Zweite Chance fuer die Liebe
tiefe und sehr verärgerte Stimme an ihr Ohr, und ihr stockte der Atem.
„Das hat alles seine Ordnung, Honey, also unterschreib, damit wir hier rauskommen.“
Diese Stimme würde sie überall erkennen. Sie kniff die Augen zusammen und betete, dass sie sich irrte. Doch als sie aufsah, wusste sie, dass der Albtraum dieses Tages noch nicht vorbei war. Das Schlimmste stand ihr noch bevor.
Jordana hatte ihre Nachricht also erhalten, doch leider hatte die Freundin genau das getan, wovor Lily sich am meisten gefürchtet hatte: Jo hatte ihren großen Bruder Tristan alarmiert.
2. KAPITEL
Lord Garrett, Viscount Hadley, der zukünftige Zwölfte Duke of Greythorn, stand vor Lily und funkelte sie wütend an.
„Tristan“, hauchte sie völlig unnötigerweise. Er schien noch größer und beeindruckender zu sein, als sie in Erinnerung hatte. Der anthrazitfarbene Maßanzug betonte seine muskulöse Statur, das braune wellige Haar verlieh ihm etwas Ungezähmtes und umrahmte ein Gesicht mit aristokratischer Nase und markantem Kinn. Ihr Blick haftete einen Moment auf seinem schön geschwungenen Mund, bevor sie in seine grünen Augen sah.
Ein Montblanc-Füller wurde vor sie hingelegt. „Beeil dich, Honey. Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit.“
Sie hätte ihn gern daran erinnert, dass sie „Lily“ vorzog, doch ihre Kehle war so trocken, dass sie keinen Ton herausbrachte. Als sie nach dem Federhalter griff, stießen ihre Finger an seine. Sie zuckte zusammen, als hätte sie einen elektrischen Schlag bekommen. Hektisch setzte sie ihre Unterschrift auf das Papier. Dann wurde das Dokument auch schon weggezogen, Tristan nahm ihre Tasche von dem Zollbeamten entgegen und steuerte sie mit der Hand an ihrem Rücken zur Tür.
Lily scheute vor der Berührung zurück und rieb sich unwillkürlich die Oberarme.
„Wenn dir kalt ist, solltest du dir mehr anziehen.“ Er musterte sie von oben bis unten. Sein Blick war vernichtend.
Stumm sah sie an sich herab – weißes T-Shirt, schwarze Leggings, schwarze Ballerinas.
„Schon mal was von einem BH gehört?“, fragte er abfällig.
Prompt zogen sich die Spitzen ihrer Brüste zusammen, als sie bemerkte, wohin er schaute. Seine Feindseligkeit erschreckte sie. Aber im Moment hatte sie einfach nicht die Energie, um sich zu verteidigen.
Tristan murmelte etwas, zog sein Jackett aus und legte es ihr um die Schultern. Sofort umgab sie eine männlich duftende Wolke. Ohne ein weiteres Wort fasste er sie am Oberarm und zog sie mit sich Richtung Ausgang, wie ein Vater mit seiner frechen halbwüchsigen Tochter. Lily wollte sich losmachen, wollte Abstand zwischen sie bringen, doch sein Griff wurde nur fester. Sie musste daran denken, wie er früher in die Nachtklubs gestürmt war, um Jordana und sie von den Partys wegzuholen. Meist waren es die Partys ihres Stiefvaters Frank Murphy gewesen, und wenn sie heute zurückblickte, konnte sie nur sagen, dass Tristan das Richtige getan hatte. Damals als Teenager hatte sie natürlich vor Wut geschäumt.
Die großen Schiebetüren zur Ankunftshalle kamen in Sicht. In Gedanken stieß Lily einen erleichterten Seufzer aus. Hoffentlich wartete Jordana auf der anderen Seite, dann konnte Lily sich bei Tristan für seine Hilfe bedanken und brauchte ihn bis zur Hochzeit nicht mehr zu sehen.
Doch ihre Hoffnung verpuffte jäh, als Tristan sie plötzlich in eine der Bars in der großen Halle schob. Außer zwei Geschäftsmännern, die offensichtlich auf ihren Flug warteten, war das Lokal leer. Neben einem der roten Barhocker an der Theke wartete Lily ab, was nun kommen würde. Tristan bestellte zwei Whisky, und erst als die Gläser vor ihnen standen, drehte er sich zu ihr um und taxierte sie mit eisigem Blick.
„Wieso, zum Teufel, tauchst du wieder im Leben meiner Schwester auf?“, fragte er schneidend.
Lily starrte ihn nur stumm an. Die Uhr schien sich um sechs Jahre zurückzudrehen, sie hatte das Gefühl, wieder im Arbeitszimmer seines Vaters zu stehen. Damals hatte er ihr die Schuld für etwas, das sie nicht getan hatte, zugeschoben und sie eine „billige Schlampe“ genannt.
Mit dieser Erinnerung kehrte allerdings auch die an den Kuss zurück, bei dem ihr fast die Sinne geschwunden wären. Auch jetzt reagierte ihr Körper prompt mit einer prickelnden Gänsehaut. Schnell rief sie sich seine rüde Zurückweisung, die auf den Kuss gefolgt war, ins Gedächtnis, um die spontane Reaktion ihres Körpers zu unterdrücken. Wie konnte sie nach so langer Zeit noch immer
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