Zweimal Hölle und zurück (German Edition)
Nicht, dass ich für all die anderen toten Typen in dieser eisigen Gruft sprechen wollte, aber ich konnte es mir jedenfalls nicht leisten, die ganze Nacht auf einem Seziertisch abzuhängen. Ich überlegte, ob der Mann eine Ahnung hatte, wie egoistisch er war. Denn dass ich tot war, bedeutete noch lange nicht, dass ich es nicht eilig hatte.
Schon schlimm genug, dass ich mein Leben oder meinen Tod aufgegeben hatte und nun dazu verdammt war, auf ewig in der … Wohin fahren eigentlich die Seelen sadistischer Möchtegerndespotinnen, nachdem sie endgültig und unwiderruflich den Löffel abgegeben haben? In die Hölle? Und zwar nicht für Verbrechen, die sie bereits begangen haben, sondern für solche, die sie eines Tages erst begehen werden? Oder würde ich trotzdem in den Himmel kommen, weil ich nicht lange genug gelebt hatte, um das Ende der Welt zu verursachen (oder zu wenig unternommen hatte, um es abzuwenden)? Weil ich noch nicht damit begonnen hatte, Freunde und Familie umzubringen, um meinen Arsch zu retten?
Wo auch immer ich letzten Endes landen würde, in wenigen Minuten würde ich dort sein. Dann war alles vorüber. Ich war vorüber.
( O Elizabeth! O mein Liebling, wo bist du? )
Ich stöhnte leise. Das Geräusch wurde von der Säge übertönt. Ich konnte die Augen schließen (fiel keinem auf) oder die Hände auf die Ohren pressen (das traute ich mich aber nicht), doch mein Gehirn konnte ich nicht zum Schweigen bringen. Ich konnte die Gedanken meines Gatten nicht abblocken.
Doch es musste sein. Sein Leben und mein Seelenheil hingen davon ab.
»Natürlich erinnere ich mich noch an alles.« Graham drückte auf seinen Nasenrücken. Seine Miene war die eines Mannes, der sich mit der außergewöhnlichen Einfalt seiner Mitmenschen herumschlagen muss. »Ist ja erst eine halbe Stunde her. Ich bin total erschrocken, nicht hirntot.«
»Wollen Sie … würde es Ihnen etwas ausmachen, die Situation noch einmal zu beschreiben?«
»Natürlich macht es mir was aus, Sie behaarter Schwachkopf!«
»Sie beginnen eine Menge Sätze mit ›natürlich‹«, erwiderte Carter.
»Weil mir so viele schwachsinnige Fragen gestellt werden. Und um Ihre schwachsinnige Frage zu beantworten: Ich sollte mich lieber darauf konzentrieren, die Erinnerung an die letzte Stunde zu blockieren, stimmt’s? Aber ich sitze immer noch hier, stimmt’s? Ich bin nämlich noch nicht mal zum schlimmsten Teil gekommen, klar?«
Sein Chef klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. Benson zuckte vor Schmerz zusammen und betete, dass sie jetzt nicht ausgekugelt war. »Ich möchte, dass Sie wissen, dass wir alle verstehen, warum Sie mit Toten arbeiten wollten. Keiner hat es je für etwas anderes als eine atemberaubende Idee gehalten. Ich wiederhole: atemberaubend! Jetzt allerdings machen wir uns Sorgen, dass Sie hysterisch schreiend abgeholt werden und nach Ihrer Rückkehr auf die Kinderstation versetzt werden.«
»Kinderstation?« Eine frische Welle der Angst schlug wie Eiswasser über Graham Benson zusammen. »Niemals! Niemals werde ich Schnuller horten! Oder Sticker austeilen! Niemals werde ich sagen: Hui, bist du aber groß geworden!«
»Sie werden schon wieder laut, Graham.«
Benson widerstand dem Drang, seinen Kopf auf die Tischplatte zu schlagen. »Ich hasse alle. Sie jedoch am meisten.«
»Und die Welt dreht sich dennoch weiter«, entgegnete sein Chef so vergnügt, dass er ihm an die Gurgel hätte gehen können. »Nun denn … Sie sind demnach wild entschlossen, in der Pathologie zu bleiben?«
»Wie groß ist denn die Wahrscheinlichkeit, dass mir noch ein Patient auf dem Tisch lebendig wird?« Verdammt, ihm tat der Nacken weh! »Hören Sie: Ich möchte den Rest des Tages freinehmen. Reden Sie mit der Verwaltung, dann haue ich ab. Sobald ich diese Zigarette aufgegessen habe, bin ich weg. Und morgen pünktlich zum Schichtwechsel wieder da. Weiter gibt’s nichts zu reden.«
»Wie klappt das Blockieren?«
»Mies. Ich kann mich an alles erinnern. An alles, was geschehen ist, und an alles, was sie gesagt hat.«
»Also hat sie doch mit Ihnen geredet. Das ist wirklich das Merkwürdigste daran. Dass sie danach so klar im Kopf war.«
»Wonach? Nach ihrer Wiederauferstehung? Warum sollte sie danach nicht klar im Kopf sein? Sie hören mir einfach nicht zu, Chef. Sie war tot . Nicht komatös. Tot. Ich mach’ mir wirklich Sorgen, Carter. Sie scheinen das einfach nicht zu kapieren.«
»Ich mache mir auch Sorgen«, sagte sein Boss – der wirklich schwer
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