Zweimal ist einmal zuviel
Fernsehen gezeigt hätten, daß man davon Krebs kriegen kann. Die Frau in der Sendung hatte einen Tumor, der so groß wie ein Basketball war, und sie hat gesagt, es käme vom Haarefärben.
Auf jeden Fall habe ich mich ein bißchen mit Norma unterhalten. Normas Junge Billie ist mit Kenny Mancuso zur Schule gegangen, und jetzt arbeitet er in einem Kasino in Atlantic City. Norma hat mir erzählt, daß Kenny nach seiner Entlassung aus der Armee oft nach Atlantic City gefahren ist. Laut Billie hat er mit dem Geld nur so um sich geworfen.«
»Hat sie erwähnt, ob Kenny in letzter Zeit auch in Atlantic City war?«
»Davon hat sie nichts gesagt. Nur daß Kenny Billie vor drei Tagen angerufen hat und sich Geld leihen wollte. Billie hat ja gesagt, aber Kenny ist nicht aufgetaucht.«
»Das hat Billie seiner Mutter erzählt?«
»Er hat es seiner Frau erzählt, und die ist damit zu Norma gerannt. Sie war wohl nicht sehr begeistert, daß Billie Kenny Geld leihen wollte. Weißt du was? Ich glaube, jemand hat Kenny um die Ecke gebracht. Wahrscheinlich haben sie ihn schon längst den Fischen zum Fraß vorgeworfen. Ich habe eine Sendung darüber gesehen, wie echte Profikiller Leichen verschwinden lassen. Die schneiden ihren Opfern die Kehle durch und hängen sie erst mal zum Ausbluten kopfüber in die Dusche, damit sie nicht den Teppich ruinieren. Der Trick bei der Sache ist, daß du den Toten die Eingeweide herausreißen und die Lunge durchbohren mußt. Wenn du das vergißt, kannst du sie nicht im Fluß versenken, weil sie dann immer wieder an die Wasseroberfläche kommen.«
Aus der Küche drang ein dumpfes Stöhnen, und auch mein Vater, der sich im Wohnzimmer hinter der Zeitung verkrochen hatte, gab einen erstickten Laut von sich.
Es klingelte, und Grandma Mazur sprang zur Tür. »Besuch!«
»Besuch?« sagte meine Mutter. »Wir erwarten doch gar keinen Besuch.«
»Ich habe einen jungen Mann für Stephanie eingeladen«, sagte Grandma. »Er ist eine gute Partie. Er macht zwar nicht viel her, aber er hat einen anständigen Beruf.«
Grandma öffnete die Tür, und Spiro Stiva kam hereinspaziert. Mein Vater lugte über den Rand seiner Zeitung. »Allmächtiger«, murmelte er. »Ein Totengräber!«
»Der verdirbt einem ja den Appetit«, flüsterte ich meiner Mutter zu.
Sie tätschelte meinen Arm. »Vielleicht ist es gar nicht so schlimm, und außerdem kann es nicht schaden, sich mit einem Stiva gutzustellen. Deine Großmutter wird schließlich auch nicht jünger.«
»Ich habe Spiro eingeladen, weil seine Mutter nur noch bei Con im Krankenhaus sitzt und niemand für ihn sorgt.« Grandma zwinkerte mir zu.
Meine Mutter legte noch ein Gedeck auf. »Wir freuen uns immer über Besuch«, sagte sie. »Stephanies Freunde sind uns stets willkommen.«
»Ja, nur ist sie in letzter Zeit so wählerisch, daß sich an der Männerfront rein gar nichts tut«, sagte Grandma zu Spiro. »Warten Sie, bis Sie den Nachtisch probiert haben. Den Gewürzkuchen hat Stephanie gebacken.«
»Habe ich nicht.«
»Die Kohlrouladen sind auch von ihr«, sagte Grandma. »Sie wird mal eine gute Ehefrau abgeben.«
Spiro betrachtete die Spitzentischdecke und das Geschirr mit den rosa Blümchen. »Ich war auch schon ein bißchen auf Weiberschau. In meiner Position muß man an die Zukunft denken.«
Auf Weiberschau? Sehr charmant.
Spiro nahm neben mir Platz. Mir sträubten sich die Nackenhaare, und ich rückte diskret von ihm ab.
Grandma reichte Spiro die Rouladen. »Hoffentlich macht es Ihnen nichts aus, über das Geschäft zu reden«, sagte sie. »Ich hätte nämlich ein paar Fragen. Zum Beispiel habe ich mich schon immer gefragt, ob Sie den Verstorbenen Unterwäsche anziehen. Es scheint mir eigentlich nicht nötig zu sein, andererseits…«
Mein Vater hielt schockiert inne, in der einen Hand die Margarine, in der anderen das Messer, und für einen kurzen Moment dachte ich, er würde Grandma erstechen.
»Spiro ist sicher nicht hier, um sich über Unterwäsche zu unterhalten«, sagte meine Mutter.
Spiro nickte und lächelte Grandma Mazur an. »Berufsgeheimnis.«
Um zehn vor sieben verabschiedete Spiro sich nach seinem zweiten Stück Gewürzkuchen. Er mußte zur Arbeit.
Grandma Mazur winkte ihm nach. »Das ist nicht schlecht gelaufen«, sagte sie zu mir. »Ich glaube, du gefällst ihm.«
»Möchtest du noch etwas Eis?« fragte meine Mutter. »Oder eine Tasse Kaffee?«
»Nein, danke, ich bin satt. Außerdem habe ich noch etwas vor.«
»Was denn?«
»Ich
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