Zweifel
starrte auf ihre Zehen. Ihre Finger, die sie in den Stoff ihrer Jeans gekrallt hatte, begannen zu zittern.
Beunruhigt streckte Sam seine Hand aus und legte sie vorsichtig auf die des Mädchens. »Karen?«
Sie hob den Blick und ihre vor Angst und Schock geweiteten Augen richteten sich auf Sams Gesicht.
»Etwas hat ihn geholt«, flüsterte sie. »Alles wurde plötzlich dunkel und verschwommen, und dann... dann hat sich der Boden geöffnet und etwas kam raus. Und dann... und dann hat es Patrick gepackt und ihn in den Boden gezogen. Dann war es weg und Patrick war weg und ich hab‘ gesucht und gesucht, aber ich hab‘ den Ort nicht mehr wiedergefunden.« Zitternd und keuchend sog Karen den Atem ein, bis ein Schluchzen aus ihr hervor brach. »Sie werden ihn nicht finden. Er ist tot, ich weiß es. Dieses Ding... das war... das war...«
Sam wusste, was es war. Alle Härchen auf seinem Körper richteten sich auf, während ihm ein eisiger Schauer den Rücken hinunter lief. Als er zur Seite blickte, sah er seine eigene Todesangst auf Ceciles Gesicht reflektiert.
Cecile glitt vom Sofa hinunter und kniete sich neben den Stuhl des Mädchens. »Alles in Ordnung, Liebes?«
Karen antwortete nicht auf die Frage. »Denken Sie, dass ich verrückt bin? Alle anderen glauben das.«
Die blauen Augen des Mädchens bettelten um Verständnis und Mitgefühl und genau das empfand Sam auch, als er sie ansah. Sie war unglaublich einsam, denn ihr war ein Wissen aufgebürdet worden, das ihre Lehrer, ihre Schulkameraden und selbst ihr liebender Vater weder glauben noch begreifen konnten. Sam kannte dieses Gefühl nur zu gut. Auch er hatte die misstrauischen Blicke und die geflüsterten Hänseleien am eigenen Leib erfahren müssen, bevor er gelernt hatte, über die seltsamen Dinge zu schweigen, die ihm von Zeit zu Zeit widerfahren waren.
»Nein, du bist nicht verrückt«, sagte Sam zu ihr und legte dabei seine ganze Überzeugungskraft in seine Stimme. »Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, was genau du gesehen hast, aber was immer es auch war, wir werden es finden. Und wir werden unser Bestes tun, um es aufzuhalten.«
Er hatte nicht vorgehabt, so etwas zu sagen, aber jetzt, nachdem die Worte einmal da waren, würde er sie auch nicht zurücknehmen. Auch wenn dieses Versprechen nicht geplant gewesen war, wurde es dadurch nicht weniger aufrichtig. Cecile runzelte die Stirn, widersprach ihm aber nicht.
Stattdessen erhob sie sich und legte eine Hand auf Karens Schulter. »Wir hatten noch einige andere Fragen, aber ich denke das hat sich erledigt. Danke, dass du mit uns gesprochen hast, Karen.«
»Hier ist unsere Nummer.« Sam stand auf, zog eine Visitenkarte aus seiner Tasche und reichte sie Karen. »Falls dir noch irgendwas einfällt, von dem du glaubst, dass es für uns wichtig sein könnte, oder falls du Fragen an uns hast, dann zögere nicht, uns anzurufen. Okay?«
»Okay.« Karen schenkte ihm ein zaghaftes Lächeln. »Danke. Danke, dass Sie mir geglaubt haben.«
»Keine Ursache.« Sam erwiderte das Lächeln und wünschte gleichzeitig, er könnte ihren Augen diesen verzweifelten, verlorenen Ausdruck nehmen. Kein sechzehnjähriger Teenager sollte so einen Ausdruck in den Augen haben müssen. »Wir bleiben in Verbindung.«
Als sie zur Wohnungstür gingen, kam Gene so energisch aus dem Schlafzimmer gestapft, dass Sam sich fragte, ob er ihr Gespräch belauscht hatte. Schweigend folgte er ihnen zur Tür hinaus und schloss diese, kaum dass sie den Flur betreten hatten. Er kreuzte die Arme vor der Brust und fixierte sie mit einem strengen Blick.
»Jetzt hören Sie mal zu«, sagte er. »Ich weiß, dass Sie nur versuchen zu helfen. Aber ich sage es Ihnen im Guten, ich werde auf gar keinen Fall zulassen, dass Sie diese Wahnvorstellungen meiner Tochter in irgendeiner Weise unterstützen. Sie hat schon genug durchgemacht, auch ohne dass Menschen wie Sie hier auftauchen und ihr das Gefühl geben, dass diese Dinger wirklich echt gewesen sein sollen.«
Cecile setzte an, etwas zu sagen, aber Sam unterbrach sie. »Warum glauben Sie, dass es eine Wahnvorstellung ist? Erfindet Ihre Tochter immer verrückte Geschichten oder sieht sie andauernd Dinge, die nicht real sind?«
Gene runzelte die Stirn, man konnte förmlich sehen, wie der Ärger in ihm hochkochte. »Ich denke, Sie sollten jetzt besser gehen.«
»Wir sind schon weg«, fiel Cecile ein, bevor Sam noch etwas sagen konnte. »Danke, dass wir vorbeikommen durften.«
Cecile umfasste Sams Handgelenk
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