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Zweilicht

Zweilicht

Titel: Zweilicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blazon Nina
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zuversichtliches Lächeln ab. »Na gut, immer noch kein Zeichen von ihnen. Aber der Wind bläst nicht mehr ganz so stark, es sieht so aus, als würde der Sturm nachlassen. Bestimmt holen sie uns schon morgen.«
    Faye seufzte und fuhr fort, die Tragestangen an Dornröschens Sarkophag zu befestigen. Es war still geworden in den letzten Tagen. Sogar Columbus, der sonst am meisten sprach, sagte nicht mehr als nötig. Und in Jays Gegenwart verstummten sie alle noch mehr. Seit ihrem Gespräch vor einigen Tagen hatten Ivy und er kaum mehr als ein paar Worte miteinander gewechselt. Es war, als stünde eine Glaswand zwischen ihnen, und Ivy konnte nur von außen zusehen, wie er mit seinem neuen Leben kämpfte, als wollte er es niederringen. Er beschwerte sich nie, aber jeder sah, dass ihm gerade die selbstverständlichsten Dinge am schwersten fielen. Er würgte den getrockneten Fisch, von dem sie lebten, mühsam hinunter und trank das Flusswasser nur widerwillig. Am meisten setzte ihm die Dunkelheit zu. Nachts saß er mit weit geöffneten Augen da, bis die Erschöpfung ihn für ein, zwei Stunden übermannte. Es war ein stummer Kampf, dem zuzusehen beinahe wehtat. Immerhin tat er alles, um ihnen bei den letzten Arbeiten zu helfen. Vor einigen Tagen hatten sie alle gemeinsam die Schlafende in die Echsenhalle geschafft. Ungerührt träumte die dunkelhäutige Frau in dem jahrtausendealten Sarg von derselben Welt, in der auch Jay gelebt hatte. Aus irgendeinem Grund konnte Ivy nicht daran denken, ohne ein mulmiges Gefühl zu haben. Wenn Jay vor dem Sarkophag stand und Dornröschen nachdenklich betrachtete, spürte Ivy besonders deutlich, wie eine hungrige Magie um das Museum strich, Ritzen und Schwachstellen suchte, um hineinzugelangen.
    In den Nächten blieb sie wach, verstreute Redwood-Samen und wob mit Gedanken und Worten einen Tarnmantel für die kleine Gruppe. Aber auch jetzt, bei Tag, schien ein kühler Hauch in der Halle die Gedanken und Sorgen zu verwirbeln wie eine Brise vor dem Sturm. Das ist Jay , dachte sie . Er bringt diese Unruhe mit sich. Sie folgt ihm wie ein Hund. Und auch die Gespenster haften an ihm. Es war nicht gerade beruhigend, daran zu denken. Fieberhaft ging sie noch einmal Weg um Weg durch und fragte sich, ob sie auch alle Fallen und Pfade wirklich gut genug verborgen hatte.
    »Schau mal, das habe ich heute im vierten Stock gefunden.« Fayes Stimme riss sie aus ihren Gedanken. »Wir brauchen es nicht, aber die Kleinen werden sich darüber freuen, meinst du nicht auch?«
    Sie hob einige Perlenketten und zwei Holzmasken hoch. Eine davon hielt sie sich vor das Gesicht und sah nun aus wie ein seltsam lächerlicher Dämon.
    Bei der Vorstellung, wie Fayes Kinder damit spielten, musste Ivy lächeln. »Du weißt schon, dass sie uns damit den ganzen Winter über auf die Nerven gehen werden?«
    Faye lachte, aber es war ein nervöses Lachen, das ihre Sorge nur schlecht verbarg.
    Ivy war ihr dankbar, dass sie ihr keine Vorwürfe machte. Sie versuchte, ihrer Stimme einen beruhigenden, zuversichtlichen Klang zu geben. »Wir kommen rechtzeitig zurück. Wir haben noch viel Zeit, vertraue mir. Es kann noch Wochen dauern, bis der Schnee kommt.«
    Faye nickte etwas zu bereitwillig und fuhr hastig damit fort, die Winterbeute zusammenzupacken. Sie hatte die Zeit gut genutzt und auf den letzten Erkundungsgängen noch viel Nützliches zusammengetragen. Dazu gehörten warme, raschelnde Jacken aus einem glatten, schreiend bunten Kunststoff und Schuhe. Beides hatte Faye in einem wasserdichten Lagerraum aufgestöbert. Die Dinge hatten die lange Zeit nahezu unbeschadet überstanden.
    Ivy legte ihren Speer und ihren Waffengürtel ab und ging um die Echsenskelette herum. Ihr Herz machte einen Satz, als sie Jay entdeckte. Er kniete hinter dem Podest und schnürte Decken und weitere Jacken zu einem großen Bündel zusammen. Obwohl er sich verbissen abmühte, auch den linken Arm zu gebrauchen, gelang es ihm nur schwer, das Bündel zusammenzuhalten. Ivy verharrte mit klopfendem Herzen und betrachtete ihn.
    Das Federband hatte er sich wie einen Gürtel um die Hüften geschlungen. Ansonsten trug er wieder stur die Kleidung aus seiner eigenen Zeit, eine ehemals blaue, jetzt aber ausgebleichte und vergilbte Hose, die seine langen, muskulösen Beine betonte, und eine schwarze Jacke aus einem weichen, flauschigen Kunststoff. Die Pelzjacke, die Columbus ihm gegeben hatte, zog er dagegen niemals an. Als würde er sich in die Vergangenheit hüllen

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