Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwergenkinder, Band 02 - Bekker, A: Zwergenkinder, Band 02

Zwergenkinder, Band 02 - Bekker, A: Zwergenkinder, Band 02

Titel: Zwergenkinder, Band 02 - Bekker, A: Zwergenkinder, Band 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
Vom Netzwerk:
nahm Lirandil die Finger von den Schläfen des Zwergenjungen, hielt die beiden Handflächen aneinander und formte damit eine Schale. Dazu sprach er eine Formel in der alten Sprache der Elben.
    Der schwarze Rauch, der immer weiter aus Tomlis Nase, Mund und Ohren quoll, strebte auf die mit den Händen geformte Schale zu und sammelte sich darin zu einer Wolke. Diese wurde immer dichter und kleiner, da sich die winzigen Teilchen, aus denen sie bestand, mehr und mehr zusammenballten.
    Am Ende blieb ein pechschwarzer Stein von der Größe einer Männerfaust übrig – einer Elben- oder Menschenfaust allerdings, denn bei den Zwergen waren selbst die Fäuste von Frauen und Kindern häufig größer.
    »Du kannst die Augen wieder öffnen«, sagte Lirandil. »Du wirst dich zwar noch an jede Einzelheit deines Traumes erinnern, aber er wird dir keine Angst mehr machen, denn er enthält keine Magie mehr.«
    »Ich wusste nicht, dass Angst und Magie so viel miteinander zu tun haben«, sagte Tomli.
    »Die stärkste Schadensmagie erhält erst durch die Furcht ihre volle Wirkung«, erklärte Lirandil.
    Tomli nickte. »Es war schrecklich. Olba, Arro und ich wurden in meinem Traum in den Weltenriss gezogen. Der hatte sich bereits bis in die Untertiefenstadt ausgebreitet. Ja, er stand sogar schon im Begriff, auch die Obertiefenstadt zu verschlingen.«
    »Ich weiß«, sagte Lirandil sanft. »Ich habe alles gesehen, was du geträumt hast.«
    Tomli war erstaunt. »All die Schrecken?«
    »All die Schrecken.«
    »Wie konnte ich nur so dumm sein, Ubraks Amulett in diesen Schlund zu werfen? Und das, wo mir Olba doch davon abgeraten hat.«
    »Es war Verzweiflung«, sagte der Elb verständnisvoll. »Du wolltest etwas tun, um das Verhängnis abzuwenden. Aber du hast es nur geträumt.«
    Meister Saradul ging unterdessen im Raum umher. Er streckte dabei die Nase vor wie ein Tier, das etwas zu erschnüffeln versucht. Sein Blick wirkte sehr konzentriert.
    Er hatte seinen Zauberstab in der Hand und schwenkte ihn auf einmal hin und her. »Hier sind noch leichte Spuren der Schadensmagie, mit der Tomli angegriffen wurde.«
    Er murmelte eine Formel in der alten Zwergensprache, woraufhin die Spitze des Zauberstabs aufleuchtete. Ein hellblauer Strahl drang aus ihr hervor und fächerte sich auf, und Meister Saradul richtete den so entstandenen Lichtkegel auf eine bestimmte Stelle der Höhlenwand.
    Plötzlich veränderte sich das Gestein. Es verformte sich zu einem fratzenhaften Gesicht, das sich beständig veränderte. Zähne wuchsen aus seinem Maul, so lang wie ein Zwergenmesser, und die Augen wurden größer und größer. Erst waren es zwei Augen, dann bildeten sich ein drittes und ein viertes. Die Nase war zunächst kurz und flach und verschmolz dann mit dem Mund zu einem hundeartigen Maul.
    Lirandil erhob sich von Tomlis Bett, und auch der Zwergenjunge war im nächsten Augenblick aus den Laken gesprungen und stand mit seinen großen nackten Zwergenfüßen auf dem kalten Steinboden.
    Saradul rief mit dröhnender Stimme einen Zauberspruch. Tomli kannte ihn. Normalerweise wandte der Zwergenzauberer ihn an, um Motten und Kakerlaken zu vertreiben. Aber diesmal kombinierte er ihn mit einem Verstärkungszauber.
    Ein greller, sehr schmaler Feuerstrahl schoss aus dem Zauberstab und auf das geisterhafte Gesicht zu, das endgültig zu einer Raubtierfratze wurde. Das Maul wurde größer und war so weit aufgerissen, dass ein ganzer Zwergenkopf hineingepasst hätte. Ein wütendes Fauchen drang daraus hervor, als der Feuerstrahl das Gesicht traf.
    Das Zischen, das dabei entstand, mischte sich mit Saraduls Stimme, die magisch dröhnte, so als würde sie aus vielen Kehlen zugleich kommen.
    Dann verschwand das Gesicht. Es stülpte sich zurück in die Wand, die im nächsten Moment wieder vollkommen glatt war.
    »Er ist nach draußen geflohen!«, rief Saradul.
    »Wer ist er ?«, wollte Tomli wissen.
    »Ein Bringer-Dämon!«
    Tomli war verwirrt. »Was ist das denn?«
    »Später, Schüler. Später. Es ist noch nicht vorbei!« Saradul wandte sich an Olfalas. »Deinen Bogen, Halbelb! Hol deinen Bogen, und zwar schnell, denn es gibt noch etwas zu tun!«
    Olfalas wirkte unentschlossen. Er strich sich eine Strähne seines roten Haars aus dem Gesicht und sah Lirandil an.
    Auf dessen Stirn hatte sich eine tiefe Furche gebildet. »Tu, was er sagt«, beschied er seinen Schüler in der Sprache der Elben.
    Saradul war unterdessen in den Nachbarraum geeilt, von wo aus man auf den Balkon der

Weitere Kostenlose Bücher