Zweyer, Jan - Rainer Esch 02
ansteuerte. Da stutzte der Recklinghäuser.
Am Paradise vorbei kamen zwei Männer auf das Sunrise zu, die Rainer zu erkennen glaubte. Er meinte, beide schon mehrmals in der Nähe seines Hotels und auch abends am Hafen gesehen zu haben. Normalerweise schenkte er solchen Begegnungen keine große Aufmerksamkeit. Mykonos ist eine kleine Insel mit nur wenigen Stränden. Da ist es mehr als normal, Leute wiederzutreffen. Die beiden waren ihm deshalb aufgefallen, weil sie zum einen für einen Urlaub auf einer griechischen Insel viel zu gepflegt gekleidet waren, zum anderen häufiger unverhohlenes Interesse für ihn gezeigt hatten. Er hatte überlegt, ob die beiden ein Schwulenpaar wären, das möglicherweise Abwechslung in ein erstarrtes Sexualleben bringen wollte und ihn deshalb so musterte.
Und nun steuerten beide direkt auf Rainer zu. Der eine setzte sich links, der andere rechts neben ihn auf den freien Barhocker. Esch sah interessiert von einem zum anderen. Der rechts neben ihm hatte einen auffälligen Leberfleck rechts im Gesicht.
»Sie gestatten doch sicher?« Der Mann sah ihn an.
Rainer meinte, einen leicht drohenden Unterton herauszuhören. »Bitte. Ich wollte sowieso gleich gehen.«
Der Typ links von ihm zündete eine Camel an und reichte ihm die Schachtel. Esch registrierte, dass er einen schweren Siegelring trug. »Nein, danke. Nur ohne Filter.«
Der Kellner des Sunrise näherte sich, um eine Bestellung entgegenzunehmen. »Yes please?«, fragte er.
»Ich möchte nichts, danke«, antwortete der mit dem Leberfleck.
»Please?« Der Kellner sah den mit dem Ring fragend an.
»Ein Pils.«
»Sorry?«
»Ein Pils, verdammt noch mal«, erwiderte der Mann. Und, nachdem der Kellner immer noch nicht gegangen war, sondern ihn weiter ansah: »Ein Bier. One Bier.« Er hielt einen Finger hoch.
»One beer, yes. Draught or bottle?«
»Was?«
Esch gewann den Eindruck, dass seine Gesprächspartner des Englischen nicht unbedingt mächtig waren. »Er will wissen, ob Sie ein Bier aus der Flasche oder vom Fass haben wollen.«
»Vom Fass, ist doch klar.«
»Draught please«, übersetzte Esch.
Der Kellner nickte und schob ab, um das Gewünschte heranzuschaffen.
»Sie kennen uns nicht, Herr Esch«, begann der Leberfleckige.
»Aber wir kennen Sie. Wir kennen Sie sogar sehr gut. Deshalb sollten Sie auf uns hören und mit uns zusammenarbeiten.«
Das waren keine Schwulen, die Abwechslung suchten, wurde Esch schlagartig klar.
»Woher kennen Sie meinen Namen? Wer sind Sie? Und was wollen Sie von mir?«
»Etwas zu viele Fragen auf einmal«, knurrte der Mann links von ihm. »Sie brauchen nicht zu wissen, wer wir sind. Und auch nicht, woher wir Sie kennen. Wir kennen Sie eben.
Akzeptieren Sie das einfach. Herr Esch, wir glauben, dass Sie etwas haben, was uns gehört. Und…«, seine Stimme wurde gefährlich leise, »das hätten wir gerne wieder. Und zwar schnell.«
Esch bemerkte, dass einige seine muskelbepackten Lederfreunde häufiger zu ihnen herübersahen. »Ich weiß nicht, wovon Sie reden. Was soll ich Ihnen denn zurückgeben?«
Der Kellner brachte das Bier und die beiden schwiegen. Als sich der Ober wieder an seinen Zapfhahn zurückgezogen hatte, setzte der mit dem Ring das Gespräch fort.
»Herr Esch, wir wissen, dass Sie unser Eigentum nicht mit in den Urlaub genommen haben. Wir haben nachgesehen.
Hoteltüren in Griechenland sind nicht alarmgesichert. Also, wo ist es dann?«
Esch lief trotz dreißig Grad im Schatten ein Schauer den Rücken herunter. Dann war die leichte Unordnung in seinen Sachen, die er darauf zurückgeführt hatte, dass das Reinigungspersonal möglicherweise seine Tasche umgeworfen hatte, wohl eher den beiden Dandys zuzuschreiben. Ein Verdacht zuckte durch seinen Kopf. »Woher wissen Sie, dass ich hier bin?«
»Herr Esch, Sie können uns nichts verheimlichen. Also, wo ist es? Ich rate Ihnen gut, Sie sollten wirklich kooperativer sein. Andernfalls sehen wir uns gezwungen, Sie für einige Zeit einzuladen. Und glauben Sie mir, dann werden Sie uns alles sagen, was wir wissen wollen.« Der Ringträger griff nach seinem Arm. »Wir wissen, in welchem Hotel Sie wohnen. Wir kennen Ihre Wohnung in Recklinghausen, Herr Esch. Muss ich noch mehr sagen?«
Das Ticket. Deshalb war das Ticket nicht mehr an seinem Platz gewesen. Daher hatten die beiden ihre Informationen. Sie waren in seine Wohnung eingebrochen. Aber warum? Rainer dachte fieberhaft nach.
»Jetzt spuck’s aus, Junge«, fauchte der
Weitere Kostenlose Bücher