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Zwergenkinder (04) - Der Kristall der Zwerge

Zwergenkinder (04) - Der Kristall der Zwerge

Titel: Zwergenkinder (04) - Der Kristall der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Herberge hieß »Zur letzten Hoffnung«, und als die Gefährten den Schankraum betraten, begrüßte sie ein Echsenmensch aus dem Volk der Whanur. Bei den Zischlauten, die er von sich gab, schnellten seine beiden Zungen – von denen eine angeblich nur dem Geruchssinn diente – aus dem lippenlosen Maul.
    Lirandil erwiderte etwas in der gleichen Sprache.
    Tomli war erstaunt, dass er sie beherrschte. Er konnte sich kaum vorstellen, dass ein Geschöpf ohne zwei Zungen in der Lage war, diese Zischlaute zu erzeugen, geschweige denn sich damit zu unterhalten. Allein sie zu verstehen stellte sich Tomli sehr schwierig vor.
    Für einen Zwerg – und wahrscheinlich auch für jeden Menschen – hörten sich alle Zischlaute völlig gleich an. Tomli jedenfalls war es unmöglich, irgendwelche Unterschiede herauszuhören. Dafür musste man wohl das feine Gehör eines Elben haben.
    »Das ist Zzzrrsss«, stellte Lirandil den Whanur den anderen vor. »Als ich ihn zuletzt sah, war er gerade aus dem Ei geschlüpft.«
    »Lange ist das her«, sagte der Whanur in beinahe perfekter Rhagar-Sprache, allerdings mit dem typischen Dialekt der Menschen von Hiros. Er musste wohl sein ganzes Leben hier verbracht haben. »Und ich habe nichts dagegen, wenn man mich Ilbon nennt.«
    »Aber Ilbon ist ein Menschenname«, staunte Ambaros. »Er ist in allen Ländern, in denen die Rhagar-Sprache benutzt wird, ziemlich verbreitet.«
    »Und er ist für Menschen, Zwerge und Zentauren leicht auszusprechen«, fügte Ilbon hinzu. »Es mag viele Menschen geben, die Ilbon heißen, aber ganz bestimmt nur einen einzigen Whanur. In diesem Punkt unterscheide ich mich also von den anderen. Außerdem können sich diesen Namen alle leicht merken. Hiros wird nun einmal überwiegend von Geschöpfen bevölkert, deren Zungen etwas schwerfällig sind.«
    »Und die vor allem nur eine haben, was es auch für mich nicht leicht machte, Eure Sprache zu erlernen, werter Ilbon«, gestand Lirandil.
    »Nun, wie dem auch sei, Ihr habt Glück«, erklärte Ilbon. »Zurzeit sind alle Zimmer im Haus frei, und so habe ich Platz genug für Euch und Eure Freunde, Lirandil. Wie lange wollt Ihr bleiben?«
    »Das wissen wir noch nicht. Vielleicht nur eine Nacht. Vielleicht aber auch länger.«
    »Falls Ihr plant, Euch von einem Schiff der Sandlinger durch die Wüste mitnehmen zu lassen, könnte das schwierig werden«, warnte der Whanur. »Zurzeit legt nämlich keines der Wüstenschiffe in Hiros an. Dabei haben die Sandlinger eigentlich gar keine Schwierigkeiten, sich der Stadt zu nähern. Schließlich gibt es außerhalb der Stadtmauern nichts als feinen Sand, und in den Dünen sprießt kein Gras. Die Sandlinger müssen also nicht befürchten, dass die Magie ihrer Schiffe gemindert wird.«
    »Das freut mich zu hören. Aber was hindert sie dann daran, hier anzulegen?«, mischte sich Ambaros ein.
    Der Echsenmann betrachtete ihn eingehend. »Es kommen nicht viele Zentauren nach Hiros, deswegen erinnere ich mich an Euch, werter …?«
    »Ambaros. Ich treibe Handel mit allem und jedem«, stellte sich der Zentaur vor und vollführte mit seinem menschenähnlichen Oberkörper eine Verbeugung, die eher ungelenk wirkte.
    Tomli fürchtete schon, er könnte das Gleichgewicht verlieren. »Seid Ihr nicht der Zentaur, den man vor einigen Jahren beinahe wegen mutwilliger Wüstenzerstörung verurteilt hätte?«, fragte der Whanur. Seine beiden Zungen schnellten wieder aus dem Maul.
    Man sagte den Whanur nach, sie hätten einen sehr feinen Geruchssinn, der sich sogar mit dem der Elben messen könnte. Tomli hatte gehört, dass viele Echsenmenschen am Geruch ihres Gegenübers erkannten, ob dieser Angst hatte oder log. Doch vielleicht war das auch ein Gerücht.
    »Wüstenzerstörung – so lautete tatsächlich die Anklage«, gab Ambaros zu. »Eines der düstersten Kapitel meines Lebens. Um ein Haar wäre es mir damals an den Kragen gegangen, und ich hätte den Rest meines Leben in einem finsteren Kerker fristen müssen.«
    »Der Prozess hat die ganze Stadt beschäftigt«, erinnerte sich Ilbon.
    »Als ich damals das Wüstenschiff verließ, bin ich unglücklich gestolpert, wobei mir ein Leinensack mit Kräutersamen vom Rücken fiel und aufplatzte. Sofort wurden die Samen vom Wind davongetragen und in die Wüste verteilt.« Ambaros seufzte. »Könnt Ihr euch vorstellen, dass man für so etwas hier in Hiros hart bestraft werden kann?«
    »Ein sehr altes Gesetz«, erklärte Ilbon. »Hiros liegt einsam, mit der Wüste auf

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