Zweimal ist einmal zuviel
hörte sich zwar ziemlich abwegig an, daß Kenny Waffen und Munition in den Särgen aus dem Armeestützpunkt geschmuggelt haben sollte, aber schließlich gab es nichts, was es nicht gab. Und es wäre eine Erklärung dafür, warum Spiro wegen der Särge so nervös war.
»Und?« fragte ich gespannt, als Morelli wieder zurück kam.
»Maria überprüft es für mich.«
Grandma Mazur hörte auf, ihre Suppe zu löffeln. »Ist das Polizeiarbeit? Sagen Sie bloß, Sie ermitteln?«
»Ich wollte mir nur einen Zahnarzttermin geben lassen«, sagte Morelli. »Mir ist eine Plombe rausgefallen.«
»Sie brauchen so ein Gebiß wie ich«, sagte Grandma. »Ich kann meine Zähne einfach mit der Post zum Zahnarzt schicken.«
Plötzlich kamen mir ernsthafte Bedenken, ob ich Grandma Mazur ins Beerdigungsinstitut mitnehmen sollte. Mit einem widerwärtigen Leichenbestatter konnte sie es jederzeit aufnehmen, aber wohl kaum mit einem gefährlichen Verbrecher, als der Spiro sich auf einmal zu entpuppen schien.
Als ich mit der Suppe fertig war, bediente ich mich aus dem Plätzchenglas und warf dabei einen Blick auf den schlanken Morelli. Er hatte zwei Teller Suppe, ein halbes Brot und sieben Plätzchen vertilgt. Ich hatte mitgezählt.
Morelli bemerkte meinen neidischen Blick und zog fragend die Augenbraue hoch.
»Du treibst wohl ziemlich viel Sport«, sagte ich.
»Wenn ich Zeit habe, jogge ich. Und ich mache ein bißchen Hanteltraining.« Er grinste. »Wir Morelli-Männer setzen kein Fett an.«
Das Leben war einfach ungerecht.
Morellis Piepser meldete sich, und er ging noch einmal zum Telefonieren in die Küche. Als er wieder zurückkam, machte er ein höchst zufriedenes Gesicht. »Mein Zahnarzt«, sagte er. »Gute Neuigkeiten.«
Ich räumte schnell den Tisch ab. »Die Arbeit ruft«, sagte ich zu meiner Mutter. »Ich muß los.«
»Du nennst das Arbeit, was du treibst?« gab sie zurück.
»Vielen Dank für das Essen«, sagte Morelli zu ihr. »Die Suppe war köstlich.«
»Besuchen Sie uns bald wieder«, antwortete sie. »Morgen gibt es Schmorbraten. Stephanie, bring doch deinen Freund morgen mittag auch wieder mit.«
»Nein.«
»Das ist nicht sehr höflich«, sagte meine Mutter. »Behandelt man so seinen Freund?«
Wenn meine Mutter bereit war, einen Morelli als meinen Freund zu akzeptieren, zeigte das nur, daß sie die Hoffnung, mich noch einmal unter die Haube oder wenigstens an den Mann zu bringen, fast aufgegeben hatte. »Er ist nicht mein Freund.«
Meine Mutter gab mir eine Tüte Plätzchen mit. »Morgen gibt es Windbeutel. Ich habe schon ewig keine mehr gemacht.«
Als wir endlich draußen waren, baute ich mich drohend vor Morelli auf. »Du kommst morgen nicht mit zum Essen.«
»Dann eben nicht«, sagte Morelli.
»Was ist bei dem Anruf herausgekommen?«
»In Braddock stehen massenhaft Armeesärge herum. Vor sechs Monaten fand eine Verkaufsaktion statt, also zwei Monate vor Kennys Entlassung. Das Bestattungsinstitut Stiva hat vierundzwanzig Särge erworben. Sie lagerten mehr oder weniger im gleichen Teil des Stützpunktes wie die Waffen. Dabei darf man aber nicht vergessen, wie riesig das Gelände ist. Mehrere Lagerhäuser und ein offener Platz, so groß wie ein Fußballfeld, und alles hinter einem Zaun.«
»Der Zaun wäre für Kenny kein Problem gewesen, weil er ja sowieso dahinter gearbeitet hat.«
»Genau. Nachdem die Särge verkauft waren, wurden sie mit dem Namen des neuen Besitzers markiert. Deshalb wußte Kenny, welche für Spiro bestimmt waren.« Morelli grinste. »Mein Onkel Vito wäre stolz gewesen.«
»War Vito auch ein Sargdieb?«
»Meistens hat er dafür gesorgt, daß die Särge voll wurden. Als Dieb hat er sich nur nebenbei betätigt.«
»Du hältst es also für möglich, daß Kenny die gestohlenen Waffen in Spiros Särgen aus dem Stützpunkt geschmuggelt hat?«
»Es hört sich zwar ein bißchen melodramatisch an, aber es könnte so gewesen sein.«
»Okay. Gehen wir also davon aus, daß Spiro, Kenny und möglicherweise auch Moogey die Waffen in Braddock geklaut und bei R&J untergestellt haben. Dann ist die Sore plötzlich verschwunden. Einer von ihnen hat seine Kumpels beschissen. Spiro kann es nicht gewesen sein, weil er mich sonst nicht beauftragt hätte, die Särge zu suchen.«
»Anscheinend war Kenny es aber auch nicht«, sagte Morelli.
»Wenn er behauptet, daß Spiro etwas hat, was ihm gehört, muß er die gestohlenen Waffen meinen.«
»Aber wer bliebe denn dann noch übrig? Moogey?«
»Tote
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