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Zwei Toechter und drei Hunde

Zwei Toechter und drei Hunde

Titel: Zwei Toechter und drei Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G Bentz
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Nachmittag sage ich zu Frauchen: »Ich fahre Donnerstag zu Burghard, wegen des letzten Aktes vom Fernsehspiel. Märker soll auch dasein.«
    Ich gehe rasch, bevor ihr noch irgendwelche Fragen einfallen. Ich darf nicht vergessen, Burghard zu impfen, falls sie bei ihm anruft...

    In meinem Zimmer stehe ich eine Weile unschlüssig herum. Auf dem Tisch liegt mein neuer Roman, aber ich habe keine rechte Ruhe dazu. Die Probleme der beiden Kinder (das sind sie in meinem Innern noch immer) wälzen sich in meinem Herzen umeinander und machen es schwer.
    Addi winkt mir von drüben, als sie mich in der Terrassentür stehen sieht. Wahrscheinlich will sie mir jetzt ihr Mutterherz ausschütten, aber ich fühle mich dem ebensowenig gewachsen wie meinem Roman.
    Plötzlich will ich, fast wie in einer Panik, weg von hier, von allen weg, ‘raus in den Wald. So winke ich Addi freundlich zu, als hätte ich sie mißverstanden, gehe nach oben und verkünde, daß ich in den Wald führe, um Pilze zu suchen. Die Pilzsaison ist für mich ein Höhepunkt des Jahres, und da man weiß, daß mit mir in dieser Beziehung nicht zu spaßen ist, beschränkt man sich auf die Bitte, ich solle auf dem Rückweg ein Paket >Welpenfutter< mitbringen.
    Weffi und Peti haben >wegfahren< gehört und sitzen erwartungsvoll Seite an Seite vor meinen Füßen. Sie wedeln um die Wette. Ich streichele ihre Köpfe — jeden mit einer Hand, damit sich keiner benachteiligt fühlt, und sage: »Es geht nicht, Kinderchen, Herrchen will in den Wald, und da sind diese Brüder mit den Schießprügeln, die kleine Hunde totschießen.«
    Ich gehe in die Garage, stehe eine Weile bewundernd vor meinem frisch polierten alten 220er, der auf den Namen Boxie hört, fahre dann Frauchens weißen Sportwagen (der >Weißpferdl< heißt) hinaus und rolle ab.
    Zehn Minuten später nähere ich mich der aus zwanzig Bauernhöfen bestehenden Großstadt Pfungsbichl, die das Zentrum meiner geheimen Pilzreservoire bildet. Als leidenschaftlicher Sammler kennt man ja jede einzelne Stelle weit herum. Sehr oft aber muß man entdecken, daß man Konkurrenz hat, die man aus ganzem Herzen zum Teufel wünscht. Meist bekommt man sie nie im Leben zu sehen, obwohl man sich die Galle über sie herausärgert.
    Nur einmal habe ich einen von ihnen getroffen. Es war im vorigen Herbst und die Saison für Halimasche und Maronen, Steinpilze nur noch gelegentlich und dann meist groß und entsprechend verwurmt. Wir trafen uns also. Er ging etwas vornübergebeugt und hatte einen gestutzten graumelierten Kinnbart. Offenbar auch ein Intellektueller, wie ich aus seiner gepflegten Sprache und dem Umstand schloß, daß er genau die gleiche Pilzkameradschaft heuchelte wie ich. Wir verglichen unsere beiderseitige Beute. Er hatte bedeutend mehr. Darauf empfahl ich ihm dringend eine Richtung, in der nach meiner Erinnerung noch nie ein Pilz gewachsen ist. Er jedoch erklärt, einen so großmütigen Tip könne er unmöglich annehmen und werde sich mit der Gegend begnügen, in der er sich augenblicklich befinde. Wir schüttelten uns die Hand, wünschten uns Pilz-Heil, und er entfernte sich erfreulicherweise genau in der Richtung, aus der ich kam und alles abgesucht hatte. Da wir uns erst im letzten Moment sichteten, hatte er nicht bemerkt, woher ich kam. Allzuviel Schaden] konnte er also nicht anrichten. Wenigstens ein kleiner Trost!
    Mir hingegen blieb anstandshalber nichts übrig, als zumindest zu Beginn selbst in die von mir empfohlene Richtung zu entschreiten. Später konnte ich ja einen Haken schlagen... Ich ging also ein paar hundert Meter in dieser Richtung und sah mich dann vorsichtig um. Er sah sich auch gerade vorsichtig um, und beide winkten wir uns herzlich zu. Dieses Biest! Er traute mir also nicht, weil er wahrscheinlich eine ebenso schwarze Seele hatte wie ich. Und plötzlich mußte ich laut lachen, lachen über diesen Urmenschen von affenartiger Schläue und Bosheit, der da in meinem Unterbewußtsein aufgetaucht war.
    Während ich noch so über mich selbst lachte, sah ich vor mir im Moos ein braunes Köpfchen, sammetmatt auf einem kräftigen gelben Rumpf: eine junge Marone. Ich klappte andächtig das Messer auf und schaute dabei in die Runde: da drüben zwischen die Wurzeln einer riesigen Tanne geklemmt, ein ganz großer, fetter Brocken! Er hatte einen wahren Schlangenhals entwickelt, um aus seinem Wurzelversteck doch noch ans Licht gucken zu können. Und rundherum — Maronen — Maronen — Maronen — junge Ziegenlippen

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