Zwergenkinder, Band 02 - Bekker, A: Zwergenkinder, Band 02
einfach wegzuwerfen«, fuhr Olba tadelnd fort.
»Du hättest mich ja vor der Kröte warnen können!«, hielt Tomli ihr vor.
»Nur habe ich ihr Erscheinen leider nicht vorhergesehen«, gestand das Zwergenmädchen und fügte mit leiser Stimme hinzu: »Sondern etwas ganz anderes.«
Ihr Gesicht war dabei sehr blass geworden. So hatte Tomli sie noch nie gesehen.
»Was meinst du damit?«, fragte er stirnrunzelnd.
»Dass wir weder schnell genug laufen können noch dass du gut genug zu zaubern vermagst, um uns noch zu retten«, antwortete sie.
Die riesige Kröte hatte mittlerweile die Mitte des Höhlengewölbes erreicht. Die Risse im Boden klafften immer weiter auf und verzweigten sich noch mehr.
Einer dieser Risse öffnete sich direkt zwischen Arros Füßen. Der Schmiedelehrling sprang zur Seite. Der felsige Untergrund, auf dem er zu stehen kam, schwankte leicht, doch er balancierte sich mit seiner gewaltigen Axt aus und fand das Gleichgewicht wieder.
Immer mehr Licht drang durch die Spalten. Tomli ging auf, dass er mit seiner Magie alles nur schlimmer gemacht hatte. Er wandte kurz den Kopf und sah, dass sich auch hinter ihm überall Risse gebildet hatten, sowohl im Boden als auch in den Felswänden. Tropfsteine donnerten von der Höhlendecke und gruben sich wie Pfeilspitzen in den Boden.
Die Höhlenkröte brüllte erneut laut auf, als der Fels unter ihrem Körper nachgab und sie in einen grell leuchtenden Schlund stürzte. Ihr Gebrüll hallte noch lange nach.
Tomli indes musste zur Seite springen, weil ein Stück Felsen, so riesig wie einer der großen Wagen, die von den Echsen aus Karanor gezogen wurden, über ihm aus der Decke brach.
Arro hatte weniger Glück, als plötzlich neben ihm ein Spalt aufriss. Er verlor erneut das Gleichgewicht, fand es diesmal jedoch nicht wieder und war im nächsten Augenblick im grellen Licht verschwunden.
An mehreren Stellen brachen nun auch die Felswände auseinander, und das aus den Spalten strahlende Gleißen war so stark, dass auch Tomlis Dunkelseher nicht mehr half. Er schloss die Augen, schützte sie zusätzlich mit der erhobenen Hand und murmelte in seiner Verzweiflung einen Schutzzauber, den Meister Saradul ihm einmal beigebracht hatte. Es war keine gute Idee gewesen, ohne ihn herzukommen.
Tomli hörte Olbas Schrei, als das Zwergenmädchen von einem starken Sog erfasst und in das Licht gezogen wurde. Gleich darauf spürte auch Tomli, dass er fiel.
Auf einmal schwebte er in einem grell leuchtenden Nichts. Er riss den Zauberstab aus seinem Gürtel. Aber zum einen wusste er nicht, wie er den Stab und die Kräfte, die man damit bündeln konnte, in dieser Situation anwenden sollte, zum anderen ging plötzlich ein unangenehmes Kribbeln von dem Zauberstab aus. Er schien auf die fremde Magie zu reagieren, die hier herrschte.
Das Kribbeln steigerte sich zu einem furchtbaren Schmerz. Tomli wollte den Zauberstab um keinen Preis loslassen, aber schließlich blieb ihm keine andere Wahl, als die Finger zu öffnen.
Um ihn herum drehte sich alles.
Auf einmal aber spürte er etwas Festes unter seinen Füßen. Von einem Augenblick zum anderen war das Licht verschwunden und hatte einer gähnenden, undurchdringlichen Finsternis Platz gemacht.
Fühlt es sich so an, wenn man gestorben ist? Dann werden wir die große Aufgabe, zu der wir bestimmt waren, nicht mehr erfüllen können …
Das war Tomlis letzter Gedanke.
In der Höhle des Zwergenmagiers
G anz ruhig! So beruhige dich doch!«
Wie aus weiter Ferne hörte Tomli die Stimme. Jemand fasste ihn bei den Schultern.
»Wach auf, Tomli! Du hast schlecht geträumt!«
Da erkannte er, um wessen Stimme es sich handelte.
»Meister Saradul!«, stieß er hervor. »Meister, ich weiß nicht, wie ich es Euch erklären soll! Das Amulett …“
»Ist an seinem Platz, und dein Meister bewacht es Tag und Nacht«, vernahm er eine zweite Stimme. Sie gehörte Lirandil, dem Fährtensucher und Krieger aus dem Volk der Elben, der aus seiner fernen Heimat nach Ara-Duun gekommen war, um der Gefahr durch den Weltenriss zu begegnen.
Tomli sah in der Dunkelheit nur zwei Schatten.
In Meister Saraduls Wohnhöhle hingen zwar mehrere Leuchtsteine von der Höhlendecke, aber sie leuchteten nicht.
Schon zum dritten Mal murmelte Meister Saradul eine Formel vor sich hin, diesmal bereits in deutlich gereizterem Tonfall. Die Leuchtsteine in seiner Wohnhöhle waren mit einem Zauber versehen, der dafür sorgte, dass sie zwar während der tiefsten Nacht verloschen,
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