Zweyer, Jan - Rainer Esch 02
konnte man wohl sagen, dass er Probleme hatte.
»With the sun«, stellte der Beamte fest. Er schrieb etwas auf einen Zettel und reichte ihn seinem Gegenüber mit den Worten, dass er ihm einen hervorragenden Arzt empfehlen könne, geradezu ein Spezialist auf dem Gebiet des Sonnenstichs. Hier sei seine Adresse. Dabei grinste er von einem Ohr zum anderen.
Wütend riss Esch ihm den Zettel aus der Hand, zerknüllte ihn und warf ihn auf den Boden. Dann verließ er das Büro der Touristenpolizei, um sich im Restaurant gegenüber mit einem Ouzo zu beruhigen.
Als Esch eine Zigarette rauchen wollte, stellte er zu allem Überfluss auch noch fest, dass seine letzten Reval auf der Theke im Sunrise liegen mussten. Er hatte sie bei seinem etwas übereilten Aufbruch dort vergessen. Also erwarb er eine Schachtel filterlose Papa Stratos, was beim Verkäufer ein verwundertes Stirnrunzeln auslöste, das sich Rainer Esch erst erklären konnte, als er zum ersten Mal an einer Zigarette dieser Marke zog.
Mit dem zweiten Ouzo kehrte seine Entschlusskraft zurück.
Auch die reguläre Polizei würde nur wenig Interesse verspüren, seiner Geschichte nachzugehen. Sie klang einfach zu unglaubwürdig. Das Vernünftigste würde sein, im Hotelzimmer seiner Urlaubsfreunde unterzukriechen und dort den Morgen abzuwarten. Dort, so war er sich sicher, würden ihn die beiden Gangster nicht finden. In Deutschland würde er dann Hauptkommissar Brischinsky aufsuchen und sein Erlebnis schildern.
Rainer verließ die Kneipe am Hafen und fuhr mit dem Roller ins Hotel Aihena, wo er Jürgen und Hiltrud die ganze Geschichte erzählte. Auch bei ihnen war sich Esch nicht ganz sicher, ob sie ihm seine Story wirklich abnahmen.
Jürgen berichtete, dass die amerikanischen Jungs recht ordentlich hingelangt hätten. Die beiden Männer würden an die Begegnung auf dem Paradise Beach noch länger denken. Er reichte Esch eine Visitenkarte mit Namen und Anschrift eines der Lederträger. Er, Esch, solle doch, wenn er mal in die Staaten käme, ganz unverbindlich reinschauen.
Jürgens Gegrinse war etwas zu anzüglich, fand Rainer.
Trotzdem war es nett von dem Ami, ihn einzuladen. Vielleicht kam er darauf zurück.
Als Rainer den Deutschen dann eröffnete, dass er die Nacht bei ihnen verbringen wollte, waren beide schier begeistert, überließen ihm nach einigem Hin und Her aber zähneknirschend ihr Beistellsofa.
15
Der Mordfall Grohlers hatte eine unerwartete Wendung genommen. In der Aktentasche dürften die Unterlagen gewesen sein, die Grohlers den Leuten vom BKA übergeben wollte. Und diese Aktentasche war jetzt vermutlich im Besitz der Täter. Stallers Vorgesetzte dürften darüber nicht gerade begeistert sein. Fast tat Staller Brischinsky ein wenig Leid.
Aber nur fast.
Grohlers Verhalten erschien den Kripoleuten mit ihrem jetzigen Wissen nicht mehr so rätselhaft. Grohlers fühlte sich verfolgt. Er hatte die Panne nur vorgetäuscht und wollte mit dem Zug nach Münster fahren, um mögliche Verfolger in die Irre zu führen. Das war jedoch gründlich in die Hose gegangen. Unklar blieb nur, grübelte Brischinsky weiter, warum und mit wem Grohlers kurz vor seinem Ableben telefoniert hatte.
Die Tür ging auf und Kriminalrat Wunder betrat das Büro.
»Morgen, meine Herren.«
»Morgen, Herr Wunder«, antwortete Brischinsky.
»Guten Morgen, Herr Kriminalrat«, grüßte Baumann.
»Sie sollten wissen, dass wir erwägen, eine Belohnung auszusetzen. Wir denken da an fünftausend Mark. Sie wissen schon, für sachdienliche Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen, und so weiter.«
»Tot oder lebendig«, spottete Baumann.
Wunder ignorierte diese despektierliche Äußerung. »Ich habe, Herr Brischinsky, Ihren Bericht gelesen. Wie sind Sie denn mit HK Staller vom BKA verblieben?«
»Fürs BKA liegt die Angelegenheit zunächst auf Eis. Ihr Informant ist tot, die erwarteten Unterlagen vermutlich auf Nimmerwiedersehn verschwunden. Die stehen wieder völlig am Anfang. Sie gehen davon aus, über die Mörder an die Hintermänner der Geldgeschäfte zu kommen. Aber dazu«, ergänzte er, »müssten wir die Kerle erst kriegen.«
»Was hoffentlich nicht mehr lange auf sich warten lässt, Herr Hauptkommissar. Wie Sie sich denken können, ist das kein normaler Mordfall mehr. Der Staatssekretär im Innenministerium hat eben bei mir angerufen und mir versichert, dass er alles in seiner Macht Stehende tun wird, um meinen Beamten, damit meint er Sie, die
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