Zwergenblut: Roman
Zwerge stürzten sich auf die
zahlenmäßig mittlerweile stark dezimierten Thir-Ailith. Aber wie war das möglich? Zwerge hatten erst lange nach der Verbannung der Abtrünnigen erstmals ihren Fuß in das Schattengebirge gesetzt.
Es dauerte nur Sekunden, bis Warlon auf die im Grunde ganz simple Antwort kam. Es musste sich um die Nachkommen von Bewohnern Zarkhaduls handeln, die vor tausend Jahren in die Tiefe verschleppt worden waren, als die Thir-Ailith über die Mine hergefallen waren.
Für Sekunden war er durch den Anblick und seine Verblüffung abgelenkt gewesen, und nicht nur ihm erging es so. Er sah einen riesigen Schatten heranrasen, versetzte Ailin instinktiv einen Stoß, der sie zu Boden schleuderte, und ließ sich selbst fallen, nur Sekundenbruchteile, ehe der Arm einer der Monsterkreaturen dicht über ihn hinwegstrich und Barlok und einen weiteren Zwergenkrieger traf und wie Puppen durch die Luft schleuderte.
Während der Krieger gegen die Wand prallte, daran entlang zu Boden glitt und mit zerschmetterten Gliedern liegen blieb, wurde Barlok geradewegs auf das Tor selbst zugewirbelt. Dicht davor prallte er zu Boden, schien aber nicht ernsthaft verletzt zu sein, denn schon Sekunden später richtete er sich benommen wieder auf.
»Nein!«, brüllte Warlon von bodenlosem Entsetzen erfüllt, als er sah, wie sich das Tor erneut aufblähte. Die Schwärze berührte den Zwerg, wodurch er vom Sog des Tores erfasst wurde.
Lhiuvan war der Einzige, der mitbekam, was geschah, und nahe genug stand, um eingreifen zu können. Er sprang vor, packte Barloks Hand, als dieser bereits halb von der Schwärze aufgesogen worden war, und versuchte, ihn zurückzureißen.
Seine Kraft reichte nicht aus. Stattdessen wurde er selbst vorwärts gezerrt, als die Schwärze Barlok verschlang. Schon verschwanden die ausgestreckten Hände des Elben in dem Tor, dann ließ er los, kämpfte mit letzter Kraft gegen den Sog an und taumelte schließlich zurück.
Das Tor glättete sich, als wäre nichts geschehen, und wieder schlugen zahlreiche Blitze gleichzeitig darin ein. Die Schlieren, die es durchzogen, verwandelten sich für einen Moment in eine grelle Explosion aller nur denkbaren Farben, und als das Spektakel Sekunden später vorüber war, war das Tor erloschen. Wo es sich befunden hatte, war mit einem Mal nur noch die Wand.
Ein dreifacher, von Hass und grenzenloser Verzweiflung erfüllter Schrei der Königinnen gellte durch Warlons Verstand und verhallte nur langsam.
»Nein!«, brüllte auch er noch einmal. »Barlok!«
Ailin schlang ihre Arme um ihn und drückte ihn an sich, aber nicht einmal ihre Berührung vermochte das Entsetzen zu lindern, das er verspürte, oder ihm Trost zu spenden.
Er schloss die Augen und nahm nicht einmal mehr wahr, wie um ihn herum das Gemetzel weiterging. Die Thir-Ailith waren zutiefst geschockt und kaum noch in der Lage, sich zu verteidigen. Reihenweise fielen sie den Schwertern der Elben zum Opfer.
Die noch immer aus der künstlich geschaffenen Sonne herabzuckenden Blitze richteten sich nun gegen die Königinnen. Wo immer sie in den Leib der titanischen Monster einschlugen, verkohlten sie deren Fleisch und rissen Krater hinein, dennoch waren es kaum mehr als Nadelstiche.
Mit unbändiger Wut und unter Schmerzen bäumten sich die Monster auf. Die bislang von ihrem Willen beseelten Drohnen entglitten ihrer Kontrolle, und etwas Unglaubliches
geschah: Ihr einziger Existenzzweck war der Kampf, doch wurde ihr Hass nicht länger auf ein bestimmtes Ziel gelenkt. Ihre Kampfeswut richtete sich blindlings gegen die am nächsten gelegenen Ziele.
Gegen sich selbst.
Als Warlon den schlimmsten Schock überwunden hatte und die Augen wieder öffnete, bot sich ihm ein unbeschreibliches Bild. Überall in der Halle tobten noch immer Kämpfe, aber es waren die Kampfdrohnen selbst, die voller Wut übereinander herfielen und sich gegenseitig niederstreckten.
Die Elben und Zwerge hingegen wandten sich nun den nahezu hilflosen Königinnen zu, hieben und hackten auf die gigantischen Kreaturen ein.
Warlon strich Ailin über den Kopf, dann sprang er auf. Nicht weit entfernt sah er Knochenbrecher auf dem Boden liegen, Barloks Streitaxt. Er steckte sein Schwert in die Scheide und hob die Axt auf.
»Für dich, alter Freund«, stieß er hervor, ehe er mit der Waffe einen kraftvollen Hieb gegen das Monster führte, das den Kriegsmeister mit seinem Schlag getötet hatte.
Rasch verfiel er in regelrechte Raserei und hörte genau
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