Zwei Toechter und drei Hunde
Profil. Seit sie mit Buddy in der Stadt studiert, ist sie noch bedeutend hübscher geworden. Ein feiner, durchgeistigter Zug hat sich hinzugesellt. Die Mama allerdings hatte behauptet, sie sehe einfach »blaß und spitz aus, weil sie in der Stadt hockt, zuviel lernt und sich alles für den Bengel abknapst, und Jungs in dem Alter sind überhaupt nicht satt zu kriegen. Ganz abgesehen von der jungen Liebe, die ja besonders hungrig macht...« An dieser Stelle war sie von Frauchen gestoppt worden, die von jeher behauptet, in unserer Familie herrsche ein Hang zur Deutlichkeit, der von niemandem außer uns — der Mama und mir — geschätzt würde.
In diesem Fall konnte ich der Mama nicht recht geben. Junge Liebe, viel Lernen und verstänkerte Stadtluft — stimmte alles. Aber außerdem war da noch dieses andere, schwer zu Beschreibende. Fraulich verklärt, das könnte es so ungefähr treffen. Das große Glück gesicherter Liebe und gemeinsamer Arbeit.
Gerade dieser Ausdruck aber ist aus ihrem Gesicht verschwunden, als sie jetzt neben mir sitzt. Sie sieht nachdenklich und verbissen aus.
»Na?« fragte ich. »Wo brennt’s?«
»Ach — Colonel!!!«
Sie richtet sich auf, schlingt die Arme um die Knie und wiederholt: »Ach, Colonel!«
»Das hast du schon mal gesagt. Soll ich dir helfen? Krach mit Buddy? Geht er etwa fremd?«
Ihre Augen flammen: »Wie kommst du denn da drauf? Das überläßt er Marc.«
»Hör mal zu, mein Äffchen, ich entsinne mich, daß wir vor einiger Zeit schon mal über Marc sprachen und daß du dich sehr aufgepustet hast, als ich ihn nur so ‘n bißchen in Schutz nahm. Damals sagte ich dir...«
Sie lächelt mich kläglich an: »>Paß auf<, sagtest du, >daß du nicht eines Tages auch in so ‘ner Falle sitzt.< Ich hab’ so oft dran denken müssen in den letzten Tagen.«
»Schlimm?«
»Ziemlich.«
»Dann schieß los; wer weiß, wie lange wir allein sind.«
Sie holt tief Atem: »Also, es ist so: Wir haben unter anderem einen Professor, für römisches Recht. Er prüft uns auch darin, und man sagt zweierlei von ihm: daß er erstens streng und zweitens rachsüchtig ist. Sonst, als Mann, ist er ganz passabel, sechsunddreißig Jahre, sehr tüchtig, äußerlich zwar nicht mein Typ, unverheiratet...«
»Er hat doch nicht etwa ein Auge auf dich geworfen?«
»Er hat. Und er läßt mich glatt durchfallen, wenn ich ihn einfach abblitzen lasse.«
»Na, na, na, so einfach geht das ja nun auch nicht. Woher weißt du denn überhaupt, daß der Mann sich so weit vergessen würde?«
»Das fühl’ ich! Außerdem ist römisches Recht meine schwächste Stelle.«
»Na, das klingt schon anders, aber willst du denn den Kerl heiraten, bloß um das Examen zu bestehen?«
»Nein — nein, Colonel! Ich will das Examen bestehen, ohne ihn zu heiraten und ohne überhaupt irgendwas mit ihm anzufangen! Buddy will ihn natürlich verdreschen, daß er in keinen Sarg mehr paßt, aber dann sind wir beide erledigt! Und da habe ich ihm gesagt, er soll mit dem Verdreschen warten, ich will erst mal mit dir sprechen, ob es nicht vielleicht auch anders geht!«
»Das war richtig. Hast du’s deiner Mutter erzählt?«
»Ja...«
»Na, das klingt aber sonderbar!«
Sie seufzt: »Ach, du weißt doch, wie Mütter sind. >Überlege dir das gut, mein Kind<, heißt es. >Dein Buddy in allen Ehren, aber ihr müßt mindestens sieben Jahre warten, bis ihr heiraten könnt — und bis dahin — und andererseits — ansehnlicher Mann —< Ansehnlich! wie ich das Wort schon hasse! Und schließlich wurdest du noch zitiert, daß so ein Altersunterschied von fünfzehn oder zwanzig Jahren gar nichts ausmache.« Sie mustert mich argwöhnisch: »Womöglich meinst du das auch in diesem Fall?«
»Kommt auf den Mann an. Außerdem ist es die Pflicht deiner Mutter, dir das alles zu bedenken zu geben«, erkläre ich würdevoll. »Und wenn eine deiner Töchter später in dieselbe Situation kommt...«
»Könnten wir das nicht noch vertagen, Colonel?«
»Sei nicht frech, Göre.« Dann kann ich mir das Grinsen nicht länger verkneifen: »Wie heißt der Kerl eigentlich?«
»Zimmermann, Enrico Zimmermann.«
»Enrico Zimmermann! Das klingt wie Sekt und Käsebrot.«
»Er hatte eine italienische Mutter.«
»Na, wennschon. Dann hätte ich mich entweder hinten Casanova oder vorn Heinrich genannt.«
»Er hat einen Haufen Bücher geschrieben. Du hast sicher schon von ihm gehört.«
»Kein Wort, Gott sei Dank.«
»Aber er hat mehrere Bücher von dir gelesen
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