Zweyer, Jan - Rainer Esch 02
wenn ich so wäre, wie du denkst, dass ich wäre, würde dir jetzt schon einiges sehr weh tun. Also, mach keinen Mist und komm mit.«
Esch, der zwar von Natur aus Probleme mit staatlichen und familiären Autoritäten hatte, aber nicht dumm war, folgte dem Beamten in den Flur. Dabei stolperte er in den drei Nummern zu großen Turnschuhen. »Könnte ich nicht wenigstens ein paar Schnürsenkel…«
»Is nicht, mein Junge. Weißt schon, warum. Wir wollen doch keinen von euch verlieren, oder?«
Der Uniformierte führte Esch zum Verhörzimmer und öffnete die Tür: »Mach’s dir schon mal bequem. Die Herren kommen gleich.« Dann schloss er die Tür ab.
Nach einigen Minuten hörte Esch, wie sich erneut im Schloss ein Schlüssel drehte und die Tür sich öffnete.
»‘n Abend, Herr Esch. Jeden hätte ich hier vermutet, nur nicht Sie.«
Rainer drehte sich um und erkannte den Besucher. »Guten Abend. Sie hätte ich hier aber auch nicht erwartet, Herr Brischinsky.«
35
»Und Sie können nicht genau sagen, wer geschossen hat?«, fragte Hauptkommissar Brischinsky. »Dass aber einer von den Anwesenden dieser Mann hier war«, er zeigte das Foto, welches der Polizeicomputer unter dem Stichwort Dimitri Porfireanu ausgespuckt hatte, »wissen Sie wirklich genau?«
»Natürlich weiß ich das. Ich habe den Kerl doch schon auf Mykonos getroffen. Kein Zweifel, der war im EXIMCO-Lager dabei. Den anderen habe ich nicht gesehen. Ich vermute aber, das da noch jemand in der Baracke war.«
»Und der Tote ist Rallinski?«
»Wenn der Mann, der mit Lopitz heute Nachmittag das EXIMCO-Gebäude in der Innenstadt verlassen hat, Rallinski war, dann ja.«
»Und Lopitz?«, fragte Brischinsky.
»Das Gleiche. Wenn ich heute Nachmittag Lopitz und Rallinski zusammen gesehen habe, war das heute Abend auch Lopitz.«
»Herr Esch«, hakte Brischinsky nach, »was mir noch nicht ganz klar ist. Wie sind Sie eigentlich darauf gekommen, in dieser Straße…«
»Saganer Straße«, half ihm Esch.
»Ja, wie sind Sie eigentlich darauf gekommen, dort zu nachtschlafender Zeit rumzuschnüffeln?«
»Tja, ich weiß nicht genau, wie ich es Ihnen erklären soll, also das war so…«
Esch berichtete von seinem Besuch bei EXIMCO und seinen Gesprächen mit Carola Hankel. Dann versuchte er dem Kripobeamten plausibel zu machen, warum er Rallinski den Aktenkoffer geklaut hatte. Und da er selbst so seine Zweifel hatte, war seine Darstellung alles andere als überzeugend.
»Und diese Carola Hankel hat Ihnen den Tipp gegeben, dass Lopitz heute zu Rallinski kommen wollte?«
»Ja, hat sie.«
»Hat sie diesen Lopitz schon öfter gesehen?«
»Das weiß ich nicht genau. Ich glaube schon. Herr Kommissar, können Sie Carola da nicht raushalten? Ich meine, sie hat mir doch nur geholfen. Und jetzt, wo Rallinski tot ist, vielleicht wird ja da die Firma weitergeführt. Aber wenn ihre Kollegen erfahren, dass sie…«
»Dass sie was?«
»Na ja, dass sie, also ich meine…«
»Sie meinen, dass sie Aussagen bei der Polizei gemacht hat?«
»Genau.«
»Sie befürchten, dass ihre Kollegen sie dann links liegen lassen, verstehe ich Sie da richtig?«
»Ja.«
»Herr Esch, ich glaube, Sie missverstehen da irgendwo sehr gründlich die Funktion der Polizei. Aber lassen wir das.
Kommen wir noch mal auf den Aktenkoffer zurück. Sie wollen mir also erzählen, dass Sie spontan, quasi aus einer inneren Eingebung heraus, die Tasche haben mitgehen lassen?«, wunderte sich Brischinsky. »So ‘ne Art höherer Wille, oder?«
»Ja, genau. Wenn Sie das so nennen wollen.«
»Sie sind sich hoffentlich darüber im Klaren, dass das Diebstahl war?«
»Ja, sicher weiß ich das«, antwortete Esch zerknirscht.
»Eigentlich müsste ich Sie anzeigen. Aber da der Geschädigte zum einen vermutlich tot ist, wenn Ihre Geschichte stimmt, ich dem aber zum anderen nicht den posthumen Triumph gönne, Sie vor einen Richter zu schleifen, vergesse ich die Angelegenheit. Aber nur unter der Bedingung, dass Sie mir die Wahrheit gesagt haben und ich den Terminkalender von Ihnen so schnell wie möglich bekomme, klar?«
»Klar.«
»Dann müssen Sie jetzt nur noch nach Hause…« Das Klingeln seines Handys unterbrach den Hauptkommissar.
»Brischinsky.« – »Ja, Herr Edding?« – »Ich verstehe.« –
»Klar, ich bin hier fertig. Ich lasse mich bringen.« – »Esch?
Nein, den schaffen wir in seine Pension.« – »Gut. Bis gleich.«
Brischinsky, der Eschs fragenden Blick richtig interpretierte,
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