Zwergenkinder, Band 02 - Bekker, A: Zwergenkinder, Band 02
dass man es kaum noch bemerkte, war verstummt. Die Sandwolke, die die »Wüstenblume« sonst während der Fahrt hinter sich herzog, hatte sich gelegt.
Das Schiff fuhr nicht mehr, wurde Tomli klar.
Er erblickte Meister Saradul am Heck des Wüstenschiffs, wo der Zwergenzauberer mit Kapitän Kandra-Muul an der Reling stand.
Die Sonne kroch gerade über den Horizont, und ihr rötliches Licht strahlte einen großen dunklen Felsen an, der aus dem Wüstensand ragte. Es war der einzige Felsen weit und breit, umgeben von der endlosen Weite aus zahllosen Dünen.
Saradul unterhielt sich mit dem Kapitän der »Wüstenblume«. Worum es ging, konnte Tomli auf die Entfernung nicht verstehen. Er sah nur, dass beide immer wieder die Hand in Richtung des Felsen ausstreckten.
Tomli näherte sich zögernd.
Der Zaubermeister bemerkte ihn. »Komm ruhig her!«, forderte er ihn auf.
Tomli ging zum Heck der »Wüstenblume«. Ihm fiel auf, dass Saradul sogar am frühen Morgen seinen Rucksack mit Heblons schwerem Rostgoldbuch trug. Offenbar wollte er dieses wertvolle Stück keinen Augenblick lang unbewacht lassen.
Als Tomli die beiden erreichte, hörte er Kapitän Kandra-Muul sagen: »Vergesst nicht, wir werden nur bis zum Mittag auf Euch warten.«
»Bis dahin sind wir längst zurück«, versprach Saradul.
»Das will ich hoffen«, erwiderte der Sandlinger. »Denn länger hierzubleiben wäre viel zu gefährlich. Selbst für uns.«
»Fürchtet Ihr die Wüsten-Orks, Kapitän?«
Der Sandlinger schwieg zunächst, bevor er zugab: »Das auch. Aber auch ansonsten ist dies kein guter Ort. Ich bereue schon fast, dass ich mich darauf eingelassen habe, Euch hierher zu bringen.«
Er wandte sich Tomli zu, musterte den Zwergenjungen mit seinen goldenen Augen und murmelte dann ein paar Worte in der Sprache seines Volkes.
Auf einmal streckte er die Hand aus, und sein golden schimmernder Handschuh berührte Tomlis Schulter. Der fühlte plötzlich ein heftiges Kribbeln, und eine Kraft durchfuhr ihn wie ein Blitzschlag.
Der Sandlinger nahm die Hand wieder zurück, und für einen Moment war dem Zwergenjungen schwindelig. Das Kribbeln verging nach und nach.
»Du hast eine starke Magie in dir«, sagte Kapitän Kandra-Muul. »Sehr ungewöhnlich. Eine Kraft, um besondere Aufgaben zu erfüllen und vieles zu vollbringen, im Guten wie im Schlechten.«
»Ich bin noch ein Lehrling«, entgegnete Tomli. »Und ehrlich gesagt geht das meiste, was ich zu zaubern versuche, daneben.«
Kapitän Kandra-Muul neigte leicht den Kopf. »Ich glaube nicht, dass das so bleiben wird.« Er deutete hinauf zur Mastspitze, die schwarz vor Ruß war. »Es wäre mir nur lieb, wenn du in Zukunft etwas mehr Rücksicht auf mein Schiff nehmen würdest.«
»Ich werde mir die größte Mühe geben.«
Tomli sah, wie auf einmal winzige magische Blitze über dem Harnisch des Kapitäns zuckten.
Der Sandlinger bemerkte seinen Blick und erklärte: »Diese Rüstung, der Harnisch, die Handschuhe schützen uns nicht nur vor den Zähnen der Wüsten-Orks, sondern auch vor Magie.«
Tomli war erstaunt. »Ich habe gesehen, dass selbst Kinder solche Harnische und Handschuhe tragen. So sind sie alle gegen magische Angriffe gefeit?«
»Nein«, widersprach Kandra-Muul. »Diese Rüstungen schützen uns nicht vor fremden magischen Angriffen, sondern vor unseren eigenen Kräften. Denn wenn diese außer Kontrolle gerieten, würden sie uns vernichten.«
»Und das ist auch bei den Kindern so?«, fragte der Zwergenjunge entsetzt.
»Gerade bei ihnen, denn ihnen fällt es noch besonders schwer, ihre Kräfte zu kontrollieren.«
Vielleicht sollte ich es auch mal mit einer Sandlinger-Rüstung probieren , ging es Tomli durch den Sinn.
Meister Saradul trug Tomli auf, die anderen zu wecken. »Nur nicht diesen neugierigen Zentaur«, schärfte er seinem Schüler ein.
Wenig später ließen die Seilschlangen zuerst die zwei Elbenpferde und anschließend die beiden Elben und die vier Zwerge hinab auf den Wüstensand.
»Bin ich froh, dass wir in Ara-Duun einen Schwebezauber benutzen und uns nicht auf so erbärmliche Weise mit zweitklassiger Magie behelfen müssen«, knurrte Saradul.
Er und Tomli setzten sich zu Lirandil aufs Pferd, während Olba und Arro auf Olfalas’ Reittier Platz fanden. Elbenpferde zeichneten sich neben ihrer Fähigkeit, die Gedanken ihrer Besitzer zu empfangen, auch dadurch aus, dass sie zwar grazil, aber ausgesprochen groß und kräftig waren.
Auf einen energischen Gedanken der beiden
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