Zweyer, Jan - Rainer Esch 02
waren. Plötzlich wusste er, welche Geräusche er während des Telefonates gehört hatte: Es waren die eines Flughafens. Und die fremde Sprache war Griechisch. Die Killer mussten noch auf einem griechischen Flughafen hocken. Seine Vermutung von heute Morgen hat sich als richtig erwiesen.
Etwas entspannter überlegte er weiter. Seine Wohnung kannten die beiden, das war sicher. Also musste er sich für einige Tage woanders verstecken. Die Polizei würde, so hoffte er, die Kerle bald geschnappt haben. Stefanie und Cengiz wollte er nicht mit hineinziehen, also schieden die Wohnungen der beiden aus. Außerdem war Rainer sich nicht sicher, ob Stefanie seine Story nicht als Versuch werten würde, wieder bei ihr unterzukriechen. Nein, das ging nicht.
Er schlug sich vor die Stirn. Natürlich, sein Büro in Süd. Das kannten die beiden Gangster sicher nicht, das kannte ja er selbst kaum. Das war es.
Fieberhaft kramte Rainer die Luftmatratze und den Schlafsack aus dem Schrank. Letzterer roch etwas muffig, was ihm in seiner momentanen Situation allerdings ziemlich egal war. Esch suchte den Rest seiner sauberen Unterwäsche und Socken zusammen, schmiss einige Hemden, frische Jeans und Pullover und den schon eingeordneten Hygienekram wieder in seine Tasche und verließ eilig seine Wohnung.
Auf dem Weg zu seinem Wagen kam er zu der Überzeugung, dass er seine Karre besser stehen ließ. Und so machte er sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf den Weg in die Uferstraße im Süden Recklinghausens.
19
Im Bus überdachte er noch mal seine Situation. Der Gedanke, sich in seinem Büro zu verstecken, behagte ihm im Gegensatz zu seiner ersten Reaktion jetzt sehen nicht mehr besonders.
Wenn die Killer Wind vom Domizil der Detektei Look und Listen bekämen, war er geliefert. Spontan griff Esch zum Handy und wählte Cengiz’ Nummer.
»Kaya«, meldete sich der.
»Rainer hier. Hör mal, Cengiz, kannst du heute Abend in mein Büro kommen? Ich müsste dich dringend sprechen.«
»Heute Abend? Ich hab dich doch erst eben vom Flughafen abgeholt. Mensch, Rainer, ich hab mir nur heute frei genommen, morgen muss ich wieder auf Frühschicht zum Pütt.
Geht’s nicht am Wochenende?«
»Cengiz, es ist wirklich wichtig. Ich ruf hier aus’m Bus an, ich kann dir das alles nicht jetzt erklären.«
Sein Freund murmelte irgendwas auf Türkisch.
»Was hast du gesagt?«, fragte ihn Rainer.
»Dass du eine Geißel der Menschheit bist, jedenfalls so was Ähnliches. Also gut. Wann?«
»Gegen sieben?«
»Ich weiß zwar nicht, warum, aber ich bin um sieben in deinem Büro.«
»Danke, Cengiz. Übrigens, wärst du vielleicht so nett, und bringst die eine oder andere Flasche trockenen Weißwein mit, ja?«
Der Türke beendete das Gespräch grußlos, was Esch, genau genommen, sogar verstehen konnte.
Stefanie, die er danach anrief, ging nicht an den Apparat.
Rainer hinterließ eine Nachricht auf ihrem Anrufbeantworter und bat auch sie, in die Uferstraße zu kommen.
Im Büro der bisher nicht so recht in Schwung gekommenen Detektei Look und Listen räumte Esch die Freischwinger vor das fast leere Billy-Regal und platzierte die Luftmatratze vor dem Schreibtisch. Erst da fiel ihm auf, dass er den Blasebalg nicht mitgenommen hatte. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als sein Lungenvolumen einer Ausdauerprüfung zu unterziehen. Nach drei Minuten wurde ihm zum ersten Mal leicht schwindelig, nach weiteren fünf Minuten tänzelten kleine Sterne vor seinen Augen.
Um größere gesundheitliche Beeinträchtigungen zu vermeiden, testete er das Tragvermögen der Luftmatratze und beschloss, die Sache erst mal bewenden zu lassen. Außerdem, so schwor er sich, musste er wirklich dringend eine grundlegende Entscheidung über seinen täglichen Zigarettenkonsum fällen. Er rollte seinen Schlafsack auf der Matratze aus, um sich etwas auszuruhen. Nach wenigen Momenten war er so fest eingeschlafen, dass er das Klingeln seines Handys nicht mehr wahrnahm.
Heftiges Schütteln und ein, wie er meinte, Tritt in die Seite rissen ihn aus dem Schlaf. Vor Rainer stand Cengiz Kaya.
»Penner. Steh auf, du hast Besuch.«
Esch richtete sich auf und sah Cengiz und Stefanie im Raum stehen.
»Wie seid ihr hier reingekommen?«, fragte er noch schlaftrunken.
Kaya zeigte wortlos zu Tür.
»War sie nicht abgeschlossen?«
Sein Freund verneinte.
»War sie nicht«, bekräftigte Stefanie. »Und du hast so fest geschlafen, dass wir die ganze Bude hätten ausräumen
Weitere Kostenlose Bücher