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Zwei Sonnen am Himmel

Titel: Zwei Sonnen am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Wirklichkeit nur dem Zweck diente, neue Sklaven zu erbeuten. Im tiefsten Herzen empfand Usir diesen Raubzug als seiner selbst unwürdig und des Admirals noch unwürdiger. Doch der Wille des Herrschers über Atlantis galt als Gesetz. Niemand hätte es gewagt, sich ihm zu widersetzen.
    Wieder erscholl an Deck ein Befehl. Die Krieger kletterten über die Reling und setzten ihre Füße auf die noch feuchten Ruder. Vorsichtig stiegen sie ins klare Wasser, das ihnen bis zur Hüfte reichte, und näherten sich dem Strand. Ihre in der Sonne glänzenden Schwerter und Schilde trugen sie auf dem Kopf. Usir hörte, während er sich dem Ufer näherte, den Sand unter seinen Füßen knirschen. Bleierne Stille lastete ringsum. Kein Vogelruf ertönte. Dennoch witterte der wachsame Instinkt Usirs eine Gefahr. Aufmerksam durchspähten seine Augen den nun ganz nahen Wald. Da sah er etwas aufblitzen. Im selben Augenblick drang, lautlos wie ein Trugbild, eine Gruppe schwarzer Pferde aus dem Hochwald. Dunkelhäutige Frauen saßen auf den Reittieren, Straußenfedern schmückten ihre Helme und bebten im Meereswind. Eine einzige der Frauen war blond. Unter ihrem elfenbeinernen Helm fiel eine honigfarbene, glänzende Haarfülle über den weißen Mantel, der ihre Schultern umhüllte. Sie ritt einen weißen Hengst und hielt eine lange Reitpeitsche in der Hand.

2
    Auf den weißen Klippen stehend, die den Strand beherrschten, hatte die Wächterin, auf ihre Lanze gestützt, die Galeeren der Atlantiden wie purpurne Felsen über den Fluten auftauchen sehen. Das Antlitz der Frau zeigte nicht die geringste Aufregung. Ihre Augen, die es gewohnt waren, ins Licht der Sonne zu blicken, blinzelten kaum in der Helligkeit, während sie das Herannahen der feindlichen Schiffe beobachtete. Als sie sich überzeugt hatte, dass diese - anstatt weit draußen vorüberzuziehen - auf die Insel zusteuerten, trat die Frau zu ihrem Pferd, das im Gebüsch angebunden war. Sie band ihr Reittier los und schwang sich mit einem leichten Sprung auf seinen Rücken. Von einem Hagel von Kieselsteinen umgeben eilte die Reiterin den schmalen Abhang hinunter, der zum Wald führte, und ritt im Galopp in den erstickenden Halbschatten des gelb verfärbten Unterholzes. Sie trug eine kurze Tunika aus Gazellenfell und um den Hals eine Kette aus Haifischzähnen. Ein lederner Riemen hielt ihr dichtes, dunkles Haar im Nacken zusammen.
    Kein Lufthauch regte sich in den Bäumen der waldbedeckten Hügel. Es roch nach Harz, Myrrhe und Blüten. Die Frau ritt an einer Schlucht entlang, in deren Tiefe ein grüner Gebirgsbach strömte. Das Rauschen des Wassers übertönte das Geräusch der Hufe auf dem Geröll. Der Schatten der Blätter an den dicken, knorrigen Ästen glitt über das starre Gesicht der Frau, die jetzt ihr Reittier über einen mächtigen Steinblock lenkte, der es ermöglichte, den Bach zu überqueren. Dann jagte sie das Tier im leichten Galopp den Berghang hinauf.
    Nach einigen Augenblicken erreichte sie eine steile Granitwand, über die sich der Bach brausend ins Tal ergoss. Er stürzte in Schwindel erregender Höhe von einer Felsspalte aus in ein fast kreisrundes Granitbecken. Das Laub der Bäume spiegelte sich im Wasser und gab ihm eine smaragdgrüne Färbung. Der tosende Wasserfall schäumte in Myriaden von spritzenden Funken, während ein feiner, durchsichtig grüner Sprühregen wie ein schimmerndes Gewebe über die Felswand rieselte.
    Die Frau zügelte ihr Pferd. Ihre Augen suchten aufmerksam das Dickicht ab, als plötzlich ein Mädchen aus dem Dunkel des Waldes heraustrat. Sie lief dem Wasser entgegen und verharrte dann einen Augenblick im leuchtenden Sonnenschein.
    Sie mochte etwa sechzehn Jahre alt sein. Außer einem Lendenschurz und einer Kette aus Tierkrallen war sie vollkommen nackt. Ihre Haut war hell und glänzte wie Gold. Ihr honigblondes Haar fiel in ungestümen, federnden Wellen über ihre Schultern. Einige Atemzüge lang stand sie regungslos mit erhobenen Armen am Rand des Beckens. Dann tauchte sie mit einem kraftvollen, graziösen Sprung ins Wasser und die Tropfen sprühten regenbogenfarbig auf. Ihr Körper teilte das sonnenglitzernde Nass, glitt immer tiefer dem Grund entgegen, der mit Wasserpflanzen durchzogen war. Eine Hüftwendung brachte sie wieder an die Oberfläche. Sie schwamm und drehte sich

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