenden Düfte zunehmend verdrängte. Auch nach Schlamm und modrigen Gewässern roch es. Immer enger und

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