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Zweilicht

Zweilicht

Titel: Zweilicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blazon Nina
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es kostete sie einige Beherrschung, ganz beiläufig zu antworten. »Wirklich? Den Eindruck habe ich gar nicht. Du hast ja gesehen, er kann gar nicht schnell genug vor mir weglaufen. Außerdem steht er immer noch unter ihrem Bann. Er nimmt keine andere wahr, selbst wenn er wollte, könnte er das nicht.«
    »Dafür sieht er dich aber erstaunlich oft an, wenn du gerade nicht hinschaust. Ich wette, er erinnert sich nur zu gut daran, dass du ihn geküsst hast. Vielleicht ist der Bann gar nicht mehr so stark, wie du dir einredest? Immerhin war er stark genug, um vor ihr zu fliehen.«
    Jetzt konnte sie nicht verhindern, dass ihr das Blut in die Wangen schoss. Noch mehr ärgerte sie sich über das sichelschmale, hinterhältige Lächeln ihrer Schwester. »So rot wirst du nie, wenn ich von den anderen Jungs spreche. Ich hoffe doch sehr, du wirst Jay küssen?«
    Ivy schüttelte verärgert den Kopf. »Kein guter Trickster kann sich solche Dummheiten leisten.«
    »Aber du hast ihn doch schon einmal …«
    »Ja, weil ich keinen Ausweg mehr wusste, um ihn Madison vergessen zu lassen! Der Kuss war nur ein Mittel, um ihn aus der Trugwelt zu wecken, nichts weiter, und das weißt du genauso gut wie ich.« An der Art, wie Faye nun die Augenbrauen hochzog, konnte sie erkennen, dass sie heute erbärmlich schlecht log. Hastig sprach sie weiter. »Es war wichtig, ihn zu uns zu holen, zum ersten Mal können wir mit jemandem aus der Zeit vor dem Weltende sprechen. Weißt du, was das für unsere ganze Kolonie bedeutet? Vielleicht finde ich mit seiner Hilfe heraus, wie ich uns noch besser schützen …«
    »Magst du ihn gar nicht mehr? Ich erinnere mich da an eine gewisse Nacht, in der meine kleine Schwester mit leuchtenden Augen erzählt hat, wie gut der Fremde ihr gefällt. Und ich finde, du hast nicht übertrieben. Er ist wirklich ein hübscher Kerl. Er ist zwar jähzornig und stolz, und er hat so etwas Aufbrausendes und Wildes, und dennoch kann er sanft sein. Ich glaube, er hat ein weites Herz. Sonst würde er kaum so leiden, meinst du nicht?«
    Ivy schwieg. Eines hatte Faye auf jeden Fall geschafft: Jetzt musste sie an die Begegnung denken, bei der er sie umarmt und an sich gezogen hatte, und an seine Nähe, die sie immer noch verwirrte, obwohl sie sich nicht wünschen durfte, ihm noch einmal so nahe zu kommen.
    Betont gleichgültig zuckte sie die Schultern. »Ich werde aus ihm nicht schlau. Er weiß, dass seine Welt vergangen ist, aber statt zu trauern, ist er nur zornig. Er hat nicht ein einziges Mal um seine Toten geweint.«
    »Würdest du weinen?«
    Das hatte gesessen. Ivy biss sich auf die Zunge und sparte sich eine scharfe Antwort.
    »Weißt du, warum ich noch hier bin und nicht bei Tom und den Kindern?«, sagte Faye sanft. »Weil Jay mir ein Geschenk gemacht hat. Nach so langer Zeit hat er dich mir wieder zurückgebracht. Als du um ihn gekämpft hast, habe ich endlich meine Schwester wiedererkannt. Das Mädchen, das lachte und glücklich war trotz der Gefahr, und alles wagte. Eine junge Frau, deren Augen leuchteten und deren Herz nicht mehr verschlossen war wie eine Muschel.«
    »Was willst du von mir, Faye? Dass ich alles vergesse, so wie du?«
    Ihre Stimme hallte in dem Raum. Erst jetzt bemerkte sie, wie laut sie geworden war. Die Raubechsen schienen sie lauernd zu betrachten.
    »Niemand von uns vergisst«, erwiderte Faye.
    »Du offenbar schon. Du wolltest dir anfangs nicht einmal die Haare abschneiden. Und jetzt willst du mir tatsächlich erzählen, dass ein Kuss kein Unglück bringt!« Oder ist es nur mein Kuss, der andere ins Verderben stürzt?
    Faye biss sich auf die Unterlippe. Mit einem Mal waren ihre Augen traurig, und Ivy tat es leid, sie so angefahren zu haben.
    »Ich wollte nur sagen, dass auch ein Trickster ein fühlendes Herz haben darf«, sagte Faye leise.
    »Das kann ich besser beurteilen als du«, erwiderte Ivy. »Du kennst die Geister nicht. Und ich habe meine Lektion gelernt.«
    Diesmal widersprach Faye ihr nicht, aber sie runzelte die Stirn und verschränkte die Arme. Und wie immer sagte die Geste mehr aus als jede noch so wütende Antwort.
    »Jay steht immer noch unter dem Bann dieses Monsters«, fügte Ivy betont sachlich hinzu. »Meine Aufgabe ist es, ihn davor zu beschützen und in Sicherheit zu bringen. Dann kann er von mir aus küssen, wen er will.«
    »Er wird nicht lange suchen müssen«, sagte Faye spitz. »Du kannst dir ja selbst denken, dass sich im Lager so einige Mädchen finden werden, denen er

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